Deine Story
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03.04.2018
Willi Winkelmann: Ohne Plan aber mit jeder Menge Glück
Willi Winkelmann - Youngster aus Brandenburg - präsentiert auf Carpzilla seine erste Story. Er erzählt davon, wie schwer es manchmal ist, seinem Plan treu zu bleiben, wenn die Verlockung anderer Gewässer ruft. Schermzlich musste er erfahren, dass man selten alles auf einmal bekommt, doch auch dass das Glück vor allem dem Hold ist, der den Kopf trotzdem nicht in den Sand steckt...Es ist schon sehr warm an diesem Morgen und ich liege in meinem dicken Fleece-Schlafsack auf meiner Liege, die ich am Vorabend am Ufer des Kanals aufgeschlagen habe. Insgeheim ahnte ich schon bei der Anreise, dass ich wohl wieder mit trockenem Kescher Heim fahren werde. Denn das ist nicht die erste Blanknacht, die ich mir in den letzten Wochen an meinen insgesamt drei Kanalfutterplätzen eingefangen habe…Am KanalEigentlich wollte ich gar nicht hier sein, denn diese monotonen und schnurgerade verlaufenden Schifffahrtskanäle sind nicht nach meinen Geschmack. Zur Tristesse kommt auch der hohe Futtereinsatz und eine recht weite Anfahrt hinzu. Beides passt nicht wirklich zu meiner derzeitigen Situation, als Auszubildender muss man mit seinen Futterressourcen schließlich sparsam umgehen.Warum tue ich das?Da ich aber trotzdem großen Wert auf hochwertige Boilies lege, musste ich die Futtermenge mit Tigernüssen und Mais strecken. Das war jedoch auch nur bedingt möglich, da ich zum Füttern nur mein Motorrad zur Verfügung hatte. Oft genug bin ich nach der Arbeit mit 10 Kilo Mais auf dem Rücken und 10 Kilo Boilies sowie Tigernüssen um den Bauch geschnallt zum Kanal gefahren, nur um das Ganze 30 Minuten später auf drei Stellen zu verteilen.Jetzt frag ihr euch sicher, warum ich mir das alles antue, wenn ich mit meinen zur Verfügung stehenden Mitteln an einem See doch sicher viel erfolgreicher seien könnte?Jugendlicher LeichtsinnDer Grund ist das hohe Durchschnittsgewicht der Fische, die in meiner Region lange nicht üblich sind. Spätestens als sich die Fangmeldungen an einem viel befischen Kanalstück Mitte Mai förmlich überschlugen, nahm mein jugendlicher Leichtsinn überhand und ich beschloss mein eigentliches Zielgewässer für dieses Jahr - einen mittelgroßen, recht strukturreichen Natursee - erstmal ruhen zu lassen und mich einem weniger frequentierten Kanalabschnitt zu widmen.Schließlich konnte ich im letzten Jahr, bereits in meiner allersten Kanalnacht überhaupt, genau hier einen tollen kampfstarken Schuppenkarpfen landen. Dementsprechend optimistisch war ich natürlich. Ein großer Fehler, wie mir nun an diesem Frühsommermorgen klar wurde…RückblendeOhne jegliche Kanalerfahrung mitten in der Saison das Gewässer zu wechseln, das konnte doch eigentlich nur schief gehen. Zumal mein auserkorener Abschnitt lange nicht so einen guten Fischbestand wie das populäre Stück hat. Trotzdem wechselte ich mein Zielgewässer - obwohl oder vielleicht auch deswegen, weil mein Saisonstart am Natursee eigentlich ganz gut lief…BootssessionNach ausgiebiger Location Anfang des Jahres, startete ich mit einem dreitägigen Bootstrip Anfang April meine Angelei an diesem See. Das Wetter war super, das Quecksilber überstieg erstmals in diesem Monat schon die 20 Grad Marke. Strahlender Sonnenschein und ein laues Lüftchen aus Westen machten mir meine Platzwahl ganz einfach. In der flachen Bucht am Ostufer verankerte ich mein Boot und stellte mit attraktiven Futter und auffälligen Pop Ups kleine Fallen entlang der Schilfkante.Vom Winde verwehtNach einem tollen Sonnenuntergang blieb die Nacht leider ruhig, zu ruhig für meinen Geschmack. Aus diesen Grund saß ich an diesem Morgen bereits sehr früh in meinen kleinen Schlauchboot, das ich als Beiboot dabei hatte und hielt Ausschau nach Fischaktivitäten, vergeblich. Noch wusste ich nicht, dass auch das nur ein Zeichen für die Ruhe vor dem Sturm war.Der Wetterbericht, den ich leider erst zu spät abchecke, verhieß nix gutes. Bereits am Nachmittag sollte mich ein großes Orkantief erreichen, das seinen Namen alle Ehre machte. Da Motoren an diesem See verboten sind, hatte ich Glück und schaffte es gerade noch den nächsten Steg zu erreichen bevor der Wind zu stark wurde um per Ruderkraft mit meinen hohen Aufbau auf dem Boot vom Fleck zu kommen.Dieser lag zwar nicht in einer optimalen Lage, um meine anvisierte Bucht strategisch gut befischen zu können, aber das war mir in diesen Moment total egal, Hauptsache in Sicherheit vor dem immer stärker werdenden Sturm.Die folgenden zwei Tage verbrachte ich dann aufgrund des fast schon arktischen Wetters hauptsächlich im Zelt, sobald die Ruten auf ihren Plätzen lagen, was wiederum leichter gesagt als getan war.Die Wellen trieben mich immer wieder ins Schilf und so brauchte ich nicht selten bis zu fünf Anläufe bis alles passte. Obwohl das Wetter mittlerweile alles andere als Frühlingshaft war, blieb ich zuversichtlich: Der Wind und die aus den Wellen entstandene Rückströmung trübten das Wasser stark ein und setzten viel natürliche Nahrung frei.HoffnungsschimmerIn der Praxis schienen sich meine Gedankengänge auch zu bewahrheiten, zumindest am Anfang. Am späten Nachmittag hakte sich der erste Liebhaber meiner Milchprotein Boilies und flüchtete ins Schilf.Kurze Zeit später befand ich mich mit meiner kleinen Nussschale schon inmitten von hohen Schilf und befreite allerhand angespülten Unrat wie Äste und abgestorbenes Kraut aus meiner Schnur. Ohne Schlagschnur wäre ich hier sicherlich als Verlierer vom Platz gegangen. Ein schöner Frühjahrsspiegler war der Lohn für die durchstanden Strapazen.Geht es jetzt richtig los?Noch während des Fotografierens biss es erneut auf der selben Rute. Jetzt waren sie da. Während ich darüber nachdachte, ob es jetzt richtig losgehen würde, war der Spuk schon wieder vorbei. Nach einer aktionslosen Nacht musste ich bereits früh am Morgen die Heimreise antreten. Mit dem Ergebnis war ich dennoch zufrieden, schließlich herrschten harte Bedingungen. Trotzdem fragte ich mich, weshalb den beiden Fischen kein dritter Folge?Im Anschluss an diese echt ereignisreiche Session verbrachte ich noch einige recht erfolgreiche Kurzsessions am See bevor ich damit begann, mit dem Kanal anzubändeln.Back on trackNachdem ich mit den beiden Monaten vor und nach der Laichzeit einen der besten Zeiträume zum Angeln, damit verschwendete mir am Kanal den Arsch abzublanken, schwor ich mir, mich das restliche Jahr ausschließlich auf den Natursee zu konzentrieren.Schon am nächsten Wochenende war ich mit reichlich neuer Motivation wieder vor Ort. Das Wetter war super, ein Tiefdruckgebiet kühlte die schwüle Luft endlich mal ab und brachte einiges an Regen und Wind mit sich. Leider hatte ich nur gut 20 Stunden Zeit, um den Fischen auf die Schliche zu kommen.Das Plateau, das jeder kenntTrotzdem verteilte ich gleich zwei Kilo Boilies in unterschiedlicher Formen und Größen großflächig am Rande eines sehr großen Plateaus. Dieses Plateau ist natürlich ein beliebter Platz auf dem so gut wie jeder angelt. Aus diesem Grund wäre es meiner Meinung fatal die Montage wie jeder Andere auch, oben auf dem Plateau zu platzieren. Ich bevorzuge an solch bekannten Spots meinen Hakenköder lieber am Übergang zwischen harten und weichen Boden am Fuße der Kante abzulegen.Nachdem ich die Ruten sauber gelegt hatte, machte ich mir leckere Burger zum Abendbrot und las noch so lange im tollen Werk der Carp Gypsies bis ich die Buchstaben vor Dunkelheit nicht mehr erkennen konnte.Immer diese AalanglerAls mitten in der Nacht meine Funkbox einzelne Töne von sich gab, war ich mir sicher den Aalangler, der ganz in der Nähe mit seinem Boot festmachte, am anderen Ende der Schnur zu haben. Zu meiner Verwunderung war dieser aber schon weg und so dachte ich als zweites an einen Brassen. Dieser Verdacht schien sich zu bewahrheiten, doch als der Fisch an der hier steil verlaufenden Uferkante hängen blieb, kamen mir erste Zweifel. Also Rute hoch und hoffen, dass der Fisch sich löst, was kurze Zeit später auch geschah. Als dann aber das Wasser vor meinen Füßen förmlich explodierte, war mir klar, ein deutlich besseres Kaliber am Band zu haben.Ein Drill auf Biegen und Brechen begann und dann passierte es, mein Kescher viel ganz plötzlich einfach auseinander. Die Bügel rutschen aus den etwas ausgeleierten schon über 20 Jahre alten V-Block. Als ich dann leicht panisch versuchte den Kescher wieder zusammen zu stecken, änderte der Spiegler seine Richtung und schwamm unter einer riesigen alten halb im Wasser liegenden Erle durch. Da es mir in der Hektik und ohne Licht nicht gelang den Kescher zusammenzustecken, nahm ich nur mit dem Netz die Verfolgung auf. Ich quetschte mich auf der Suche nach dem Fisch unter dem Baum und zwischen etlichen Metern dichtes Schilf hindurch.Dabei drohten mir jede Sekunde die Watstiefel von oben mit Wasser vollzulaufen, doch da sah ich ihn ein paar Meter weiter an der Oberfläche zappeln und so bahnte ich mir meinen Weg weiter durch das Schilf. Als ich endlich nah genug heran kam, nutze ich meine Chance und schob das halbwegs gespreizte Keschernetz unter seinen bulligen Körper. Es war geschafft, ohne Licht aber dafür mit jeder Menge Glück.Der Anfang einer SerieDieser Spiegler brachte mich zurück auf die Erfolgsspur und war der erste von vielen schönen Fischen die ich in den folgenden Wochen über den Kescherrand ziehen konnte. Dabei experimentierte ich viel mit Futtertaktiken und befischte alle attraktiv erscheinenden Bereiche des Sees, um mir so mit Hilfe meiner Aufzeichnungen ein Bild über den Karpfenbestand sowie deren Fressrouten machen zu können. Bis in den frühen Herbst hinein, blieb ich am Fisch.Obwohl ich den goldenen Herbst arbeitsbedingt komplett verpasste und auch keinen der ganz dicken Seebewohner fangen konnte, blicke ich mit einem lächeln zurück auf das Jahr 2017:Ich habe viel erlebt, eine Menge gelernt und vor allem Erkenntnisse gewonnen, die mir in den nächsten Jahren enorm weiterhelfen werden. Von daher freue ich mich auf das was kommen mag und wünsche euch einen guten Start in die Saison.Willi WinkelmannSelfmade-Baits