Nachgehakt
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18.09.2020
Der größte Karpfen Belgiens - Mario Gijbels fängt den Mohikaner - wir haben nachgehakt!
Vor wenigen Wochen konnte sich Mario Gijbels einen echten Lebenstraum erfüllen: Er fing den Mohikaner, einen echten Traumfisch und aktuell der wohl größte Karpfen Belgiens. Doch bis er das Ausnahmetier in den Händen halten durfte, musste Mario einige Strapazen überstehen. Wir haben ihn zu den Hintergründen genauer auf den Zahn gefühlt…Carpzilla: Lieber Mario, erstmal: Gratulation zu deinem Ausnahmefang! Uns brennen natürlich viele Fragen unter den Nägeln, aber der Reihe nach. Erzähl uns doch bitte mehr über die Heimat dieses beeindruckenden Fisches. Mit welchen Herausforderungen wurdest du dort konfrontiert?Mario: Vielen Dank euch für die Glückwünsche! Vor Jahren hatte ein Segelclub die Idee, illegal Graskarpfen in den See einzusetzen um hierdurch das Krautproblem in den Griff zu bekommen, aber nicht nur ein paar, sondern zwischen 300 und 500 Stück. Es ist schwer zu schätzen, aber es war eine unvorstellbar hohe Zahl. Hinzu kommt die Tatsache, dass der Altbestand fast vollkommen verschwunden ist. Wenn wir von meinen Anfängen dort sprechen, dann waren es gerade einmal fünf bis maximal sieben Karpfen, also kam einer davon auf etwa 100 Graser. In den letzten Jahren hat der Vbk zusätzliche fünf bis zehn Karpfen eingesetzt, aber das bringt den Bestand unserer Zielfische auch nur auf maximal 10 bis 15 Exemplare im ganzen See.Ein bestimmter Fisch, ein besonders großer Schuppi, war im Laufe der letzten zehn Jahre nur dreimal an Land und ein weiterer großer Schuppenkarpfen wurde vor seinem Landgang in diesem Jahr ganze acht Jahre nicht gefangen – bis ich ihn dieses Jahr binnen vier Tagen gleich zweimal fangen konnte. Aber das macht den Reiz dieses Gewässers aus und natürlich hat sicher die Tatsache mit eine Rolle gespielt, dass ich ihn kurz nach der Laichzeit fangen konnte. Er wog über 25 Kilo … acht Jahre hatte er sich nicht blicken lassen und dann das. Das macht Karpfenangeln in meinen Augen so unvorhersehbar und so wunderschön! Allerdings sagt es nichts über die komplizierten Umstände aus, die zum Fang eines jeden Fisches hier dazugehören.Carpzilla: Wie du in einem Vorgespräch bereit erwähnt hast, schwimmen in der Heimat des Mohikaners sehr viele Graser und nur eine Hand voll Karpfen. Wie sah deine Taktik aus? Konntest du die Asiaten umgehen, oder musstest du dich durchangeln?Mario: Ich habe sie nicht gezählt, aber ich denke, ich habe etwa 500 Graser gefangen, bevor ich meinen ersten „richtigen“ Karpfen auf der Matte hatte. Zwischendurch habe ich leider einen guten Karpfen durch Schnurbruch verloren. Wahrscheinlich muss ich dir nicht erzählen, wie bitter das war. Ein anderer Karpfenangler hat ebenfalls bei 200 Graskarpfen aufgehört zu zählen, bevor er den ersten Karpfen fangen konnte. Ich habe jeden Köder und jede Taktik ausprobiert, aber nichts schien die wahre Lösung zu sein. Selbst auf ultra-große handgerollte Köder von nicht unter 50mm fing ich fünf Graser in nur zwei Stunden. Zwar hatte ich so weniger Beifang, aber meine eigentlichen Zielfische blieben ebenfalls aus. Also entschied ich mich letzten Endes für den Mittelweg, überwiegend Ködergrößen von 25mm. Manchmal, wenn es etwas schwieriger lief, traute ich mich auch, die Ködergröße ein wenig herunter zu fahren.Was einen wahren Durchbruch darstellte, war der Zeitpunkt, als ich vom VBK und Natuur en Bos die Erlaubnis erhielt, die gefangenen Graskarpfen in Privatgewässer umzusetzen, wo die Eigentümer sie gerne in Empfang nahmen. Dies nahm viel Aufwand und Zeit in Anspruch, aber ich gab einem Großteil des Bestands auf diese Weise ein neues Zuhause. Und das führte dann auch dazu, dass ich hin und wieder einen Karpfen fangen konnte. Es gibt Fische, die sich extrem schnell aufs Futter begeben und sich so fangen lassen und dann wiederum jene, die sich kaum überlisten lassen. Sobald viele der Schnellen weg sind, ergibt sich ein spürbarer Unterschied. Auch die Wiederfänge mancher Graser – zum Beispiel eines zweifarbigen oder von einem mit nur einem Auge – zeigten mir an, dass ich mich langsam aber sicher durchkämpfte. Ein Bestand von 500 Grasern und rund 10 Karpfen ist natürlich absolut unverhältnismäßig und so war ich froh, dass ich einige Leute überzeugen konnte und die Fische umsetzen durfte. Sobald die ersten 100 weg waren, stellte sich auch ein Verhältnis von einem regulären Karpfen auf etwa 25 – 30 Graskarpfen ein, was im Vergleich zur Anfangssituation einen riesigen Fortschritt bedeutete und das Angeln dort wieder erträglicher machte. Ich bin mir ziemlich sicher, dass, wenn die Dinge nicht so gelaufen wären, ich keine Chance gehabt hätte, diesen Fisch zu fangen. Am Ende fing ich meine Fische überwiegend auf Krill & Octopus in 25mm und manchmal auf einen Snowman, bestehend aus einem Krill & Octopus mit einem Fruit Cream Pop Up. Auf diese Kombination fing ich ihn letzten Endes auch.Carpzilla: Mit Dreambaits bist du in puncto Futter natürlich bestens aufgestellt. Mit welchem Futtereinsatz bist du vorgegangen und gab es bestimmte Köder, auf welche die Graser nicht sonderlich abfuhren?Mario: Ohje, das wird nicht einfach, diese Frage zu beantworten… Jedes Mal, wenn ich dachte, dass ich es in puncto Köder heraus hatte und alle Ruten damit fischte, stand ich auf verlorenem Posten. Krill & Octopus schien den Graskarpfen auf jeden Fall nicht so zu schmecken und sobald ich diese Boilies an der Rute hatte, habe ich kaum einen von ihnen gefangen. Wenn ich aber all meine Ruten mit Krill & Octopus beköderte, war der ganze Effekt dahin, weil die Fische keine Wahl mehr hatten. Nach einiger Zeit begann ich damit, die Voodoo + und Krill & Octopus zu mischen, das brachte mich ein stückweit voran. Ich habe allerdings alle möglichen Baits aus unserer Range ausprobiert und auch Testmixe verwendet, aber mit nichts konnte ich die Beifänge ausklammern. Ich hatte einfach keine Möglichkeit. Um ehrlich zu sein glaube ich, dass es an diesem Gewässer einfach keine Lösung für dieses Problem gibt. Aber versteht mich nicht falsch. In der Vergangenheit war das Wasser voller Kraut und nach gerade einmal zwei Jahren war der See komplett frei. Vermutlich herrschte Nahrungsknappheit und die Graser mussten sich auf die Angelköder einschießen. Das machte sie extrem leicht fangbar – nicht die Idealsituation. Ich habe andere Gewässer befischt, an denen auf 20 normale 70 – 90 Graskarpfen kamen und letztere wurden kaum gefangen, vermutlich, weil immer genug natürliche Nahrung für sie vorhanden war.Carpzilla: An Gewässern zu angeln, die nur einen spärlichen Karpfenbestand aufweisen, spielt die Motivation eine besonders große Rolle. Wie lang hat es schließlich gedauert, bis du deinen Traumfisch in den Händen halten konntest und wie konntest du dich bis dahin motivieren, am Ball zu bleiben?Mario: Ich habe jahrelang regelmäßig auf ihn geangelt und der Fisch wurde im Schnitt einmal pro Jahr gefangen, manchmal auch nur alle zwei Jahre. Angefangen habe ich an diesem See mit meinem guten Freund Bart Voeten. Wir fischen eigentlich immer zusammen, also auch hier. Ich fütterte ein Areal für uns vor und bereits in der vierten Nacht schlug Bart zu. Er fing den Mohikaner mit neuem Benelux-Rekordgewicht von 37,450kg, ebenfalls auf Krill & Octopus. Allerdings ist es wichtig zu erwähnen, dass es zu diesem Zeitpunkt noch keine Graser im See gab – die Fische waren also viel leichter zu fangen. Später kehrte ich oft zu guten Zeiten zurück, hatte allerdings immer wieder das Pech auf meiner Seite. Einmal wurde ich ausgeraubt. Ich habe ein Geschäft in Belgien und ein Angestellter arbeitete mit jemandem von außerhalb, der, sobald er arbeitete, Dinge abholte und gemeinsam verkauften sie die Sachen anschließend. Durch den Tipp eines Käufers, den ich kannte, ging ich selbst zu so einem Verkauf. Normalerweise wäre ich angeln gegangen. Genau in dieser Nacht wurde der Mohikaner auf oder in der Nähe meines Futterplatzes gefangen.Ob ich ihn selbst gefangen hätte kann man nachträglich natürlich nicht sagen, aber der Vorfall war bedauerlich, denn gleichzeitig wusste ich, dass es eine Weile ginge, bis er wieder gefangen werden würde. Anschließend ging der See in die Hände des Vbk. Ich mag die Vereinigung, aber sie haben ihn zu einer Art Paylake umgewandelt. Das nahm in meinen Augen einiges seines bisherigen Charmes weg und so hatte ich keinerlei Intention, wieder dorthin zurück zu kehren. Dies hielt bis 2020 an, als mein bester Kumpel seinen Zielfisch, den großen Schupper, gefangen hatte und noch vier Wochen übrig hatte, die bereits bezahlt waren. Mein eigentlicher Zielfisch Brutus war an Altersschwäche gestorben, also hatte ich ohnehin keine besonderen Pläne. Mein Freund schenkte mir die verbleibenden Wochen und so begann ich erneut an dem See. Im Laufe der vier Wochen angelte ich zwar regelmäßig, konnte jedoch nur Graskarpfen fangen. Ich begann jedoch zu grübeln: der Mohikaner war so ein einzigartiger Fisch und er war nur einmal in den letzten drei Jahren gefangen worden. Es war eine Herausforderung und so blieb ich dran, denn dieser Fisch ist sehr alt und ich hätte es bereut, wenn ich es nicht versucht hätte und auch er über den Jordan gegangen wäre. Durch die Corona-Pandemie und einem damit verbundenen Angelverbot in Belgien konnte ich erst im Mai anfangen.Der erste Monat war die Hölle Jeden Tag setzte ich das Boot ein um anzufüttern und regelmäßig fischte ich kurze Nächte, sowie einmal eine ganze Woche. Ich fischte an einem Platz, der maximal vier Tage in den letzten drei Jahren beangelt worden war, musste mich also um niemand anderes kümmern. Ich fing weiterhin viele Graskarpfen, machte dadurch aber in meiner Vorstellung den Weg für meine eigentliche Beute frei. Ich konnte ein paar gute Fische fangen, unter anderem einen Schupper von über 25 Kilo. Und als ich es am wenigsten erwartete, drillte ich den Mohikaner von meinem Boot inmitten eines Gewitters! Alles lief glatt und das Ziel war erreicht. Der Fisch, dem ich so sehnsüchtig jahrelang hinterher gejagt war, war endlich mein! Ich konnte diesen Moment sogar mit meiner Familie teilen, die direkt vorbeikamen – ein unvergessliches Erlebnis. Diesmal stellte der Fisch den aktuellen Beneluxrekord von über 41 Kilo nicht ein, aber ein Sommergewicht von 38,5 Kilo ist auch nicht schlecht. Und für mich, der ich nichts auf Gewichte gebe, war es einfach nur wichtig, diese Jagd erfolgreich abzuschließen.Carpzilla: Nach einem solchen Fang fehlt vielen Anglern die innere Motivation, weiterhin am Ball zu bleiben. Wie ist es bei dir? Suchst du bereits nach neuen Herausforderungen oder lautet deine Devise: „erst einmal treiben lassen“?Mario: In erster Linie bin ich Karpfenangler und immer auf der Suche nach Herausforderungen. Ich genieße aber auch andere Arten der Angelei. Eines kann ich auf jeden Fall mit Sicherheit sagen: Ich kann mir ein Leben ohne Angelei kaum vorstellen. Ich liebe es, am Wasser zu sein und ein Rätsel zu entschlüsseln, was auch immer dieses darstellt. Noch immer verspüre ich diesen Drive und ich habe noch viele Challenges in meinem Kopf, genauso wie ich es schon immer hatte. Mittlerweile habe ich über 30 Ziel- bzw. Topfische in meinem Leben fangen können, 20 – 25 von ihnen an verschiedenen Gewässern. In den Wochen nach dem Fang des Mohikaners konnte ich (mehr mit Glück als Verstand) direkt in der ersten Nacht einen der Top-Schuppis an einem niederländischen Gewässer fangen.In Belgien fing ich an einem der härtesten Gewässer überhaupt mehrere Fische, unter anderem einen, der seit 2011 nicht mehr an Land gewesen war, sich aber sehr wohl auf meiner Liste befand, wenn auch unter „unrealistisch“ verbucht. Aber wie man sieht, ist eine Menge möglich, wenn man es nur will und die richtigen Dinge tut. Dieser Fisch heißt Picasso, was zeigt, dass Fische in meinen Augen nicht nur unbedingt groß sein müssen, sondern dass auch ein besonders schöner Fisch mein Ziel sein kann. Das nächste Ziel das ich verfolge, ist der größte Schuppenkarpfen in Belgien, der ebenfalls im Gewässer des Mohikaners beheimatet ist – ich bin mit dem See also noch nicht fertig! Danach möchte ich einen sehr großen Schupper im Albert Kanal fangen und einen sehr großen Koi an einem anderen großen Gewässer. Also alles in allem genug Motivation, Ziele und Träume um dran zu bleiben. Carpzilla: Vielen Dank für deine Zeit und das Interview, Mario.Mario: Es war mir eine große Freude und abschließend möchte ich mich an die Worte der Zillas halten: KEEP THE SPIRIT!!!Das Interview führte David Rosemeier. Marios Antworten wurden aus dem Englischen übersetzt von Florian Zink.Zu Dreambaits gelangt ihr über folgenden Link:https://www.dreambaits.be/de