Michael Fleischmann ist Teamangler bei Successful Baits und Korda, auch als Gastautor in Thomas Talagas Bestseller „WATERCRAFT – Erfolgreich Karpfenanglen“ hat er sich verewigt. Nun war Michael mit Angelfreund Hans-Jürgen für eine Woche am berühmt-berüchtigten „Great Lake“ in Frankreich. In ihrer Story auf Carpzilla beschreiben sie im Detail ihr Vorgehen an einem der beliebtesten aber auch schwierigsten kommerziellen Gewässer in Frankreich…
Lange vor unserer Tour an den Great Lake zermarterten wir uns die Köpfe. Hans-Jürgen und ich wollten in Frankreich nichts falsch machen. An besagten See fährt man eigentlich mit der Einstellung, wenigstens einen einzigen Fisch zu fangen - alles andere wäre dann Bonus. Für Massenfänge ist das Gewässer wahrlich nicht bekannt.
Die sind auch bei einer Wasserfläche von rund 23ha und einem geschätzten Fischbestand von ca. 200 Karpfen auch nicht zu erwarten, zumal natürliche Nahrung im Überfluss vorhanden ist und zusätzlich regelmäßig hochwertiges Angelfutter in den See fliegt. Die Fische müssen also nicht immer fressen. Zudem haben sie alle Zeit der Welt, die Rigs zu inspizieren, die Futterplätze in Ruhe zu begutachten und Körnchen für Körnchen über einen langen Zeitraum aufzulesen. Futterneid spielt keine Rolle, was es zunehmend schwerer für uns Angler macht.
Günstige Umstände
Zugegeben, wenn man sich für eine Session an einem schwierigen Paylake entscheidet, ist es sicher nicht von Nachteil, im Vorfeld manche Umstände zu berücksichtigen. Während der Periode, in der eine Laichzeit möglich erscheint, den Urlaub zu buchen, gleicht einem aussichtslosen und zähen Unterfangen. Dasselbe ist der Fall, wenn der See bereits fast ausgebucht ist. Dann muss man wirklich nicht noch den letzten verfügbaren Platz nehmen.
Natürlich ist die Gefahr immer groß, dass sich die Plätze am See noch füllen, jedoch kann man die Chance im Vorfeld gering halten, wenn man kurz die Platzverteilung auf der Homepage des Veranstalters checkt oder sogar einfach kurzfristig bucht. Wir hatten in unserer Woche Glück; es waren nur sechs Angler am See. Seit Jahren tätigen wir solche Reisen über Jeroen Albers und „The Carp Specialist“. Zuverlässiger geht´s nicht.
Jump!
Ab dem Zeitpunkt unserer Ankunft am See ließen wir kaum noch die Augen ab von der Wasseroberfläche. Die Fische sprangen und buckelten, was das Zeug hielt - und das in jedem Gewässerbereich. Als unsere Marker in kleinen Krautlöchern gesetzt und die Ruten samt Futter platziert waren, fielen wir Tag für Tag vom Glauben ab, als sich wieder ein massiver, mächtiger Fischleib über unseren Futterplätzen aus dem Wasser schraubte und mit einem dumpfen Schlag wieder im Nass verschwand, wir jedoch vergebens auf einen Hilfeschrei vom Delkim warteten. Es war nicht zu fassen: Fisch am Platz und kein Biss.
Ruhig Blut
Von alledem durften wir uns jedoch nicht verrückt machen lassen. Für uns war es bereits der dritte Besuch am Great Lake, weshalb wir einigermaßen wussten, wie der Hase läuft. Wir behielten die Nerven und vor allem die Ruhe. Normalerweise war es an der Zeit, alles in Frage zu stellen: Futterplatz, Futtertaktik, Rigs etc. etc. Da wir aber mit unserem Vorgehen überall sonst auch erfolgreich waren und sind, erübrigte sich das Grübeln.
Grundsolides Angeln!
Kein Schnickschnack, kein Hokuspokus, keine Experimente! Schuster, bleib bei deinen Leisten! Der größte Fehler bei solchen Sessions liegt darin, dass man meint, alles perfekt machen zu müssen. Da kommt dann ein vermeintliches Wunder-Rig zum Einsatz, das einem erst kurz zuvor noch irgendwo auf Facebook oder in einem Karpfenmagazin angepriesen wurde und jetzt, wenn es an einen besonderen See geht, unbedingt probiert werden muss. Oder der neueste Super-duper-über-drüber-haste-nicht-gesehen-Bait, der jetzt für 15€/Kilo ganz sicher immer und überall fängt.
Das neue Rig und der neue Köder kommen dann zum Einsatz und lassen auf Wunder hoffen - vergebens. Warum sollen nicht genau die letzten Zentimeter nicht auch an einem tricky Gewässer ihre Fische fangen, wenn sie das am Hausgewässer immer wieder unter Beweis gestellt haben!? Deshalb schworen wir auf zuverlässige Montagen, gute Kohlenhydrat-Boilies, teils in Verbindung mit Hanf und gutem CSL-Liquid. Die Boilies waren seit einer Woche gewässert und durchgewaschen, um sie „alt“ aussehen zu lassen, genauso wie unsere Wafters, die als Hakenköder ihre Pflicht erledigten.
Lass liegen!
Am See sind vier Ruten pro Angler erlaubt - wir fischten jedoch jeweils nur mit drei. Die reichen vollends. Dadurch verminderten wir nicht nur den Schnurdruck im Wasser, sondern auch die Präsenz am Wasser, die durch Bootsverkehr entsteht. Ein weiterer Schritt zum Erfolg am Great Lake besteht sicher darin, die Ruten liegen zu lassen.
Auch wenn es schwer fällt, wenn sich die Fische immer wieder im Areal zeigen und sich nicht haken. Die Bisse sollten kommen. Da ist Geduld gefragt. Wir ließen unsere Ruten bis zu drei Tagen am Platz - dann kam auch der Biss. Damit verbunden ist natürlich auch die Wahl der richtigen Montage.
Alles auf RESET
Für solche Verhältnisse und wenn Wasservögel gerne mal am Marker tauchen, brauchten wir ein Rig mit „Reset-Eigenschaften“, sprich ein Rig, das sich wieder einigermaßen streckt und neu ausrichtet, auch wenn mal ein Blässhuhn mit dem Hakenköder spielt oder ein Fisch den Köder aufnimmt, sich aber nicht hakt. Das Rig muss den Köder immer und immer wieder zu 100% präsentieren und fangbereit bleiben.
Hans-Jürgen vertraute auf ummanteltes Geflecht, wovon er die letzten Zentimeter vor dem Haken „ab isolierte", während ich mir aus sehr steifem Fluorocarbon und weichem Geflecht ein Kombi-Rig baute. Das Ganze war mit einer Schlaufe im Multi-Rig-Style versehen, sodass ich immer nur meine Haken zu wechseln brauchte, indem ich diesen nur aus- und wieder einschlaufen musste.
Positiver Nebeneffekt dabei war, dass ich erkennen konnte, ob sich ein Fisch daran zu schaffen gemacht hatte, ohne sich gehakt zu haben. Dann wäre nämlich als Indiz die Schlaufe nach hinten zum Öhr durchgerutscht und ein Umdenken bezüglich meiner Köderpräsentationen nötig gewesen, was aber glücklicherweise nicht der Fall war.
Krasse Serie
Als Hans-Jürgen bereits in der zweiten Nacht den ersten Karpfen am Band hatte, wuchs die Zuversicht stetig, dass sich die Session zu einer erfolgreichen entwickeln würde. Es folgte kontinuierlich Biss auf Biss, egal ob nachts oder untertags, die Fische waren in Beißlaune und belohnten uns für unser Vorgehen. Das Highlight der Woche war sicher ein neuer Personal Best für meinen Kollegen, der auf einen Wafter hereinfiel, der wiederum schon vier Tage am Spot verweilte. Summa summarum hatten wir eine in unseren Augen krasse Serie, worunter nur ein Fisch unter der 15-Kilo-Marke blieb. Zudem waren wir in der Lage, jeden Fisch zu landen, ohne auch nur einen einzigen Aussteiger verkraften zu müssen.
Wir stempelten die Session bezüglich des Schnittgewichts als die beste ab, die wir beide bis dato erleben durften, wobei dies eher als sekundär zu betrachten war. Denn: Wir entlockten dem sagenumwobenen Great Lake neun (!) seiner Schätze - neun mehr, als wir uns zu Anfang erträumt hatten. Wir hatten von den vorherigen Aufenthalten gelernt und uns auf das Wesentliche konzentriert. Wir hatten eine tolle gemeinsame Zeit, gutes Essen und produktive Gespräche.
Jedoch verließen wir den See nicht nur mit einem lachenden Auge. Es war für uns leider die letzte Session am Great Lake. Die Pacht läuft aus und wie es 2018 weitergeht, steht in den Sternen…
Auf zu neuen Ufern!
Michael Fleischmann
Weitere Informationen zum Angeln am "The Great Lake" in Frankreich und alle Buchungsmodalitäten bekommt ihr hier:
https://www.thecarpspecialist.de/karpfengewasser/the-great-lake
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