Schock! Kescher weg, Rute weg, Fische weg – und nun? Gefrustet stehe ich bis zu den Knien im Wasser und starre auf die glitzernde Wasseroberfläche, die nach und nach von den Sonnenstrahlen durchleuchtet wird. Dabei hatte ich den Kescher mit den beiden Fischen eigentlich sicher am Ufer fixiert und nur für einen kurzen Moment aus den Augen gelassen. Diesen Morgen habe ich mir ganz bestimmt anders vorgestellt.
Kurzentschlossen laufe ich zurück zum Van, um ein Spinnrute zu holen, die mit wenigen Handgriffen zum Fischretter zweckentfremdet wird. Blei mit großem Drilling dran und ab in die Fluten. Mit zitternden Fingerspitzen ziehe ich die Montage über den Grund, immer in der Hoffnung, die Schnur zu erwischen. Doch das Unterfangen erweist sich schwieriger als gedacht. Der Krautteppich, der unmittelbar am Ufer beginnt, schlingt sich innerhalb von sekundenbruchteilen um die Haken des Drillings und mindern somit die Chance, dass dieser irgendetwas anderes einfangen kann. Wurf um Wurf fächere ich die Wasserfläche vor mir ab, ehe ich nur wenige Meter vor meinen Füßen einen konstanten Druck in der Rute verspüre – es ist tatsächlich der Kescher samt Fischen. Auch meine verloren geglaubte Rute taucht kurze Zeit später wieder auf. Sie muss mit dem Kescher mitgerissen worden sein – mir fällt ein großer Stein vom Herzen! Zuerst fotografiere ich den großen Spiegler, dann seinen kleineren Begleiter. Knapp 24 und knapp 17 Kilo – guter Schnitt soweit!
Mit einer heißen Tasse Kaffee in den Händen genieße ich die Morgenstunden am See und erhole mich von den morgendlichen Strapazen, ehe ich einen neuen Plan schmieden möchte. Eine Idee beschäftigt mich schon seit dem Vortag: Zwei Seen – also See zwei und drei - gleichzeitig beangeln. Bereits am Vortag hatte ich im Nachbarsee einige Karpfen entdeckt und eine Stelle mit Futter präpariert, da beide Seen unmittelbar aneinandergrenzen. Jetzt scheint mir der ideale Zeitpunkt, diesen Platz mit zwei Ruten einen kurzen Besuch abzustatten und parallel auch den dritten und letzten See zu beangeln. Doch so weit kommt es erst gar nicht…
Zunächst wandern dicke 30iger Snowmans ans Haar, schließlich will ich auch an diesem See nichts dem Zufall überlassen. Ein überhängender Busch am gegenüberliegenden Ufer scheint die perfekte Stelle für patrouillierende Fische zu sein und einige Probewürfe später landet meine Montage punktgenau darunter. Rute Nummer 2 schlenze ich hingegen vor die eigenen Füße – womöglich suchen die Fische dort nach dem regelmäßig eingebrachtem Stippfutter.
Ich gönne mir gerade eine kurze Pause im frischen Frühlingsgrün auf einer nahegelegenen Wiese, als ich aus den Augenwinkeln sehe, wie sich die Schnur der Busch-Rute langsam spannt und wieder erschlafft. Fehlbiss? Besser kontrollieren! Gerade als ich die Rute einholen möchte, spüre ich einen Widerstand. Wie ein nasser Sack lässt sich der Fisch in Richtung meines Ufers dirigieren, ehe er schließlich aufwacht und mir Meter um Meter Schnur von der Rolle reißt. Noch etwas benommen von meinem kurzen Erholungs-Nickerchen, springe ich dem Fisch einige Meter am Ufer entgegen, um die plötzliche Flucht abzufedern.
Bereits zu diesem Zeitpunkt steht fest, dass hier wohl einer der Top 3 Fische des Sees am Haken hängt. Aufgeregte Franzosen eilen herbei, um den Tumult aus der Nähe beäugen zu können. Wie groß der Fisch sei, werde ich regelmäßig gefragt. Dem hohen und breiten Rücken nach zu urteilen, rechne ich mit einem guten, wenn auch leeren 40iger – und das aus einem recht überschaubaren Parksee!
Ich kürze an dieser Stelle ab: Alles geht gut und der alte Spiegler gleitet nach bangen Minuten in meinen Kescher. Damit habe ich die letzten Stunden eine ganze Reihe guter Fische gefangen und bin an diesem Gewässer erstmal „satt“. Für wenige Stunden statte ich einem weiteren, überschaubaren Baggersee einen Besuch ab, doch außer einem verlorenen Fisch nach einem wilden Vollrun, kann ich hier keinen nennenswerten Erfolg verbuchen. Für mich steht fest: das Meer ruft! Ende April an der Cote d’Azur aufzuschlagen ist ein echter Traum, den ich mir in den folgenden Tagen erfüllen möchte. Ganz oben auf meiner Wunschliste steht zu diesem Zeitpunkt ein wunderschöner See, der optisch gesehen eigentlich inmitten der afrikanischen Savanne liegen müsste und regelmäßig als Schauplatz von Militärübungen dient. Auch ein alter Spiegler aus einem kleinen Fluss ist mein Zeil. Ob ich diese beiden Wünsche in den kommenden Tagen abhaken kann? Das und viel mehr erfahrt ihr im nächsten Vangling Part!
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