Interview
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31.03.2020
Bissanzeiger-Sammler seit über 10 Jahren - Wolfgang Kalweit im großen Interview!
Elektronische Bissanzeiger sind aus dem Karpfenangeln nicht mehr wegzudenken. Wolfgang Kalweit ist passionierter Angler und von den Piepern so sehr fasziniert, dass er vor über 10 Jahren damit begann, sich eine umfangreiche Sammlung aufzubauen. Doch welche Entwicklung durchlebten die Bissanzeiger in diesen Jahren und welche Features machen in der heutigen Zeit Sinn? All das und noch vieles mehr erfahrt ihr im großen Interview mit dem Experten …Carpzilla: Lieber Wolfgang, wir begrüßen dich herzlich zum heutigen Interview. Du sammelst mittlerweile seit über zehn Jahren Bissanzeiger und die elektronischen Geräte scheinen auf dich einen ganz besonderen Reiz auszuüben. Was macht für dich die Faszination aus und wie ist daraus eine Sammelleidenschaft entstanden?Wolfgang: Zunächst möchte ich mich dafür bedanken, dass Ihr der Geschichte der Karpfenangelei etwas Raum gebt. Eines ist mal klar, der elektronische Bissanzeiger hat das Karpfenangeln stark verändert. Stellt Euch mal vor, Ihr müsstet nachts wach bleiben und auf das Klingeln eines Glöckchens oder das Rascheln einer Rolle Silberpapier achten! Das waren nämlich die gebräuchlichsten Bissanzeiger in der Zeit vor unseren elektrischen Helfern. Ich selbst habe mit 11 Jahren das Angeln begonnen und hatte damals das Glück, durch meinen Bruder Thomas und dessen Freunde schon früh in Kontakt mit älteren „Boilieanglern“ zu kommen. So kam es, dass ich quasi schon mit zwölf Jahren begann, gezielt auf Karpfen zu angeln. Das war 1992. Es war tatsächlich so, dass ich – mangels Geldes – zu Beginn keine elektronischen Bissanzeiger hatte. Ich habe zwei Jahre lang viele Nächte auf der Iso-Matte neben den Ruten geschlafen, mit jeweils einer Aalglocke in der Schnur. Ich habe zwar keinen Biss verpasst, aber das war schon eine Harte Nummer. Neidisch habe ich immer auf die älteren Angelkollegen geblickt, die dank den Optonic Super XL oder den Fox Micron SX in Kombination mit kabelgebundener Sounderbox tief und fest in ihren Zelten schlummerten. Ich glaube, diese Sehnsucht als Kind ist der Kern meiner heutigen Sammelleidenschaft.Es dauerte nicht lange und mit 13 oder 14 Jahren konnte ich mir endlich auch den ersten elektronischen Bissanzeiger leisten (erst mal einen, für nur eine Rute...) und dann ein halbes Jahr später den zweiten. Es waren Carp Sounder! Sie haben hunderte Nächte zuverlässig für mich auf die Ruten aufgepasst.Aus der Sehnsucht in Kindertagen, hat sich vor 10 Jahren dann irgendwas entwickelt. Es waren glaube ich Optonic Delkim Conversions – für kleines Geld auf einem Angelflohmarkt gekauft – die das Feuer in mir entzündet haben. Sie erinnerten mich an die Bissanzeiger, die zu Beginn meiner Angelkarriere noch überall zu sehen waren, nämlich die Optonics. Noch heute stehe ich deshalb total auf Optonics und Optonic-Conversions (Umbauten), wie es sie z.B. von Delkim, Bamford, der Wassersportcentrale (WS) Genk oder von Bruins Boxmeer gab. Aber auch unbekannten Umbauten kann ich nicht widerstehen.Carpzilla: Erzähl uns bitte mehr über deine Sammlung. Welche Modelle umfasst sie bis dato und auf welche „Schätzchen“ bist du besonders stolz?Wolfgang: Am meisten interessieren mich alle elektrischen und elektronischen Bissanzeiger, die man auf einen Bankstick beziehungsweise Buzzerbar schrauben kann. Das heißt, der Typ Bissanzeiger, wie er im Karpfenangeln am gebräuchlichsten ist. Es gab / gibt ja zum Beispiel auch Bissanzeiger, die auf die Rute montiert oder neben der Rute aufgestellt werden. Die finde ich auch cool, aber eben nur nachrangig. Was das Alter angeht hört mein Interesse an Bissanzeigern ab circa 1995 auf. Das ist so die Grenze, die ich mir gesetzt habe. Älter dürfen sie natürlich sein und deshalb habe ich auch Bissanzeiger aus den 60er Jahren (z.B. den Heron von Auger Tackle).Der Optonic von Dellareed spielt bei mir eine große Rolle. Auch die in Deutschland hergestellten Modelle, wie Top-Runner, Rotor-Power, Carp Sounder oder Sound Master haben den Weg in meine Vitrine gefunden. Da jedes Modell über die Jahre in vielen unterschiedlichen Varianten hergestellt wurde, habe ich die nächsten Jahrzehnte noch einiges zu tun, um die Palette voll zu bekommen. So ticken Sammler nun mal...Da die Wiege der modernen Karpfenangelei in England liegt, gab es dort natürlich zig ultracoole Bissanzeiger. Wenn ich Bissanzeiger von der Insel angeboten bekomme, kann ich deshalb auch nicht Nein sagen. Cool und günstig sind beispielsweise die BJ Ultra-Sensitive Bite Alarms. Absolut kultige Pieper aus Metall, die man schon für 20 Euro oder weniger bekommt.Besonders stolz bin ich jetzt auf keinen speziellen Bissanzeiger. Wenn man mich fragen würde, welches mein liebster Bissanzeiger ist, würde ich sagen: „Der Nächste!“. Auf meiner neuen Webseite www.bissanzeiger-sammler.de werde ich sukzessive die für mich schönsten Modelle präsentieren. Einige sind schon online, schaut bei Interesse gerne auf meiner Seite vorbei.Carpzilla: Anhand deiner zahlreichen Bissanzeiger-Modelle aus verschiedenen Jahren und Jahrzehnten sind dir mit Sicherheit einige Entwicklungen aufgefallen. Was war dabei für dich ein echter Meilenstein und wo erkanntest du damals noch Verbesserungspotenzial?Wolfgang: Der Meilenstein schlechthin war natürlich die Erfindung des Rades. Jetzt nicht das Rad als solches, sondern das „Rädchen“ in den Bissanzeigern. Vorher war das gebräuchlichste Prinzip der „Antennen-Bissanzeiger“, wie zum Beispiel der Heron. Die genialen Tüftler Frank Sams und John Lynch (Dellareed) aus England sind dann 1977 einen völlig anderen Weg gegangen. Sie haben ein Drehrad in den Bissanzeiger eingebaut. Auf diesem Rad liegt die Schnur auf und es dreht sich beim Schnurabzug. Geboren war der Optonic! Noch heute ist es das gebräuchlichste Prinzip bei unseren elektronischen Bissanzeigern. Während das Drehrad heute einen Magnetkontakt steuert, wurde damals noch eine Lichtschranke durchbrochen, von einem Flügelrad, das auf der Achse des Drehrades sitzt. Die heutige Technik ist jedoch wesentlich stromsparender und wurde meiner Kenntnis nach erstmalig von Fox im Micron und von Daiwa im Sensitron verwendet.Eine Mega-Errungenschaft waren dann später natürlich auch die Funksysteme. Es gab aber auch kleine Entwicklungen, die wirklich praktisch waren. Während man Optonics und alle anderen Modelle noch völlig auseinanderbauen musste, um eine Batterie zu wechseln (ohne Schraubenzieher war man dann am Wasser völlig aufgeschmissen), so hatten unter anderem der Micron und Sensitron Anfang der 90er Jahre ein Batteriefach. Banal, aber super praktisch.Carpzilla: Die Kernfunktion eines Bissanzeigers ist sein akustisches Signal. Doch im heutigen Zeitalter fahren moderne Pieper mit immer mehr Einstellmöglichkeiten und Hightech auf. Welche Funktionen sind in deinen Augen sinnvoll und welche sollen einfach nur uns Angler ködern?Wolfgang: Was sinnvoll ist, muss jeder für sich selbst entscheiden. Definitiv klasse sind Vibrationssensoren und die Möglichkeit, die Empfindlichkeit einzustellen. Das gibt es aber ja auch schon seit den 90ern. Bei einigen Bissanzeiger gefällt mir die Möglichkeit, dass Fallbisse akustisch und optisch anders angezeigt werden, als Runs. Für mich wird es zu viel werden, sobald Bissanzeiger eine Handy-App haben. Das brauche ich nicht!Carpzilla: Was glaubst du, wie sich der Standard-Bissanzeiger von heute in den nächsten Jahren weiterentwickeln wird?Wolfgang: Ich habe ja schon meine „Befürchtung“ geäußert, dass die Bissanzeiger smart werden. Demnächst kann man genau auf seinem Handy nachgucken, wann der Biss war, wie er sich entwickelt hat, wie viele Meter Schnur in welcher Geschwindigkeit abgezogen wurde und wie lange es gedauert hat, bis man an den Ruten war. Auch wird sich der Bissanzeiger mit der App über WLAN kontrollieren lassen, damit man im Regen nicht mehr raus muss, um zum Beispiel die Sensibilität zu ändern oder den Batteriestatus zu checken. Wer es braucht, ok. Das gut umzusetzen wird aber sicher der nächste große Schritt sein.Wenn ein Bissanzeiger irgendwann auch einen guten Espresso brühen kann, dann kaufe ich mir auch mal wieder einen neuen! :-)Carpzilla: Vielen Dank für das Interview und deine Zeit.Das Interview führte David Rosemeier.Wolfgang ist ständig auf der Such nach alten Bissanzeigern für seine Sammlung. Sollte jemand von Euch noch alte Schätzchen sein Eigen nennen, dann sendet Ihm doch einfach ein paar Fotos zu. Hier findet Ihr Wolfgangs Kontaktdaten: https://www.bissanzeiger-sammler.de/kontakt