Seit ich gezielt den Karpfen nachstelle, konzentrierte ich mich bei meiner Angelei besonders auf die umliegenden Seen und Gruben meiner Heimatstadt.Da ich mit der Zeit an vielen meiner Hausgewässer immer mehr Wiederfänge zu verbuchen hatte, suchte ich nach einer neue Herausforderung. Den Rhein, den ich vom Raubfischangeln eigentlich recht gut kannte, schloss ich dabei aber zunächst fast kategorisch aus. Das Karpfenangeln gilt dort als ultra hart, so hart, dass ich eigentlich nie einen Karpfenangler an seinen Ufern ausmachte.Eine neue HerausforderungAn einem meiner Hausgewässer lernte ich zwischenzeitlich Volker Seuss kennen. Er studierte in der Stadt. Bevor er wegzog sorgte er nochmal für ordentlich Aufsehen unter den Anglern in der Stadt: Er stellte sich der Herausforderung Rheinkarpfen und fing prompt einen 51 Pfünder. Niemand hatte bis dato mit solch einem Fisch aus dem Rhein gerechnet, geschweige denn, es sich zur Aufgabe gemacht, dort gezielt und ausdauernd auf Karpfen zu angeln.Nach diesem Erlebnis war für mich klar: Wenn ich eine ganz neue Herausforderung haben wollte, musste ich mich über kurz oder lang dem Rhein und seinen Nebengewässern stellen. Kein See würde mir so viel an Eigeninitiative, Bereitschaft und Disziplin abverlangen wie dieses riesige Gewässersystem. Meine neue Mission stand also fest: Vater Rhein - der größte Strom Deutschlands und seine Nebengewässer.An diesem Fluss fließen in wenigen Minuten mehr m³ Wasser an einem vorbei, als in den meisten Vereinsgewässern mittlerer Größe überhaupt vorhanden sind. Hinzu kommen unzählige Altarme, Hafenbecken und riesige Seen, die in direkter Verbindung zum Strom stehen.2013 und 2014 begann ich am Rhein und seinen Verbindungsgewässern zu angeln. Zunächst sporadisch mit Freunden und parallel zu meinen Aktivitäten an den Seen in meiner Umgebung. Mich komplett auf dieses undurchsichtige Gewässer mit seinen nomadisch umherziehenden Karpfen zu konzentrieren, das schien mir für den Anfang eine Nummer zu heftig.Futter für die Katz‘?2015 wollte ich mich noch mehr von vertrauten Gefilden lösen und mein Hauptaugenmerk auf dieses Gewässer legen. Die Location legte sich mir fast zu Füßen, denn einer meiner engsten Freunde wohnte direkt am Rheinufer und hatte zu allem Überfluss auch noch ein Gartengrundstück angrenzend zur Steinpackung. Von Volker wusste ich, dass auch er an dieser strategisch guten Stelle schon erfolgreich war – dieses Wissen bekräftigte mein Vertrauen in diesen Platz. Im „Vorgarten“ meines Kumpels konnte ich bis abends fischen und am nächsten Morgen die Ruten wieder auslegen, ohne ständig komplett auf- und abtacklen zu müssen.Zeit ist am Rhein mit seinen ständig wechselnden Bedingungen ein entscheidender Faktor, Zeit die mir in diesem Jahr gerade nicht zur Verfügung stand. Denn 2015 stand ganz im Zeichen des Aufbaus meiner eigenen kleinen Köderfirma. Daher musste beim Angeln alles so einfach und so effizient wie möglich gestaltet werden – dieser Spot schien dafür ideal. Die Frage war nur, ob auch die Fische das so sehen würden?Ich begann einen Futterplatz regelmäßig mit 5 kg Badgers GLM Boilies, denen ich zu diesem noch recht frühen Entwicklungs-Zeitpunkt schon mein vollstes Vertrauen schenkte und 10 kg Partikeln anzulegen. Zu diesem Zeitpunkt war ich mir nicht sicher, ob sich die Fische, in einem so großen Gewässer mit Strömungen und starkem Schiffsverkehr, überhaupt an den Plätzen halten ließen. Es kam wie es kommen musste: An diesem Platz wollte kein Karpfen beißen, dafür gingen Welse, Rapfen und Brachsen zu genüge an den Haken. Langsam kam ich ins Grübeln, ob ich am richtigen Platz sitze. Vielleicht war zu dieser Jahreszeit im Frühjahr die Frequenz des Zielfisches einfach zu gering in diesem Bereich. Es musste also ein neuer Plan her.Fische finden, Fische fangenIch begann die Fische aktiv zu suchen. Dafür ging ich oft mit meinen Hunden am Ufer spazieren, immer mit der Polbrille auf der Nase, fleißig die Wasseroberfläche absuchend.Im Frühsommer war es endlich soweit: Ich erspähte die ersten Schatten an der Oberfläche! Nervös auf der Steinpackung stehend, war ich plötzlich nur einige Meter vom vermeintlichen Ziel entfernt. Vor mir zogen drei mittelgroße Schuppenkarpfen direkt unter der Wasseroberfläche. Gelegentlich pickte sich einer der Fische einen Happen direkt vor mir aus der Steinpackung. Ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich hatte sie endlich aufgespürt. Die nächsten paar Tage kam ich häufiger, um nach den Fischen zu schauen und natürlich auch um die Stelle mit Futter zu präparieren.Es schien als würden immer mehr Fische gefallen an meinem Futterplatz finden. Man konnte von Tag zu Tag mehr Karpfen beobachten, teilweise sah ich mehr als zehn Schuppis, die in diesem Bereich gemütlich ihre Bahnen entlang der Packung zogen. Endlich hatte ich einen erfolgversprechenden Platz.Der erste KontaktIch war sehr aufgeregt am ersten Angeltag: Früh morgens kam ich an den Angelplatz und legte eine Rute direkt unten an die Steinpackung. Die andere legte ich etwas weiter raus in die Fahrrinne, dann begann ich den Rest meines Day-Camps aufzubauen. Wegen des schwachsinnigen und trotzdem herrschenden Nachtangelverbots in Baden-Württemberg war es mir nur erlaubt tagsüber zu fischen und in den Abendstunden die Heimreise anzutreten. Ein Angelstil, der extrem aufwendig ist und viel Zeit erfordert, die ich eigentlich nicht hatte. Aber ihr kennt das ja: Wenn man Feuer gefangen hat, ist alles egal…Schon beim Aufbau meines Wetterschutzes wurde ich von meinem RX unterbrochen: Wie aus dem Nichts ertönte der Dauerton und wollte nicht mehr enden. Nach einem kurzem aber spritzigen Drill mit vielen schnellen, wilden Fluchten konnte ich einen typischen Rheinschuppi über die Maschen meines Keschers führen. Es war nicht der größte, aber um Blut zu lecken und in seinem Tun bestätigt zu werden, genau der Richtige! Schnell legte ich die Rute neu aus, ich war hungrig auf mehr. Vielleicht ließen sich die übrigen Fische nicht aufschrecken.Da geht noch was!Die Rute lag noch keine Stunde und wieder ertönte ein schriller Dauerton, kurz darauf war der nächste Rheinschuppi im Kescher. Die Euphorie war nun zügellos, ich war mir sicher, dass hier noch mehr möglich war.Es wirkte als ob die Fische sich weder von mir stören noch verscheuchen ließen. Anscheinend hatte der Platz eine magische Anziehungskraft auf sie. Es war eine kleine Sandbank, geschätzt 10 Meter lang direkt vor der Steinpackung, worauf vereinzelte Krautfahnen wuchsen. Ich hatte ins Schwarze getroffen, die Fische nahmen den Platz und das Futter voll an, mein Glück schien nicht abzureißen. Das Spiel wiederholte sich an diesem Vormittag noch zwei weitere Male. Ich fühlte mich wie auf einem Trip der Glückseligkeit, an einem Vormittag gleich 4 Rheinkarpfen zu fangen, damit rechnete ich in meinen kühnsten Träumen nicht.Rhein-Torpedo mit 28 KiloGegen Mittag, als die Sonne ihren Zenit erreicht hatte, verstummten die Bissanzeiger. Den Tag über passierte nichts mehr, bis die Abenddämmerung kam. Während ich so vor mich hin döste und mich gedanklich mal wieder über das bevorstehende Nachtangelverbot ärgerte, kreischte mein Fox RX erneut auf. Ich war so aus den Gedanken gerissen und erschrocken, dass ich vor lauter Schreck kurz laut aufschrie, was mich in den nächsten Minuten so sehr amüsierte, dass ich den gesamten Drill mit einem harten Lach-Flash zu kämpfen hatte. Der Fisch wehrte sich nicht so spritzig und hektisch wie seine Vorgänger, daran merkte ich schnell, dass ich etwas Großes am Haken hatte. Mein Gegner kämpfte so ausdauernd, dass es dunkel wurde bis ich den Fisch keschern konnte.Ein riesiger Graskarpfen lag in meinem Netz – 28 Kilo schwer! Nach einer kurzen Fotosession machte ich mich ans Einpacken, doch schon bald wollte ich wieder da sein, das war klar...Najib El-AhmadSchon morgen am 26.12.2015 erwartet euch der zweite Teil von Najibs Story 'Mission Rheinkarpfen' im Carpzilla MAG!
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