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26.02.2021
Diskussionsrunde: Locals am Kanal #2
Und schon startet die zweite Runde unserer illustren Expertenrunde zum Thema „Kanal“. Vier hochkarätige Angler teilen untereinander – und natürlich mit Dir – ihren Erfahrungsschatz aus jahrelanger Angelei an den Kanälen Europas. Christian Willert, Sven Ihne, Alex „Leasley“ Schneider und Andreas Hetzmannseder haben wieder für euch in die Tasten gehauen. Los geht’s! Christian setzt den Startschuss der zweiten Runde:Hallo an alle und herzlich Willkommen zur Runde 2!Gerade habe ich mir nochmal alles durchgelesen und ich muss schon sagen, was hier an geballtem Kanalwissen vorhanden ist, ist der Wahnsinn. Alle meine Mitstreiter sind echte „Kanalratten“ und ich freue mich schon jetzt auf die weiteren Runden mit Euch.Sven, du fragtest speziell zum Thema Zielfischangeln am Kanal nach. Wie hier meine Vorgehensweise sei und wie man selektiv auf sein Ziel hinarbeitet.Gerne will ich hier ein bisschen tiefer eintauchen. Vor ungefähr 10 Jahren befischte ich einen bestimmten Kanalabschnitt inklusive dem dazugehörigen Industriehafen. Ich fing an, alle gefangenen Karpfen ab 15 Kilo zu katalogisieren. An diesem Kanalstück waren wir damals noch eine recht kleine, eingeschworene Gruppe an Karpfenanglern. Innerhalb dieser Gruppe tauschten wir uns dann regelmäßig aus und verglichen die Fische anhand der Fangfotos. Alles wurde von mir genau dokumentiert – Fangtag, Köder, Stelle und Gewicht. Schon bald sahen wir, dass der damalige Bestand an 15 Kilo+ Karpfen doch noch recht überschaubar war. Aber man erkannte Muster anhand der Daten. Manche Fische zum Beispiel waren eher Nomaden und legten ziemlich weite Strecken zurück., andere wiederum waren standorttreu und bissen regelmäßig im selben Areal. So nahm meine Zielfischangelei ihren Anfang, der ich bis heute noch verfallen bin.Heutzutage kommt man natürlich leichter an die Infos und die (Groß-) Karpfen sind allesamt bekannt. Wenn ich mir einen bestimmten Fisch als Ziel ausgesucht habe, sauge ich alles über diesen einen Karpfen auf. Ähnlich wie schon damals vor 10 Jahren wird alles notiert. So habe ich bereits einen groben Überblick über dessen Zugroute und sein Fressverhalten. Bevor ich mit dem eigentlichen Angeln beginne, wird erstmal Location am entsprechenden Kanalabschnitt betrieben. Dazu nutze ich gerne den Winter und schaue mir stundenlang die Gegebenheiten vor Ort an. Ich mache mir einen Plan im Kopf zurecht und setze diesen dann auch konsequent in die Praxis um, aber ohne die notwendige Flexibilität zu verlieren. Diese planvolle Vorgehensweise hat mir in der Vergangenheit schon so einige meiner Zielfische gebracht und auch gerade jetzt bin ich wieder in der Vorbereitung für meinen nächsten Zielfisch.Auf die Kaltwasser-Frage von Andi will ich auch noch gerne etwas näher eingehen. Bei uns am Kanal gibt es neuralgische Punkte, wohin sich die Fische gerne im Winter zurückziehen. Das sind typischerweise Häfen, Wendebecken oder ähnlich ruhige Bereiche. Im Dezember, mit ganz wenig Futter und auffälligen Pop Ups am Chod oder Spinner Rig präsentiert, kann man hier durchaus (Winter-) Sternstunden erleben. Meine Erfahrung zeigt aber, dass es sich meist um sehr kurze Beissphasen handelt. Ab Mitte Januar wird es dann extrem schwierig, noch Fische zu überlisten und es ist Zeit für eine Pause bevor es im März wieder für mich losgeht.Bevor ich mich nun für diese Runde verabschiede, wollte ich gerne noch folgende Frage stellen: Andi, du berichtest von deinen Anfängen an der Donau und dass du zwischenzeitlich auch viele verschiedene Kanäle beangelt hast. Was sind für die Dich die größten Unterschiede zwischen Fluss- und Kanalangeln und inwieweit kann man die verschiedenen Kanäle – die du bisher beangelt hast - miteinander vergleichen oder ist jeder Kanal doch anders?GrüßeChristian Willert Sven Ihne schreibt:Willkommen im Neuen Jahr& Willkommen zu Runde 2. Nun sind wir im Januar und die undankbarste Jahreszeit zum Karpfenangeln ist angebrochen. Ich hasse es! Aber es passt gut zu der Fragestellung von Andreas. Wann geht es wieder los, wann startet die Kanalsaison 2021?Ich persönlich habe im Winter fast nie gute Fangerfolge erzielt und das auch irgendwann so akzeptiert. Ich warte ab, bis die Wassertemperatur mindestens auf 10 Grad angestiegen ist. Ab dann, so meine Erfahrung, fangen die Fische ganz langsam an, sich mehr zu bewegen. Sicher kann man vorher auch was fangen, in der Regel ist mir der (Zeit)Aufwand mittlerweile aber zu groß.Bestimmte Flachwasserbereiche, welche sich schneller erwärmen oder den Fischen das nötige und geliebte Sonnenlicht geben, fallen ja am Kanal meistens weg. Steigt die Wassertemperatur auf 12 Grad und die äußeren Umstände passen, kann es so richtig losgehen und man kann auch mal etwas mehr füttern. Manchmal passiert in einem kurzen Zeitabschnitt von einer Woche richtig was unter Wasser und der Kanal zeigt sich in einem komplett anderen und besseren Gewand. So viel dazu und meinen Erfahrungen.Christian, interessante Herangehensweise, sich besondere Infos zu bestimmten Fischen zu notieren und diese mit anderen Anglern abzugleichen. Wenn das untereinander gut funktioniert, ist es gewiss ein sicherer Weg, die Eigenarten der Fische zu studieren und seine Resultate daraus zu ziehen. Ich wünsche Dir viel Erfolg für dein kommendes Frühjahr.Mark fragt, nach welchen Kriterien wir unsere Kanalabschnitte auswählen. Puh, gute Frage. Ich setze da im Allgemeinen, egal ob Kanal, See oder an anderen Gewässern meine Prioritäten fast immer gleich an. Ganz klar, an erster Stelle stehen die für mich zu erwartenden Fische, dicht gefolgt vom Vorkommen anderer Angler, sprich Angeldruck. Als nächster Punkt muss definiert werden, was ich genau vorhabe. Einfach nur mal Angeln, was neues Ausprobieren oder doch den ein oder anderen bestimmten Fisch fangen. Zu Anfang erstelle ich mir im Kopf einen „Kampagnenplan“. Über welchen Zeitraum will ich diesen bestimmten Kanal befischen, wie lang sind die zu fahrenden Entfernungen, wird viel gemoved, kann ich viele Spots mit dem Auto erreichen etc... Ganz wichtig: Wie tickt das entsprechende Kanalstück? Fahren viele Schiffe, wo fahren sie hin, sind sie immer beladen, zu welchen Zeiten steht die Schifffahrt? Das sind eigentlich mit die wichtigsten Infos, welche man nur bekommt, wenn man am Wasser ist.Christian, hier bekommst du schon meine Antwort auf deine aktuelle Frage, ob alle Kanäle doch gleich sind. Definitiv nein! Klar, ein Karpfen bleibt ein Karpfen, egal wo. Aber es gibt definitiv Unterschiede im Verhalten und vielmehr noch, das Verhalten ändert sich stark durch bestimmte äußere Einflüsse, welche am Kanal meistens doch stark ausgeprägt sind.Grüße,Sven Ihne Es folgt nun Alex „Leasley“ Schneiders Beitrag:Erstmals ein gesundes Neues in die Runde und an alle Leser. Ich wünsche euch möglichst viele tolle Momente und viele dicke Fische für 2021!Ich freue mich, euch meine „Zielfisch-Jagd“ etwas näher bringen zu können. Bei mir hat das Ganze ungefähr im Jahr 2014 angefangen. Damals war es bei Weitem nicht so leicht, an Informationen zu gelangen, heutzutage ist das ganze Karpfenangeln „offener“ geworden. Egal ob am See, Fluss oder Kanal, das ist der Lauf der Zeit.Ich fand es damals aber nicht unbedingt schlimm, Opfer der „Geheimnistuerei“ zu sein oder zu werden. Dadurch hat sich meine Angelei sogar deutlich verbessert. Es macht ja auch viel mehr Spaß, sich Erfolge selbst zu erarbeiten und möglichst viel dafür zu tun, als nur die Ohren offen zu halten oder täglich die sozialen Medien auf- und abzuscrollen, um zu sehen, wo die nächste Session verbracht wird …Bestimmte Fische waren mir damals schon von Erzählungen bekannt. Meine Zielfische waren zu der Zeit die Big Ones mit 15kg und mehr, davon gab es gar nicht so viele wie gedacht. Nach und nach legte ich den Fokus immer mehr auf die charakteristischen Bartelträger aus der heimischen Rinne. Ich wollte sie alle über den Kescherrand ziehen, ausnahmslos ALLE!Zielfischangeln hat für mich einen ganz besonderen Reiz. Nicht jeder mag diese spezielle Art des Fischens, viele wollen einfach nur Fische fangen. Für mich ist es einfach mehr als raus zu gehen und Karpfen und Co. zu fangen, ich möchte ganz bestimmte Karpfen fangen! Und daran wird alles gesetzt. Es ist beim Angeln eine Sucht für mich, wenn ein Ziel abgeschlossen wurde, das nächste anzugreifen. Wie bei manchen das erste Tattoo dazu führt, ein Stammkunde beim Meister der Tinte zu werden. Es lässt mich nicht los und in meiner Angelei würde etwas fehlen, wenn ich keines dieser Ziele vor Augen hätte.Das Thema Winterangeln finde ich recht interessant. Es gibt viele Vorgehensweisen. Mich persönlich zieht es im Winter immer wieder an die gleichen Stellen. Über die Jahre hinweg sammelt jeder selbst Erfahrungen und kann diese für sich in solchen Fällen zunutze machen. Wenn das Wasser kalt und die Jungs träge sind, arbeite ich sehr gerne mit Pop Up Rigs und PVA-Sticks. Genauso gut funktioniert aber auch das Beifüttern mit ein/zwei Futterballen. Das kann sich jeder selbst mit gecrushten Klickern machen und anschließend pimpen wie er möchte. Auch den Teig um das Blei zu kneten, ist dabei eine sehr gute Alternative, die Fische auf den Hakenköder aufmerksam zu machen, sie aber nicht komplett zu sättigen. Mit etwas Glück kann auch in der kalten Jahreszeit richtig gut gefangen werden. Da trifft die Devise „weniger ist mehr“ schon oftmals den Nagel auf den Kopf.Was ist eigentlich euer Must-have oder was darf auf keinen Fall in einer kurzen oder längeren Kanal-Session fehlen? Wie sieht euer Equipment aus, kompakt oder komfortabel? Wie seid ihr am Wasser organsiert? Haut mal in die Tasten, freue mich schon auf eure Antworten!Beste GrüßeEuer „Leasley“ Alex Schneider Die Runde beschließt für euch Andreas Hetzmannseder:Es geht in die zweite Runde, Leute! Und ich freue mich, heute meine Gedanken mit euch zu teilen. „Zielfischangeln“, also das gezielte Hinarbeiten auf den Fang eines besonderen Fisches, ist nicht nur für Kanalangler die Disziplin schlechthin, sondern im Allgemeinen ist für mich das Angeln nach bestimmten Zielfischen das „Salz in der Suppe“ des „Karpfenangler-Menüs“. Doch während für viele Angler da draußen oftmals das Gewicht eines Fisches der ausschlaggebende Grund ist, sich einen Zielfisch zu setzen, lege ich meine Prioritäten etwas anders. Die Umstände des Fanges, der Weg zum Ziel und allem voran der „Look“ des Fisches sind die Faktoren, auf die ich Wert lege. Zielfische müssen also, zumindest bei mir persönlich, nicht immer die größten Fische eines Gewässers oder eines Abschnittes sein. Das Eine schließt das Andere natürlich nicht aus, aber viel wichtiger als die pure Zahl an der Waage sind mir die oben genannten Faktoren. Ein Beispiel dafür ist der alte „Boxer“. Ein Fisch, der schon viele Jahre seine Bahnen in einem berühmt-berüchtigten Kanal in Belgien zieht.Ich wurde durch einen Zufall auf diesen Fisch überhaupt erst aufmerksam, denn nachdem ich 2018 diesen Abschnitt für einige Nächte beangelte, versuchte ich, so viele Infos über den Fischbestand und die Angler an diesem Abschnitt zu sammeln, als nur irgendwie möglich. Ich fand den außergewöhnlichen Fisch auf mehreren Bildern, unter anderem konnte ich den Fisch auf einem bestimmten Bild definitiv diesem Abschnitt zuordnen. Die Jagd war eröffnet und nach einigen Monaten auch beendet. Ebenso zufällig, wie er in meinen Fokus gerückt war, lag er in einer kalten Session im Mai des Folgejahres auf meiner Matte. Die Freude war riesig, auch wenn ich ihn wohl eher durch Zufall gefangen hatte, denn ich konnte ihn weder zuvor lokalisieren, noch wusste ich über seine Fressplätze oder Vorlieben Bescheid. Anders erging es mir aber kürzlich bei einem weiteren Fisch, der ebenfalls diesen Abschnitt sein zuhause nannte. Nachdem ich im selben Jahr weitere Sessions angelte und weitere Puzzlestücke sammeln wollte, tauchte ein Bild bei Social Media auf, das unmissverständlich versicherte, dass der Fisch viele Kilometer abgewandert war. Ob er wieder zurückkommt? Man wird sehen….Ich finde es immer irre interessant, mit Kanalanglern über Wintertaktiken zu sprechen und ich bin voll bei Leasley - weniger ist im Winter, und gerade am Kanal, definitiv mehr. Ich passe mein Vorgehen im Winter aber vor allem einem Faktor an. Der Klarheit des Gewässers. Kanäle können so unterschiedlich sein, dass man es kaum für möglich halten würde. Oft wird die Klarheit des Kanals durch die Schifffahrt beeinflusst. Habe ich viele Schiffe, die den Kanal passieren und eintrüben, setze ich auf geschmacklich extrem auffällige Happen. Hanfkörner und kleine Pellets im PVA-Strumpf haben sich dann bewährt. Beangle ich einen Kanalabschnitt, der klar bis sehr klar ist, können auch farblich auffällige Single Hookbaits eine echte Waffe sein. Ich bin überzeugt, dass die Effektivität farblich auffälliger Köder entscheidend mit der Klarheit des Gewässers korreliert und meine Fangerfolge am Kanal, als auch an stehenden Gewässern, zeigen das deutlich.Kanal-Essentials finde ich spannend! Und wenn ich da so darüber nachdenke, gibt es viele spannenden Helferlein, die ich bei meiner Kanalangelei nicht mehr missen möchte. Zum einen habe ich immer eine kleine „Leiter“ der Marke Eigenbau dabei. Einige der Kanäle, die ich beangle, haben steile Beton-Ufer und oftmals sind Rettungsausstiege nicht vorhanden. Die kleine Leiter hat mir in den letzten Jahren gute Dienste geleistet, manch anderem sprichwörtlich auch schon den „Arsch“ gerettet. Seid ihr also an ähnlichen Ufern unterwegs: 2 starke Gurte, ein paar Tritte und das gute Helferlein ist fertig! Nummer 2 der Essentials bildet ein Downrigger-Clip aus dem Raubfischbedarf, zur Not tut es auch eine Wäscheklammer. Beide Varianten ermöglichen mir, die Schnur außerhalb des Kanals zu leiten. Gerade bei Schifffahrt und Hindernissen unter Wasser können diese kleinen Clips echte Gottesgeschenke sein! Wie sieht’s bei den anderen Kanalratten hier aus? Was sind eure Kanal-Essential? Ich bin gespannt!Andreas HetzmannsederUnd mit folgenden Themen sowie zwei neuen Autoren geht es weiter:Kanal-Essentiell - Welche Hilfsmittel erleichtern das Leben eines Kanalanglers?Tackle am Kanal - Kompakt oder komfortabel?Kanal = Kanal oder gibt es Unterschiede?Wie unterscheidet sich die Kanalangelei zur klassischen Flussangelei?Uvm!