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27.03.2019
Christoph Siegersma: Der Sturm zum PB
Die großen Spätwinterstürme haben vielerorts großen Schaden angerichtet, doch sie haben auch viele Angler glücklich gemacht. Denn der Wind hat das Wasser - und damit seine Bewohner - in Bewegung gesetzt. Wer sich bewegt, verbraucht Energie und frisst! Christoph Siegersma verhalf ein Sturm, der ihm beinahe sein Bivvy kostete, zum PB in Form seines ersten Fisches in 2019!Location-RundeEigentlich begann alles wie üblich, donnerstags machte ich mich mit meinem Angelkollegen auf den Weg zu unserem Hausgewässer mit ca. 15 Hektar Wasserfläche. Wir schauten nach sich zeigenden Fischen, konnten jedoch – sicher nicht unüblich für Anfang März – keinerlei sichtbare Anzeichen für Fischaktivität erkennen. Uns fiel aber ziemlich schnell auf, dass ein starker Südwestwind wehte und ein Blick aufs Barometer verriet, dass ein Tiefdruckgebiet auch noch übers Wochenende anhalten sollte. Es waren orkanartige Windböen von bis zu 120km/h aus südwestlicher Richtung vorhergesagt. Wir waren uns einig: ab ans Wasser!Mitten im Wind!Am Folgetag wählten wir unseren Angelplatz strategisch gut aus – im Wind natürlich – und verteilten unsere Ruten in verschiedenen Distanzen vom Ufer. Ich fischte auf einer Distanz von 40 Metern mit beiden Ruten in einer Tiefe von ca. 1,80 m. Obwohl meine Ruten beide ziemlich nah beieinander lagen setzte ich auf zwei verschiedene Taktiken. Eine platzierte ich mit einem halbierten weißen Boilie und einem halben orangen Pop Up am IQ D-Rig und die andere Rute mit einem pinken Poppy am Chod Rig nur ca. 10 Meter daneben. Die Snowman-Rute fütterte ich trotz des gewissen Risikos in dieser Jahreszeit mit relativ viel hochattraktivem Futter und verzichtete bei der anderen komplett auf Futter. Alles gebenIn der Nacht machte uns der Wind wirklich zu schaffen. Und sie verging erfolglos, doch im ersten Tageslicht verließ ich das Zelt, schaute mir bei einem Kaffee den See an und wusste, es muss klappen! Der Wind blies mir mit schätzungsweise 80km/h frontal ins Gesicht und der Geruch von regennassem Boden stieg mir in die Nase. Mein Partner musste schon früh das Camp für ein paar Arbeitsstunden verlassen. Dann passierte es: STURM XXL! Ich packte die Wathose ins Zelt, fixierte den Kescher an einem Gebüsch und klemmte die Abhakmatte zwischen zwei Bäume. Der See begann, Wellen zu schlagen wie ich sie nie zuvor an diesem Gewässer zu Gesicht bekam. Der Regen und der Wind entwickelten sich zu einem immer stärker werdenden Unwetter. Ich fütterte trotz der erfolglosen Nacht noch vor dem größten Unwetter und solange es der Sturm zuließ nach, verdoppelte sogar die Menge an Futter. Die Bedingungen riefen einfach danach. Auch wechselte ich die Farbkombination des Snowmans und brachte die Rute neu aus. Nun saß ich da, alleine in meinem Brolly mit der Sorge, dass der Wind mir gleich meine Unterkunft raubt. Biss, tatsächlich Biss!Doch die Sorgen verflogen schnell: Gerade mal 10 Minuten nach dem Auslegen der Rute meldete sich der Bissanzeiger und diesmal war ich mir sicher, dass es nicht der Wind sein konnte. Als ich an der Rute ankam sah ich, wie die Schnur wie in Slow Motion die Spule verließ. Beim Anschlag wusste ich kaum, ob es sich um einen Fisch handelt oder ein Hindernis. Doch dann kam der erlösende Kopfschlag und ich wusste, es muss ein richtig guter Fisch sein! Bei all der Aufregung bekam ich gar nicht mit, dass über mir der Sturm immer schlimmer wurde und der Regen auf mich prasselte wie aus Eimern. Mit der Rute in der Hand ging ich rückwärts zum Camp und sammelte die fixierten Sachen, die ich zur Landung brauchte, ein. Als dann alles bereit stand stieg ich ins Wasser und ein Drill begann, den ich nie wieder vergessen werde. Trotz Angst um mein Wohl versuchte ich 100 Prozent Konzentration zu bewahren. 24,4 Kilo, erster 2019, Zielfisch & PB: krass!Ohne große Gegenwehr kam gute 10 Meter vor mir der Fisch hoch und ich traute meinen Augen nicht. Ich wusste sofort, dass es sich um meinen Zielfisch 2019 handeln musste, so irre das jetzt klingt. Die Merkmale erkannte ich noch nicht im Detail, aber ich wusste es einfach! Es gibt dort keinen anderen Fisch, der diese Größe aufweist. Nach weiteren bangen Minuten stand er vor mir im Kescher und ich konnte nicht anders als klatschnass und durchgefroren einen Freudenschrei loszulassen, der mich durch Heiserkeit noch Tage danach begleitete. Kurz nach dem Fang dieses Fisches wurde mir bewusst, dass ich gerade den schwersten Karpfen des Gewässers gefangen hatte. Dazu kommt noch, dass es wirklich mein Zielfisch war und sogar mein erster Karpfen 2019! In diesem Moment traf mein Angelkollege wieder ins Camp ein. Sofort sagte er, dass ich die Waage holen soll denn es muss mein PB sein. Darüber hatte ich bisher noch nicht nachgedacht. Also, ich hob die Waage und mein Partner schaute auf die Ziffer: 24,4 Kilogramm rief er und ich musste es selber sehen, um es zu glauben. Tatsächlich es war der Sturm zu meinem PB!Weg hier!Am Folgetag drehte der Sturm unser Camp auf links. Mein Zelt flog vor meinen Augen davon , Bäume hinter uns brachen ab und einen stützten wir durch eine Leiter, da er sonst uns getroffen hätte. Wir waren heiß, wollten das Unwetter voll ausnutzen, doch irgendwann siegte dann endlich die Vernunft und wir packten – den Blick auf die sich bedrohlich biegenden Bäume gerichtet – unsere sieben Sachen. Ein in jeder Hinsicht unvergessliches Wochenende...