Zweifelsfrei sind Köder das wichtigste Gut, das wir als Angler erwerben können! Deswegen wollen wir aus der Carpzilla-Redaktion uns der Herausforderung stellen und auch hin und wieder eine Boilie-Sorte in den Langzeittest aufnehmen. Während des Versuchs stellte es sich als etwas schwierig heraus, der angedachten Struktur für unsere Härtetests zu folgen.
Wir brechen deswegen ein bisschen mit dem bisherigen Konzept und schildern den Test in „Session Logs“, also kurzen „Tagebucheinträgen“. Denn im Gegensatz zu einem „Tackle-Test“, spielen die vorherrschenden Umstände am Wasser für den Köder eine wesentlich größere Rolle. Angelgerät sollte unter allen Umständen gleich gut funktionieren, von einem Köder kann man das unmöglich verlangen. Dennoch haben wir es gewagt und uns an einen ersten Boilie-Härtetest gemacht!
Testdaten:
- 50kg DeLiver Boilies in 24mm Durchmesser
- Hersteller MTC Baits
- Preis: zwischen 6,8 und rund 8 Euro/Kilo, je nach Abnahmemenge
- Tester: Mark Dörner
- Testdauer: 7 Sessions in 9 Monaten zwischen September 2014 - Mai 2015
- Gewässer: Stausee, Kanal, Baggersee
Erster Eindruck:
Die MTC DeLiver Baits kommen in 2,5 Kilo Tüten. Beim Öffnen der Tüte strömt einem eine „Wand“ an Gerüchen entgegen, die sich nur schwer zuordnen lassen - ähnlich einem komplexen Wein, der seine Vielfalt an der Luft erst entfalten muss. Es riecht fischig, würzig, krabbig, erdig, sämig und wie der Name verspricht, durchzieht eine Leber-Note alle diese Eindrücke. DeLiver riecht und schmeckt dabei durchweg natürlich und deswegen fängig! Ich hatte ab der ersten Minute einen guten Eindruck und keine Bedenken dabei dem Köder eine Chance zu geben. Wenn ihr euch bei einem Köder so fühlt – probiert ihn aus, denn vertrauen ist das A und O!
Zu den 50kg Baits kam in meinem Fall etwas Zubehör zum „Pimpen“, zum einen Liquids, zum anderen ein Eimer voller Trockenmix. Digested Liver und ein sogenanntes Krill Hydroisolate, das mir besonders gut gefiel. Beide Liquids erschienen unverdünnt und gehaltvoll. Der „Allround Savoury Stickmix“, der Beifutter, Stickmix oder zum Ummanteln der Boilies verwendet werden kann, weckte durch seine sämige Konsistenz und Würze ebenfalls Interesse. Dazu gab es außerdem noch allerlei an Spezialitäten wie Hookbaits Pop Ups und Hookbaits Dips.
Das Sortiment scheint gut durchdacht und alle Komponenten passen gut zusammen. Ich war hochmotiviert die Sachen auszuprobieren.
Verarbeitung und Ausstattung:
Die Struktur des DeLiver Boilies ist recht grob und somit offen, was dazu führt, dass die Attraktoren im Inneren des Köders sehr gut auswaschen. Der Köder zieht unter Wasser schön von außen nach innen durch, wobei der Kern eher stabil bleibt und die äußerste Schicht schon nach ca. 8-12h recht einfach abzuschmieren ist. Dennoch hält der Boilie locker bis zu 24 Stunden am Haar.
MTC liefert ihre Baits immer frisch gerollt und unkonserviert aus. Wer will, kann sich die Baits „vakuumiert“ liefern lassen. Dank dem einzigartigen Modified Atmosphere Packaging (MAP) einem Verfahren in dem Sauerstoff aus der Tüte entfernt und Stickstoff zugefügt wird, entsteht eine Schutzatmosphäre in der Tüte und die die MTC Baits bleiben so ca. 3-4 Wochen lang wie frisch abgerollt! Wer die vakuumierten Köder länger aufheben möchte, friert sie am Besten ein oder salzt sie. Achtung, es bietet es sich nicht an, die vakuumierten Köder direkt einzufrieren, um später am Wasser länger von dem MAP-Verfahren zu profitieren, da das Einfrieren die aufgebaute Schutzatmosphäre leider zerstört!
Zusammensetzung:
LT-Fischmehl
Predigested Fischmehl
Beerentang (japanische Algenart)
Prosecto Haith's
Robin Red Haith's
Leberpulver
Liquid Digested Liver
Praxistest/Session Logs:
1.Session: September, Frankreich, Stausee:
Das unglaubliche Ergebnis, nach dem ersten Einsatz: 5 Tage, 2 Angler, 20 Fische. Zugegeben, erst einmal ist das nichts ungewöhnliches, doch betrachten wir die Gewichte: Bei 4x 22kg+, 19,6kg, 19,5kg, 19,2kg, sowie weiteren 9 Fischen über 15kg, wird uns schnell klar - da ist etwas im Busch. Entweder haben die Jungs „an ´nem Puff“ geangelt oder da war verdammt viel Glück im Spiel! Letzteres war der Fall. Doch Glück ist oft relativ, besonders beim Angeln.
Schauen wir uns die Umstände also einmal genauer an. Mein Kollege und ich waren an einem stark beangelten öffentlichen Gewässer unterwegs, an dem man auch gut blanken kann. Es handelte sich dabei um einen viele Hundert-Hektar großen Stausee in Frankreich. Die Umstände vor Ort waren nicht ideal und wir rechneten nicht mit vielen Bissen. Dementsprechend gaben wir uns natürlich größte Mühe alles so genau anzugehen, wie nur möglich: Platzssuche, Rigs und unser taktisches Vorgehen wurden genauestens geplant. Nichts wurde dem Zufall überlassen.
Tatsächlich ließ der erste Biss über 12 Stunden auf sich warten. Doch danach ging es Schlag auf Schlag. Es schien, als würden sich die Fische regelrecht auf unseren Stellen festsaugen – oder sattfressen? Es begann ein furioses Wechselspiel aus drillen, neu legen, Rigs nachbinden usw.
Die Bisse kamen oft schubweise und natürlich nicht ganz unabhängig von Wind und Wetter, wie das in großen Stauseen nun mal so ist! Aber eines war klar: den Fischen schmeckte es gewaltig!
Wir wollen bei der Wahrheit bleiben: Dieses sensationelle Ergebnis nur auf die Köder zu schieben wäre reine Übertreibung. Wir hatten unsere Hausaufgaben richtig gemacht und gut geangelt – doch die Köder schmeckten den Karpfen scheinbar wirklich sehr gut, denn ein solches Ergebnis ist nicht die Normalsituation an diesem Gewässer.
Kein Wunder also, dass wir völlig aus dem Häuschen waren und unsere Witze mit dem Ködernamen trieben: „Oh, da wird wieder deLivert!“„Ich erwarte jetzt aber eine große Lieferung“ und viel weiterer Unsinn dieser Art, ertönte an diesen frohen Tagen am Ufer, wenn der Bissanzeiger pfiff und im Boot, wenn wir drillten!
Leider kostete der Fangrausch mich fast die Hälfte meines Boilievorrates: 20 Kilo waren weg – beschweren wollte ich mich darüber nicht!
2. Session: Oktober, Deutschland, Kanal-Langzeitplatz:
Normalerweise fische ich am Kanal gerne über einige Wochen hinweg, um wirklich sagen zu können, ob die Fische auf einen Köder abfahren oder nicht. Der dauerhafte Erfolg auf der offenen Strecke steht und fällt nicht selten mit dem richtigen Futter und der passenden Taktik. Zu Beginn des Tests hatte ich mir bereits einen solchen Platz aufgebaut – mit bewährten Fischmehlboilies, auf die die Karpfen voll und ganz abfuhren.
Ich wollte wissen, ob die DeLiver Köder auf meinem Angelplatz, den seit Wochen etablierten Ködern das Wasser reichen konnten. Also fischte ich sie auf meinem Futterplatz mit einer Rute Parallel zu dem bereits etablierten Futter. Dazu fütterte ich stets einige wenige „Hände“. Ich mache es kurz: DeLiver fing ähnlich gut! Auf einem Platz, auf dem sich die Fische schon länger auf einen bestimmten Köder „eingeschossen“ haben, ist das ein gutes Zeichen!
3. Session: Oktober, Deutschland, Kanal - 3x gefüttert:
Nun wollte ich es genauer wissen! Denn das Ergebnis auf dem Futterplatz erschien mir nicht besonders repräsentativ – zu viele Faktoren spielten da mit hinein, der wichtigste war, dass die Fische dort sowieso immer fraßen. Um zu sehen, wie schnell die Fische im Kanal auf „DeLiver“ ansprangen, fütterte ich einen neuen Platz drei Tage lang mit je 3 Kilo vor – ich bekam dort tatsächlich zwei Bisse in nur 5 Stunden und verlor blöderweise beide Fische: Einmal festgeschwommen, einmal Vorfach schon im Biss geknallt! Ich bin zwar nicht stolz drauf, aber der Kanal kann ein echtes Arschloch sein - that’s Life! Es war der mit Abstand frustrierendste Kurzansitz meines ganzen Herbstes. Aber eines kann ich mit Sicherheit sagen: An den Ködern lag es nicht! Dennoch hatte ich 9 Kilo Futter für die Katz hineingeschmissen - schade drum...
4. Session: Oktober/November, Frankreich, Stausee:
Das Jahr neigte sich dem Ende zu und ich hatte noch ca. 16/17 Kilo Boilies übrig. Leider hätten die Bedingungen kaum schlechter sein können. Sonne, viel zu warm für Ende Oktober und Ententeichwetter. Eines dieser späten Hochs, bei denen jeder Nichtangler verständnislos den Kopf schüttelt, wenn man übers Wetter klagt! Der See saß zu allem Übel auch noch voller Angler. Aber ich biss mich durch und fing meine Fische. In dieser schwierigen Woche, brachte es DeLiver auf immerhin fünf Fische! Darunter der perfekte Saisonabschluss mit knapp unter 24 Kilo.
Aufmerksame Leser ahnen es schon: Es handelt sich um die Session, die ich ausführlich in unserem tollen Buch Vom Wasser 2 beschrieben habe.
5. Session: April 2015, Deutschland, Kanal - instant:
Da mich die Session in Frankreich nur wenige Kilos gekostet hatte, blieb mir noch ein fast volles Trockennetz um mich im Frühjahr 2015 auszutoben. Die Baits wanderten nun schon zum 3. Mal in die Gefriertruhe - sicher nicht der Idealzustand, aber ich denke bei unkonservierten Ködern muss man das hinnehmen.
Ich startete mit ein paar kurzen Ansitzen am „Sport-Boot-Hafen“ - meinem Hausplatz. Dort angelte ich auf der einen Rute einen Köder, den ich schon in den Jahren zuvor dort sehr erfolgreich eingesetzt hatte und auf der anderen DeLiver. Auf beide Ruten bissen einige Fische, keine Riesen – aber es war eine tolle Instant-Angelei, ohne großen Aufwand. Und DeLiver funktionierte genauso gut, wie der andere Köder meines Vertrauens – ich hatte nichts anderes erwartet!
6.+7. Session: Mai, Deutschland, Baggersee-2-Tages-Session:
Zum großen Finale wollte ich mich mit meinen spärlichen Resten von 5 oder 6 Kilo einem Gewässer stellen, dass das ganze Jahr über ziemlich hart beangelt wird. Die Fische sind mit allen Wassern gewaschen. Nicht wenige sagen der Köderqualität himmelweite Unterschiede im Fangerfolg nach. Ich war mir sicher, dass DeLiver auch an diesem Gewässer seine Konkurrenzfähigkeit beweisen würde.
Die letzten 5 oder 6 Kilo Boilies wurden mit dem letzten Rest meines Krill Hydroisolats und Digested Liver begossen, der Savoury Stickmix flog hinterher in den Eimer. Gut geschüttelt und einen Tag lang stehen gelassen – nun war die Attraktion fertig: ein Top attraktiver, nahrhafter Köder aus rein natürlichen Zutaten.
Ich mache es kurz: Mein Vorrat reichte gerade so für zwei 2-Tages-Sessions. Das Ergebnis spricht für sich: 11 Fische in 5 Nächten, keiner unter 11kg, dafür waren Exemplare von 14,2kg, 14,9kg, 16,7kg, 17,2kg dabei und sogar zwei wundervolle Fische über der 20-Kilo-Marke wurden „geliefert“!
Verbesserungsvorschläge:
Wenn überhaupt möglich, würde ich mir einen etwas härteren Köder wünschen, den man bis zu 48h am Haar angeln kann und an dem sich „Mitesser“ schnell die Zähne ausbeißen. Deliver wäre dann für mich der absolute Allround- und Big-Fish-Köder. Aber sicher würde er dann von seiner Attraktivität einbüßen – also schwierig, denn die eierlegende Wollmilchsau gibt’s nun mal nicht!
Pros:
- Wäscht gut aus, prima als Instant-Köder geeignet
- Schmeckt und bekommt Fischen, gut für längere Einsätze geeignet
- Guter Allround-Köder
- Top-Preis-Leistungsverhältnis, ab 6,8€ zu haben
- Funktioniert auch unter schwierigen umständen sehr gut
Cons:
- Kein resistenter Köder, der sich besonders für Gewässer mit Katzenwels-, Krebs- oder Grundel-Plagen eignet. (Boilie-Schrumpfschlauch kann natürlich Abhilfe schaffen!)
Resümee:
DeLiver ist in meinen Augen ein perfekter Allround-Köder! Er funktioniert einwandfrei als Instant-Boilie, entfaltet seine Wirkung aber besonders auch während längeren Sessions. Den Köder kann man mindestens 12h und auch bis zu 24h bedenkenlos am Haar lassen. Die Bissanzahl stieg bei allen Sessions mit diesem Köder an, umso länger ich ihn einsetzte und das an drei völlig unterschiedlichen Gewässern, zu verschiedenen Zeiten und Bedingungen, die allemsamt ihre Tücken hatten. Ich konnte deutlich merken, dass dieser Köder die Fische nicht nur lockt, sondern ihnen auch schmeckt und bekommt! Der Köder ist definitiv empfehlenswert, denn 47 Fische mit einem Gesamtgewicht von 640Kilo auf „nur“ 50Kilo Boilies sprechen für sich.
Erwähnte Extras der Köderrange:
Krill Hydrolisaat Liquid
Preis: 13,95-10,45, je nach Abnahmemenge
Digestet Liver Liquid,
Preis: 7,45€-9,95€, je nach Abnahmemenge
Allround Savoury Stick & Bag-Mix
Preis: 7,45€-9,95€, 7,95€ - 5,95€ je nach Abnahmemenge
Hier geht es zum DeLiver Boilie im Online-shop von MTC Baits:
http://www.mtcbaits.de/winkel/freezerbait_und_zubehor/liver/
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