Lange war es ruhig, doch jetzt wird wieder heiß diskutiert! Gemeinsam mit vier hochkarätigen Kanalanglern - und natürlich mit dir - starten wir in die dritte Episode unserer Diskussionsrunde "Locals am Kanal". Simon Steinkraus, Christian Willert, Max Egger und Florian Schwarz sind diesmal zu Gast und tauschen ihren Erfahrungsschatz zu spannenden Kanal-Themen untereinander aus. Auch du profitierst davon. Auf geht´s!
Den Anfang macht heute Simon Steinkraus:
Beginnen wir direkt mal mit der Frage von Christian, ob jeder Kanal gleich ist, oder ob es Unterschiede gibt. Meiner Erfahrung nach kann es wesentliche Unterschiede zwischen zwei Kanalabschnitten geben. Damit meine ich nicht nur Fischgrößen und Anzahl, sondern sämtliche Bedingungen, die sowohl das Angeln als auch die Fische beeinflussen. In meiner Region befindet sich das größte Kanalnetz Deutschlands und ich habe die Möglichkeit den DEK / DHK / WDK / RHK zu befischen, dazu kommen noch diverse Alte Fahrten. Einen von mir befischten Kanalabschnitt nennen wir den Klarwasserkanal. Hierbei handelt es sich um einen Kanalabschnitt, in dem extrem wenig Schifffahrt herrscht. Der Kanal ist teilweise sogar durch die Fahrt hindurch verkrautet und hat Sichttiefen von mehreren Metern. Hier ist es oft effizient gewesen die Leinpfade mit dem Fahrrad entlangzufahren, die Fische zu suchen und gezielt zu beangeln. Ich habe die Ruten mit Schnorchel und Brille in winzige Krautlöcher getaucht und die Zugrouten der Fische in der Krauthölle gesucht.
Auf der anderen Seite habe ich einem Kanalabschnitt gefischt mit einer Sichttiefen von unter 30 cm. Hier fahren ohne Ende Schiffe und man hat neben der Schifffahrt auch mit starker Strömung durch die regelmäßigen Schleusungen zu kämpfen. Hier ist an Schnorcheln im Wasser nicht zu denken, es wäre sogar lebensgefährlich. Langzeitfutterplätze in verbreiterten Kurvenbereichen brachten mir an diesem Kanal die besten Erfolge. Die Strömung durch Schifffahrt und Schleusung wirkt sich hier nicht so stark aus und die Fische legen oft Pausen ein auf ihren Kilometerlangen Umzügen durch den Kanal. Das waren nur zwei extrem Beispiele. Es gibt in meinen Augen noch etliche Faktoren, die zu eklatanten Unterschieden von Kanälen führen. Spontan fallen mir noch ein: Breite, kilometerlange Monotonie oder ein Hafenbecken nach dem anderen, unterschiedliche Uferbefestigung, Grundel- / Krebsbestände... Für mich bleibt nur ein Fazit: Nein, Kanal ist nicht gleich Kanal, sondern jeder kann enorm unterschiedlich sein!
Alex "Leasley" Schneider hat gefragt, ob unser Kanal-Equipment lieber kompakt oder komfortabel ausfällt. Ich persönlich folge eher dem Trend so kompakt wie nötig und dabei so komfortabel wie möglich. Gerne nehme ich weite Laufstrecken in Kauf, um jenseits der abgetretenen Pfade am Kanal zu fischen. Hier bin ich gezwungen leichtes und kompaktes Gerät zu nutzen. An vielen Stellen, die ich befische, kann man nur einen Schirm aufstellen, da es einfach an Platz mangelt. Außerdem gibt es bei uns in der Ecke oft Probleme mit der Wasserschutzpolizei, sobald man auch nur minimal mehr als einen Wetterschutz aufstellt und selbst dann wird manchmal gemeckert. Mein Fazit: Kleines Gerät für weite Laufwege und schnellen Auf- und Abbau.
Mich würde brennend Interessieren welche Stellen ihr am Kanal bevorzugt. Steinpackung oder Spundwand? Hafenbecken oder doch Montone Strecke? Und vor allem Warum?
Christian Willert schreibt:
Erstmal ein herzliches Hallo in die Runde,
nun habe ich die Meinungen meiner Vorschreiber gelesen und mich öfters beim Nicken erwischt. Damit will ich Ausdrücken, dass ich mit vielem dakor bin, was sie schreiben. Auf das Thema „Unterscheiden sich Kanäle grundlegend?“, will ich nochmal differenziert eingehen.
Für mich gibt es im Grunde zwei Kanaltypen: Den schiffbaren Kanal und den Kanal, wo keine Schifffahrt mehr betrieben wird. An der Betonrinne, wo keine aktiven Schiffe mehr fahren, bildet sich oft Kraut und ein dicker Pflanzenbewuchs und hier kann man durchaus sehr gezielt in kleinen Krautlöchern seine Fallen stellen. An großen Schifffahrtskanälen dagegen ist eine feine Angelei eher kontraproduktiv. Hier gilt es in erste Linie die Zugrouten unserer beschuppten Freunde zu lokalisieren und dann entsprechend zu beackern. Ich würde aber auf keinen Fall alles mit der Brechstange versuchen und nur auf Langzeitfutterplätzen fischen. Nach meiner Erfahrung macht der Aufbau eines Futterplatzes erst nach der Laichzeit richtig Sinn. Wenn Sie ihr Liebesspiel beendet haben, bekommt man sie richtig auf Futter. Grundsätzlich muss ich meinen Mitschreibern voll beipflichten, dass sich bei großen Kanälen schon bereits die verschiedenen Schleusenabschnitte unterscheiden. Sicher sind Häfen, Ausbuchtungen, Schleusen und Wendebecken immer ein Top Spot und einen Versuch wert.
Zum Thema Tackle bin ich eher sehr minimalistisch eingestellt. Gerade bei den Kanalstücken, wo es keine breite Spundwand gibt, muss man sich auf das Nötigste konzentrieren. Schließlich teilt man sich den Platz mit Spaziergängern und Fahrradfahrern und gerade in der Nacht kann das sehr brenzlig werden (ich spreche aus Erfahrung…). In der Regel reicht mir meine kleine Scope Liege ohne Zelt oder Schirm, meine zwei alten AKN Ruten und meine SS3000 dazu. Als Schnur verwende ich eine 0,43mm Hauptschnur und eine 0,60mm Schlagschnur. Als Endgame benutze ich seit Jahren Inline Bleie ab 170g und ein Stiff-Rig mit großen kräftigen Haken. Natürlich ist eine gut gepolsterte Abhakmatte Pflicht und der Kescher sollte auch lang genug sein, damit man problemlos die Spundwand hinunterkommt. Was für mich noch extrem wichtig ist, ist ein stabiles Pod, das auch schwer genug ist, wenn gut Wind weht oder ein Fisch, aus dem Nichts, einen Vollrun hinlegt.
Meine Frage an euch: Seid ihr lieber mobil am Kanal unterwegs und stellt lediglich kleine Fallen oder pflegt ihr regelmäßig einen Futterplatz? Und warum favorisiert ihr die jeweilige Angelart?
Christian Willert
Weiter geht´s mit Max Egger:
Zur Kanal-Essentiell-Frage von Andreas Hetzmannseder: Meiner Meinung nach besteht der Schlüssel zum Erfolg bei der Kanalangelei zu 90% aus Location. Aufgrund der Tatsache, dass die Fische sich selten jeden Tag an den gleichen Stellen aufhalten, sondern während der Futtersuche bis zu 10km Kanalstrecke zurücklegen, ist es unabdingbar auf Fischsuche zu gehen. Dementsprechend sind „Kanal-Essentials“ jegliche Mittel, die die Fischsuche entweder erleichtern oder beschleunigen. Darunter zählen offensichtliche Hilfsmittel wie Polbrille oder das Fahrrad. Aber auch der technologische Fortschritt erleichtert uns die Kanalangelei enorm. Dementsprechend können Drohnen mit einem polarisierenden Filter, die Suche nach ziehenden Fischen vereinfachen. Insbesondere an unbekannten Kanälen oder Kanalabschnitten kann so innerhalb kürzester Zeit ein Überblick über den Fischbestand, die Struktur und über mögliche Holding-Areas erzeugt werden. Vor allem in verkrauteten Kanälen können so Krautlöcher, Fraßstellen und Zugrouten entdeckt werden.
Tackle am Kanal - kompakt oder komfortabel? Auf die Frage von Leasley habe ich eine ganz konkrete Antwort. Aufgrund der Tatsache, dass die Angelei am Kanal mit der klassischen Angelei an stehenden Gewässern nicht zu vergleichen ist und stundenlanges Aussitzen meiner Meinung nach wenig Sinn macht, sollte das Tackle so kompakt wie möglich gehalten werden. Dabei sollte jeder für sich selbst abwägen auf was verzichtet werden kann und was für einen Kurzansitz oder eine schnelle Nacht wirklich benötigt wird.
Chris sprach letztes Mal das Thema "Kanal = Kanal oder gibt es Unterschiede?" an. Wie bei jeder Gewässerart gibt es natürlich auch zwischen den Kanälen enorme Unterschiede. An einem verkrauteten Kanal ist logischerweise eine andere Strategie gefragt als an der typischen Betonrinne. Aber auch die Uferbeschaffenheit wie Steinpackungen oder Spundwände verlangen wiederrum ein differenziertes Vorgehen. Meiner Erfahrung nach unterscheiden sich nicht nur die Kanäle, sondern auch die einzelnen Kanalabschnitte, hinsichtlich des Fischbestandes, der Struktur aber auch hinsichtlich der bevorzugten Hakenköder enorm. Dementsprechend ist zu sagen, dass keinesfalls am Kanal ein festgefahrenes Prozedere sinnvoll ist. Eine Strategie, die letzte Woche funktioniert hat, muss nicht automatisch diese Woche wieder zum Erfolg führen. Daraus folgt, dass an jedem unbekannten Kanal oder Kanalabschnitt aufs Neue Location gemacht und eine angepasste Strategie entwickelt werden muss. Logischerweise lassen sich auch Gemeinsamkeiten erkennen. Dennoch aber auch extreme Unterschiede. Genau das ist es aber auch was die Kanalangelei in meinen Augen so spannend und faszinierend macht.
Auch hat Chris in der letzten Runde nach dem Unterschied ziwschen Kanal- und Flussangeln gefragt: Wenn man die Kanalangelei mit der klassischen Flussangelei vergleicht, lässt sich vielleicht auf den ersten Blick vermuten, dass sich die beiden Arten der Angelei ähneln. Meiner Meinung nach ist dies aber keineswegs der Fall. Lediglich hinsichtlich der benötigten Ausrüstung, wie schwere Bleie oder dicke Schlagschnur, lassen sich Parallelen erkennen. Wobei die Angelei im Fluss in meinen Augen noch um einiges härter und gröber ist. Im Fluss herrscht eine konstante Strömung in eine Richtung. Der Kanal hingegen ist durch das Schleusen von einer Wechselströmung geprägt oder weist überhaupt keine Strömung auf. Zusätzlich ist die Flussangelei extrem abhängig vom Wasserstand und Hochwasser und beeinflusst somit auch das Zug- und Fressverhalten der Fische enorm. Am Kanal hingegen herrscht durch die Monotonie sowie des konstanten Wasserstandes eine gewisse Beständigkeit, so dass eine eingefahrene Strategie oder ein aufgebauter Futterplatz auch weiterhin erfolgreich funktionieren kann. Abschließend ist zu sagen, dass die Flussangelei in meinen Augen ein komplett differenziertes Vorgehen als am Kanal bedarf. Zusätzlich werden reichlich Flexibilität und Anpassungsfähigkeit benötigt.
Was mich interessieren würde: Zu welcher Jahreszeit seid ihr besonders viel an der Rinne unterwegs und wann kann man sich eurer Meinung nach die besten Chancen ausmalen? Frühjahr, Hochsommer, Herbst? Ich bin gespannt!
Die Runde schließt Florian Schwarz:
"Kanal-Essentiell" - die Frage von Andi hat mich echt grübeln lassen. Ich wüsste jetzt nicht was ein absolutes Essentiell für mich am Kanal ist. Es ist mehr die Summe der Dinge an Endtackle, das unabdingbar ist. Die meisten meinen „grob“ ist Trumpf, ich sage „hart“ ist die Macht. Was da der Unterschied ist? Grob ist eben grob, aber die Fische, gerade die Erfahrenen, wissen auch am Kanal was Sache ist. Benötige ich eine 65er Schlagschnur oder geht eine qualitativ sehr hochwertige in 55 auch? Muss es das 50er Fluorovorfach sein oder erfüllt ein 45er auch seinen Zweck? Versteht ihr, worauf ich hinaus möchte? Es gibt den Spruch: So fein wie möglich und so grob wie nötig. Durch härtere Materialien kann ich in der Grobheit etwas nach unten gehen.
Um auf Leasley einzugehen: Beim Thema Tackle halte ich es grob und kompakt, dass sieht wie folgt aus. Kurze harte Ruten, ich verwende die Scope Ops in 10ft 3,5lbs mit einer 14000 Shimano Rolle. Diese hat eine große Schnurfassung, auf der ich genug von meiner favorisierten 43er Hauptschnur unterbekomme. Ein teleskopierbarer Kescher aus der gleichen Serie wie die Ruten ist auch mit am Start sowie ein kleines schweres Rodpod von Solar. Diese Sachen passen alle mit der Sling in meine Abhakmatte. Jetzt habe ich nur noch meinen Futtereimer, Rucksack und Stuhl. Bei Nächten lasse ich den Stuhl im Auto und nehme nur mein kleines Zelt und die Liege mit. Eine Tasche für das Essen ist an meinem Trolly. Mit diesem Tackle komme ich locker ein Wochenende am Kanal aus.
Christian fragt nach den Unterschieden zwischen Kanälen. Bei Kanälen ist es so wie bei jedem anderen Wasser auch. See ist nicht gleich See und Fluss nicht gleich Fluss. Das Zugverhalten die Holdings und die Besatzdichte können ganz unterschiedlich ausfallen. Das wirkt sich natürlich auch auf die Strategie der Befischung aus. Es gibt aber auch offensichtliche Hotspots, die wahrscheinlich immer einen Versuch wert sind. Schleusen, Wendebecken oder Häfen sind einfach in der Monotonie der Stecke auch für unsere Freunde immer eine Abwechslung. Erfahrung hilft natürlich, wie bei allem anderen auch, um an unterschiedlichen Kanälen auf Fisch zu kommen. Das Netzwerk unter uns Karpfenanglern kann, wenn es respektvoll gepflegt wird, sehr hilfreich sein, um sich an neuen Strecken schnell einzufühlen. Der Kanal, den ich größtenteils befische, hat mehrere Schleusenabschnitte. Alleine schon dort hat jeder Abschnitt etwas andere Gesetze.
Kanal und Fluss: Diese beiden Gewässer machen 90% meiner Angelei aus. Äpfel und Birnen? Kanal und Fluss? Die gleiche Logik steckt hinter den beiden Fragen. Fangen wir einmal mit der Strömung an. Im Kanal haben wir eine verschieden stark ausgeprägte Pendelströmung im Fluss eine gleichmäßige, (außer Hochwasser etc.) die auch nur in eine Richtung drückt. Im Kanal haben wir eine gleichmäßige Tiefe, die Bodenstruktur weicht nur minimal ab. Im Fluss haben wir sehr viel unterschiedliche Tiefen und gleichzeitig verschiedene Arten des Untergrunds: Sand Kies oder Schlamm. Der Eintrag von natürlicher Nahrung ist unterschiedlich, z.B. mein Kanal ist so gut wie nicht bewachsen am Ufer. Dafür gibt es sehr großflächig ausgeprägte Muschelfelder, in denen sich das Leben der Nahrung abspielt. Denn nicht nur die Muschelaufwüchse fressen die Boys, sondern auch die Krebse und Grundeln, die ebenfalls dort leben. Fische im Kanal können ziehen, müssen das aber nicht, ganz im Gegenteil zum Fluss, an dem, meiner Erfahrung nach, die Fische stärker bzw. regelmäßiger ziehen.
Meine Frage in die Runde: Luftdruck am Kanal, welche Erfahrungen habt ihr damit gesammelt?
Beim nächsten Mal werden folgende Themen behandelt:
- Stellenwahl am Kanal - Spundwand, Steinpackung, offene Strecke oder Hafen?
- Mobiles Angeln vs. Futterplatzangeln
- Jahreszeiten am Kanal - wann fängt man am besten?
- Luftdruck - welche Auswirkungen hat er auf die Kanal-Angelei?
- Uvm...