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Deine Story / 03.07.2015

Kai Rosenkranz über: Pleiten, Pech und wilde Rhonekarpfen - Teil 1

Mein Telefon vibrierte unentwegt. Ich schob die Hand im meine Hosentasche auf der Suche nach dem blöden Stummschaltungsknopf meines iPhones. Meine Kollegen wurden auf das Vibrieren aufmerksam und erlaubten mir, während der Besprechung kurz den Sitzungsraum zu verlassen. Es war Uwe, der wie immer mal, bedingt durch seine Schichtarbeiterei, bei mir gegen 11 Uhr durchklingelte. Er erzählte mir von seiner anstehenden Kurzarbeit.

Kurzarbeit? Ab in den Süden!

Uns schossen die gleichen Gedanken durch den Kopf: Ab in den fernen Süden... Nachdem wir das Telefonat beendet hatten, betrat ich wieder den Sitzungsraum und folgte der weiteren Besprechung. Naja, körperlich war ich zumindest anwesend. Denn meine Gedanken drehten sich nur noch um eine einzige Sache – unseren Trip. So kurzfristig mal eben schnell Angeln zu fahren, ohne Peilung und ausgemachtes Ziel war schon wieder eine Herausforderung für sich. Andererseits sind diese spontanen Trips meistens die Besten. Nach der Besprechung beantragte ich umgehed Urlaub. Mein Chef besiegelte mit seiner Genehmigung den Trip.

Wir trafen uns am folgenden Tag zum Kaffee. Wo sollte es hingehen? Was benötigten wir und wann genau wollten wir losfahren? All diese Fragen waren 4 Tage vor Abfahrt noch nichtgeklärt. In den Süden wollten wir definitiv. Baggersee bei Toulouse, Seen im Jura-Gebirge oder doch noch weiter runter? Ein Rhone Altarm im Süden weckte bei unseren Recherchen zunehmend unsere Aufmerksamkeit. Wir fixierten diese Idee und richteten uns aufs Flussangeln ein.

Stecken aus dem Supermarkt

Das Tackle wurde gerichtet, leider hatte ich nur 2 alte Karpfenruten, da meine vier Blanks gerade beim Rutenbauer zum Aufhübschen waren. Somit musste ich auf meine Teleskopruten aus dem Decathlon zurückgreifen. Zur Verständnis erkläre ich kurz, dass es sich hierbei um Rutensets handelt, welche man für 10 Euro erwerben kann. 2,7 Meter mit Wurfgewicht von geschätzten 50 Gramm und einer Transportlänge von circa 45 Zentimetern. Auf diese Stecken wurden kurzerhand meine 5000er Ultegras montiert. Hauptsache Ruten zum Angeln – das Aussehen, ist erstmal sch…egal.

Kein Wort zu niemandem

Samstagmittag schauten wir auf dem Carp Meeting in Speyer vorbei, trafen einige bekannte Gesichter, erzählten und erledigten die letzten Besorgungen. Doch keiner von uns Beiden verlor ein Wort über den anstehenden Trip. Wir wollten ungestört sein, keine SMS, keine Anrufe - ob schon was geht, keinen Druck im Nacken spüren. Wir wollten einfach nur angeln und entspannen.

So starteten wir gegen 19 Uhr. Mein Ford Focus war bis Unterkante Heckfenster beladen, die Bananen aufs Dach geschnallt, der Motor schnurrte nach der Inspektion 3 Tage zuvor wie ein Kätzchen.

Ankunft der Heinzelmännchen

Nach einer langen Nacht kamen wir am Rhone-Altarm an. Uwe und ich standen am Ufer und beobachteten das Wasser. Er lag Spiegelglatt vor uns, keine Anzeichen eines Lüftchens. Wir hofften auf Anzeichen von Fischen, doch leider Fehlanzeige. Wir bauten unsere Bananen auf und stellten die Schirme. Dem Energydrink-Verbrauch in der Nacht geschuldet, waren wir beide hellwach und agierten aufgedreht wie Heinzelmännchen. Wie in Trance pullte ich die Banane über den Altarm.

Die gegenüberliegende Seite hatten wir außerkoren, um mindestens 4 Montagen dort anzubieten. Diese Seite war voller überhängender Bäume, im Wasser liegenden Äste und Seerosen. Auch eine kleine Flachwasserzone grenzte an diese Ufervegetation und versprach augenscheinlich dicke Mamas, welche vor dem Laichgeschäft das flache und hindernisreiche Wasser aufsuchen könnten.

Nachdem wir unsere Ruten verteilt hatten, begann der gemütliche Teil des Urlaubs. Mit Herzrasen, Havanna Cola und einer Zigarre im Mund wurde erstmal der Grill angeschmissen. Der Abend verging wie im Flug und so fanden wir gegen 21 Uhr den Weg in unsere Schlafsäcke. In dieser Nacht klingelte es 3 Mal, jedoch brach keiner der Fische die 10kg Marke. Den ersten Fisch des Urlaubs fing Uwe. Ab dann ging es „run2run“ und ich war an der Reihe. Doch ich ließ Uwe den Vortritt, denn der übermäßige Konsum von Energy-Drinks zollte nun seinen Tribut. Ich wollte aufstehen, aber ich konnte einfach nicht. Mein Körper fühlte sich schwer an, so als wäre ich an der Liege festgebunden. Ein leises „mach Du“ brachte ich noch über die Lippen und schon schlief ich wieder tief und fest.

Mitten in der Nacht vernahm ich nochmals das Schreien unserer Bissanzeiger und sah Uwe zu den Ruten eilen. Das nächste an das ich mich erinnerte, war ein 1 Meter Waller in Uwes Kescher, welchen er mir aus Spaß unter meine schnarchende Nase hielt. Weitere Bisse konnte ich keine mehr wahrnehmen. Erst gegen 10 Uhr und etlichen Drehungen auf der Liege war ich wieder voll da.

Hallo Mistral!

Der Wind frischte auf und die Hitze wurde erträglicher. Oberkörper frei saßen wir auf den Stühlen, entspannten, ruderten die Flachwasser und Uferzonen ab. Hier und da sahen wir kleine Fraßspuren und krautfreie Lücken. Doch irgendwie sah es nicht so wirklich nach Karpfen aus. Bei einem Havanna Cola trafen wir die Entscheidung noch eine Nacht an dieser Stelle zu verbringen und am nächsten Tag zu moven. In der kommenden Nacht konnte ich einen Biss verzeichnen, bei dem leider das Kombi Rig mitten im Monoteil riss.

Es ist verdammt ärgerlich, den ersten Fischkontakt des Urlaubs zu verlieren. Leider blieb es die Nacht ruhig und so packten wir unsere Sachen, um in einem anderen Bereich des Altarms unser Glück zu versuchen. Der am Vortag aufgefrischte Wind wuchs immer mehr zu einem Mistral heran und so entschieden wir uns, das Tackle im Autozu transportieren.

Uwe stach mit meiner Banane im Schlepptau in See und versuchte sich Ufer nah durch den Wind zu kämpfen. An der neuen Stelle angekommen musste alles Sturmfest gemacht werden. Der Wind kam frontal von vorne und drückte unerbittlich in unsere Schirme. An diesem Tag mussten wir jede Rute zu zweit ausbringen. Aufgrund des starken Winds entschlossen wir, aber jeweils nur eine Rute auf die andere Uferseite zu bringen. An diesem Abend war an Gemütlichkeit am Ufer nicht mehr zu denken. Wir waren eingesperrt in unsere Höhlen und der Wind verrammelte von außen die Türen.

Nachts gegen 2 Uhr riss uns Uwes Funkbox aus unserem Schlaf. Es handelte sich um die Rute am gegenüberliegenden Ufer. Ein Bootsdrill war bei diesem Wind unmöglich. Wir hatten Glück, der Haken hielt und wir konnten einen schönen Schuppi auf unserer Habenseite verbuchen. Wir schossen direkt in der Nacht die Fotos und just in diesem Moment lief meine Rute am gegenüberliegenden Ufer ab. Auch den zweiten Fischkontakt konnte ich durch ein gerissenes Vorfach leider nicht verwerten. Erbost über diesen wiederholten Vorfachbruch verzog ich mich in meinen Schirm. An ein erneutes Auslegen der Ruten war durch den Wind eh nicht zu denken. Beide Rigs waren frisch gebunden und hatten keinerlei Macken. Was soll man da machen?

Ich zog mein Rig-Bag unter der Liege hervor, griff mir die 45lbs Quicksilver Gold Spule und schwor mir, nie wieder mit anderem Vorfachdreck zu fischen. Auf meiner Liege sitzend band ich vier neue Vorfächer. Alles Schneemänner mit 16mm Whatz Up Foam und 30mm selbstgerollten Solid Fishmix Kugeln von MTC Baits. Zwei davon mit 2er Haken, die anderen beiden mit 4er Haken, Taska Line Aligner drauf und alle so um die 30 cm lang. Grob und robust, so wollte ich sie haben. Nach und nach ließ auch meine Anspannung nach. Irgendwie fühlte ich mich sogar gut und bereit für den nächsten Biss.

Gegen den Wind

Am Morgen wurde Uwe und mir bewusst, dass ein erneuter in Platzwechsel die Konsequenz war. Schließlich wollten wir die Ruten ins Wasser bekommen. Wir wollten moven, doch mit beladenen Bananen gegen den Wind das aufgepeitschte Wasser zu überqueren, schien uns unmöglich und viel zu riskant. So entschlossen wir, dass Uwe einmal vorrudern würde, um einige Teile der Ausrüstung von a nach b zu bringen. Dann sollte er wiederkommen, um mit beiden Booten die Überfahrt zu wagen. Uwe schaffte es mit den Essensboxen und dem Futter ans gegenüberliegende Ufer. Auf der Rückfahrt brauchte Uwe fast nicht zu rudern, da der starke Wind in vorantrieb, als hätte er einen Außenborder.

Nun beluden wir die Bananen mit den restlichen Dingen und stießen uns von der Spundmauer ab. Kaum auf dem Wasser schlugen die Wellen wie wild an die Bootswände und schwappte ins Bootsinnere. „Zum Glück haben wir alles wasserdicht verpackt“, schrie ich Uwe zu, obwohl dieser nur circa drei Meter neben mir ruderte. Wir wurden immer heftiger die Rohne hinunter gedrückt und mussten schräg rudern, um einigermaßen vorwärts zu kommen. Am Ufer der anderen Seite angekommen, orientierten wir uns am Schilf. Wir ruderten wie wild, doch kamen keinen Zentimeter voran. Ein beherzter Sprung ins Wasser mitsamt Jogging Hosen und T-Shirt beendete unsere Ruderübung, die einer stillstehenden Rudermaschine im Fitnessstudio glich. Wir zogen unsere Boote am Ufer entlang - über Stock und Stein, durch Schilffelder und umgebrochene Baumkronen. Endlich hatten wir den anvisierten Platz erreicht, bauten unsere Stühle auf begossen den Ritt mit einem Havanna Cola. 

Fortsetzung folgt...

Bereits morgen erfahrt ihr wie Kai und Uwes Frankreich-Abenteuer weiter geht. Bereits jetzt können wir verraten, dass auch am neuen Platz die Fische nicht lange auf sich warten lassen - aber auch von weiteren Pannen bleiben die beiden nicht verschont ;-)

 

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