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11.12.2019
Franz Rößner: Glück verdoppelt sich, wenn man es teilt
Neid spielt unter Karpfenanglern heutzutage eine große Rolle - das ist nicht schön, denkt man doch an die Pionierzeiten der neunziger Jahre zurück, als man gemeinsam die Welt der Karpfen erkundete. Das heißt aber nicht, dass es nicht immer noch echte Gemeinschaftsangler mit Pioniergedanken geben kann. Franz Rößner beschreibt in seiner Story, wie er gemeinsam mit seinem Kumpel Steven Klatt lernte, gemeinsam zu angeln und sich eben auch gemeinsam zu freuen - am Wasser eins zu werden. Einsam oder gemeinsam?Unzählige Meinungen wurden dazu bereits geäußert, ja, das Ganze ähnelt inzwischen fast einer Glaubensfrage: einsam oder gemeinsam ans Wasser? Eine pauschale Antwort darauf gibt es nicht, ein richtig oder falsch ist nicht möglich!Für uns stand Anfang des Jahres fest: ab Juni wird konzentriert ein bereits aus dem letzten Sommer bekannter Flussabschnitt der Spree in Berlin befischt. Klar war auch, wir ziehen das Ganze gemeinsam durch. Motivation ist allesUnsere Angelei der letzten Monate gestaltete sich sehr intensiv. Der Fokus lag dabei auf einzelnen Nächten, fast ausschließlich unter der Woche. Diese oft beschriebenen Overnighter sind aber vor allem eines: anstrengend. Zwei bis drei Mal pro Woche für selten mehr als 12 Stunden am Wasser, morgens vor der Arbeit einpacken, nach Hause um zu duschen und dann ab ins Büro. Der für uns wichtigste Punkt bei dieser Art der Angelei war und ist es, die Motivation über einen langen Zeitraum hoch zu halten. ZerreißprobeWir sind Karpfenangler. Ans Wasser geht es demzufolge natürlich, um Fisch zu fangen. Aber Blanknächte gehören ebenso dazu und auch für uns gab es davon mehr als genug. Geteiltes Leid ist hier bekanntlich halbes Leid. Doch was, wenn man auch inmitten der vierten Nacht in Folge mit der Wathose im Fluss steht, um einen Fisch des Angelpartners zu keschern, während die eigenen Bissanzeiger seit Tagen schweigen? Bleibt man zu 100% konzentriert? Nagt dies nicht trotzdem an der Verfassung, auch wenn man mit einem guten Freund am Wasser sitzt? Legt man seine Rute immer noch im angrenzenden Flachwasserbereich ab, wenn der dritte Fisch in Folge tief in der Rinne lief, um im Kollektiv maximale Erkenntnisse zu sammeln? Füttert man weiterhin mit dem gleichen Elan, wenn die eigenen Ergebnisse ausbleiben, der Angelpartner jedoch einen guten Fisch nach dem anderen in die Kamera hält?All das sind Gedanken, welche man bei einem gemeinsamen Projekt am liebsten aus dem Kopf verbannen möchte, die jedoch durchaus nachvollziehbar wären. Lauf auf LaufFür uns stand von Anfang an fest: Wir fischen Lauf auf Lauf. Doch damit nicht genug, wir wollten versuchen, das Ganze auf die Spitze zu treiben. Wenn sich der Aufwand der Angelei zu völlig gleichen Teilen auf vier Schultern verteilt, warum sollte dies nicht auch mit dem Erfolg möglich sein?Wenn sich gemeinsam Gedanken zur Spotwahl gemacht werden, sich beim Füttern, und selbst beim Dönerholen abgewechselt wird, ja, wenn sogar das Abbauen des Bivys teilweise vom Angelpartner übernommen wird, da dieser ein größeres Zeitfenster am Morgen hat: Was gibt es Schöneres, als dass Beide nach einer schlaflosen, fischreichen Nacht am nächsten Tag mit einem fetten Grinsen ins Auto steigen? Ganz klar: Für uns ist genau das die Situation, die wir wollten. Mein Fisch, dein Fisch? Nichts da!Dies bedeutete für uns im Klartext, dass wir eben nicht nur Lauf auf Lauf fischen wollten, sondern uns auch besondere Fische teilen. Was spricht dagegen, dass beide den ersten besseren Fisch nach Wochen in die Kamera halten und ein Foto bekommen? Welche Rute dabei ablief? Völlig egal! Der Fisch „gehört“ nur dem, der an der Reihe war, obwohl der Angelpartner mit einer Wathose voll Flusswasser, aber dafür mit einem unbezahlbaren Grinsen zurück ans Ufer kommt? In unseren Augen ist das Quatsch. Nicht, weil wir es uns einredeten, sondern weil es sich Woche für Woche genau so anfühlte. Gemeinsam motivierterViele werden an dieser Stelle mit dem Kopf schütteln. Den Fisch selbst erarbeiten, seinen persönlichen Erfolg nur für sich verbuchen – dies ist und war zurückblickend auf eine intensive Saison an der Berliner Spree nicht unsere Intention. Uns gelang es durch dieses Vorgehen auf jeden Fall, maximal motiviert zu bleiben. Phasen, in denen die Fische gefühlt nur in einem Teil des befischten Areals fraßen, und somit die Bissanzeiger bei einem von uns für mehrere Nächte schwiegen, wurden egal. Alle Ruten wurden trotzdem weiterhin auf die für uns sinnvollste Art und Weise gestaffelt, um möglichst viele Bereiche abzudecken. Man muss es eben nur wollenWie schnell sich das Blatt wenden kann, erfuhren wir in diesem Jahr mehrfach. Ruten, die gefühlt jede Nacht abliefen, brachten teilweise in den folgenden Wochen keinen einzigen Lauf mehr. Doch all dies wurde egal. Sobald sich auch nur einer der Bissanzeiger mit seinem verheißungsvollen Dauerton meldete, standen wir beide in Windeseile vorfreudig am Wasser. Selbst die Reihenfolge des Lauf-auf-Lauf-Fischens wurde teilweise egal. Rute aufnehmen, nochmal zurück ins Titan, um die vergessene Kopflampe zu holen, Wathose anziehen – jeder übernahm im entsprechenden Moment die passende Aufgabe. Entscheidend hierbei nur: Bestmöglich gemeinsam ans Ziel zu kommen!„Glück verdoppelt sich, wenn man es teilt“ – das ist durchaus auch beim Karpfenangeln möglich. Man muss es eben nur wollen!Viele Grüße,Franz Rößner