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Carpzilla-News / 10.09.2013

Schmerzempfinden bei Fischen: Der Gegenwind nimmt zu...

In jüngster Zeit rückt die Angelei und besonders der Catch-&-Release-Gedanke, der in Deutschland mehr und mehr Anhänger findet, immer mehr ins öffentliche Licht. Neben einem Spiegel-Online-Interview vom Sonntag (08.09) mit Prof. Robert Arlinghaus, der das Schmerzempfinden von Fischen wissenschaftlich untersucht, wurde gestern Abend (09.09) eine recht polarisierende Dokumentation mit dem Titel "Hobby mit Widerhaken" ausgestrahlt, die ein sehr kritisches Licht auf Angler wirft, die Fische nach dem Fang zurück setzen.

Zur Erinnerung: Deutschland ist eines der ganz wenigen Länder der Welt, in dem das Angeln nur unter dem Fokus der Nahrungsbeschaffung betrieben werden darf. In den meisten anderen europäischen Ländern zum Beispiel ist das so genannte "Catch & Release" gerne gesehen und oft sogar Vorschrift oder Gesetz. Länder wie Holland, Frankreich,England, Schottland, Irland, Italien oder die skandinavischen Staaten haben längst begriffen, wie wichtig eine nachhaltige Angelfischerei und der Schutz von großen Laichfischen für das sensible ökologische Gleichgewicht der Gewässer ist. Das schonende Zurücksetzen stärkt nicht nur die Bestände, sondern sorgt auch dafür, dass angelnde Urlauber gerne ihre Reisen in eben solche Länder planen und damit die Wirtschaft ordentlich ankurbeln.

Am vergangenen Sonntag veröffentlichte Spiegel-Online ein Interview mit Professor Robert Arlinghaus zum Thema "Schmerzempfinden von Fischen". Arlinghaus ist Professor am Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei und der Humboldt-Universität in Berlin. Darin schildert Arlinghaus die Ergebnisse seiner Überblicksstudie, die besagt, dass das Schmerzempfinden von Fischen nicht mit dem von Menschen verglichen werden kann, da die dafür nötigen Hirnstrukturen bei Fischen nicht vorhanden seien.

"Außerdem sind die für das tiefe Schmerzerleben mitverantwortlichen Schadenszeptoren ("C-Nozizeptoren") bei allen Knochenfischen wie Forellen und Karpfen höchst selten, und sie fehlen bei Knorpelfischen wie Haien und Rochen vollständig. Auch zeigen Fische in Versuchen keine oder nur geringfügige Reaktionen auf Einwirkungen, die beim Menschen höchst schmerzhaft wären, und die meisten Schmerzmittel zeigen bei "menschüblichen" Dosen keine Wirkung bei Fischen." Leider wird Arlinghaus von der Mehrheit der Leserschaft, in den Kommentaren zum Interview, für Befangen verurteilt, da er selbst Angler ist. Das Interview aus dem zitiert wurde, ist hier nachzulesen:
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/angelprofessor-robert-arlinghaus-ueber-den-schmerz-der-fische-a-920546.html#js-article-comments-box-pager

Arlinghaus beruft sich im Interview auf seine wissenschaftliche Veröffentlichung, die hier zu finden ist:
http://www.researchgate.net/publication/45950776_Contrasting_pragmatic_and_suffering-centred_approaches_to_fish_welfare_in_recreational_angling

In der NDR-Dokumentation besucht ein Kamera-Team neben einem rein komerziellen Forellensee einen Privat-See, der mit kapitalen Fischen besetzt ist und an dem jeder die Angel auswerfen darf. Das ein Angelschein an solchen "Put & Take" Gewässern nicht notwendig ist, bleibt unerwähnt. Gezielt wird bei den Dreharbeiten nach Anglern gesucht, die wenig bis keine Ahnung vom Umgang mit einem gefangen Fisch haben. Natürlich machen sich die Macher der Dokumentation nicht die Mühe einen Fliegenfischer oder einen passionierten Karpfenangler zu begleiten. Lediglich ein zappelnder Karpfen auf einer Abhakmatte aus einem YouTube-Video wird kurz eingeblendet. Dass darin der fürsorgliche Angler den schonenden Umgang mit dem gefangenen, für den Verzehr viel zu großen Fisch erklärt, bleibt unkommentiert. 

Hier geht es zur Dokumentation "Hobby mit Widerhaken", die gestern (09.09.2013) im NDR ausgestrahlt wurde:
http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/45_min/videos/minuten1059.html

Merkwürdigerweise ist es ein Angler selbst, der diese Dokumentation moderiert und wahrscheinlich auch dafür Sorge getragen hat, wo gefilmt wird und welche Botschaft damit an die Öffentlichkeit transportiert wird. Was sein vor die Kamera gestellter Sohn von einer solchen subjektiven Berichterstattung zukünftig haben soll, bleibt offen und fragwürdig: Der kleine Junge ist bereits selbst leidenschaftlicher Angler. 

 
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