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17.05.2018
Sascha Kral: Safety First #3 - Sicherheit am Angelplatz
Immer wieder kommt es zu tragischen Unfällen beim Karpfen- und Welsangeln. Für Sascha Kral, der seit über 20 Jahren für seine Angel-Touren durch Europa reist, sind solche Ereignisse aber auch eigene kritische Erlebnisse ein Anreiz, die Sicherheit am Wasser zum Thema zu machen. In seiner Serie Safety First wird er euch umfangreiche Einblicke in die wichtigen Sicherheitsvorkehrungen beim spezialisierten Angeln geben…In Teil 1 und Teil 2 beschäftigte sich Sascha hauptsächlich mit der größten Gefahrenquelle - dem Boot. In diesem, dritten Teil geht es zurück ans Ufer und Sascha erzählt euch das wichtigste zum Thema Angelplatz:Am Angelplatz angekommen kann das Angeln endlich beginnen und die Seele entspannt werden. Doch auch am vermeintlich sicheren Ufer lauern Gefahren, die ich euch in diesem Teil aufzeigen möchte…Wenn das Wasser steigtBei steigendem Wasser solltet ihr ein besonderes Augenmerk auf die Befestigung eures Bootes haben. Ein Rutenhalter als Befestigungspunkt, den ihr z.B. auf einer trockenen Stelle als ausreichend stabil erachtet, verliert wenn er durch steigendes Wasser plötzlich im Wasser steht, deutlich an Haltekraft und kann euer Boot dann gegebenenfalls nicht mehr ausreichend halten.Wenn sich durch steigendes Wasser die Strömung im direkten Uferbereich eventuell auch noch ändert oder stärker wird, steht ihr womöglich plötzlich ohne Boot da. Stellt euch jetzt noch dazu vor, dass sich euer Spot auf einer Insel befindet... nachts, bei schlechtem Wetter und Kälte... Richtig, eine solche Situation kann schnell ins Auge gehen.Bekannte haben am Po oder beim Karpfenangeln in Frankreich schon häufiger plötzlich ohne Boot am Ufer gestanden. Oft gelingt das Wiederfinden nur mit Glück, fremder Hilfe oder durch ein zweites Boot, das man natürlich nicht immer dabei hat.Gefährliche NaturuferGerade am Po, Doubs, Saone oder anderen nur teilweise begradigten Flüssen ist das Angeln am Naturufer mittlerweile sehr beliebt geworden. Bei steigendem Wasser solltet ihr euch dabei allerdings genau das hinter euch liegende Steilufer anschauen. Wenn der Boden durch ständigen Regen aufgeweicht wurde, brechen regelmäßig große Uferstücke aus der Böschung ins Wasser.Einem Guide eines Wels-Camps wurde schonmal fast das komplette Boot unter einer abgerutschten Uferböschung begraben. In stundenlanger Handarbeit hat er zusammen mit seinen Gästen damals den Bug des Guiding-Bootes wieder freigeschaufelt. Deshalb gilt ein großes Augenmerk in Punkto Sicherheit auch der Platzwahl am Ufer.Auch der stärkste Baum bricht irgendwann!Wenn ihr euch für einen bestimmten Uferplatz entschieden habt, dann nehmt euch kurz Zeit und prüft den Spot auf mögliche Gefahrenquellen wie große, morsche Bäume oder Äste, die bei Sturm abbrechen und umstürzen können. Einer meiner Karpfenangler-Kollegen wurde vor ein paar Jahren bei einer Frankreichtour fast von einem Baum erschlagen.Die Zelte wurden im Schutz der großen Bäume aufgebaut. Weder er noch sein Kollege hatten beachtet, dass die Bäume extrem morsch waren und dadurch eher eine Gefahr als ein Schutz vor dem aufziehenden Unwetter waren.Beim aufkommenden Sturm ist einer der Bäume komplett abgebrochen und hat das Zelt unter sich begraben. Mein Bekannter konnte noch zur Seite springen, wurde aber trotzdem von einem sehr großen Ast getroffen.Mit mehreren Knochenbrüchen lag er eingeklemmt und bewegungsunfähig unter dem umgestürzten Baum. Sein Kollege war zum Glück unverletzt und konnte Hilfe organisieren.In einer mehrere Stunden dauernden Rettungsaktion wurde der arme Kerl geborgen und ins nächste Krankenhaus eingeliefert. Dort wurden insgesamt neun Knochenbrüche festgestellt - seine Genesung dauerte mehrere Monate. Die Angelsaison war damit natürlich gelaufen!Von Pfützen zu SturzbächenVor allem bei schlechtem Wetter solltet ihr besonders darauf achten, wo genau am Spot ihr eurer Zelt aufbaut. In Rinnen und Senken sammelt sich bei Starkregen schnell Wasser und euer Camp steht plötzlich in einer riesigen Pfütze oder wird durch einen Sturzbach durchquert.Das alleine ist ja noch nicht unbedingt besonders schlimm, aber problematisch kann es werden, wenn euer Tackle unter eurem Bedchair abgesoffen ist, eure Klamotten völlig durchnässt und der Kocher, der noch zum Trocknen hätte verwendet werden können, seinen Geist auf der ungewollten Tauchfahrt aufgegeben hat.Mit der Nässe kommt die UnterkühlungIn unseren Breitengraden können nur die Sommermonate ausreichend warm sein, um bei diesem Szenario nicht in eine lebensbedrohliche Lage zu kommen. In einer Situation wo ihr, warum auch immer, mit teilweise oder komplett durchnässtem Klamotten und im - Worst Case - nassem Schlafsack am Wasser seid, ist die oberste Priorität der Erhalt der Körperwärme. Eine Unterkühlung ist in drei Stufen eingeteilt:In der 1. Stufe versucht der Körper Wärme in Form von zittern zu erzeugen. Die Temperatur der Extremitäten kann bis 32 Grad absinken. Der Blutaustausch im Körper findet dann schon so gut wie nicht mehr statt.Spätestens bei der 2. Stufe wird es für uns am Wasser, ohne Hilfs- und Rettungskräfte, extrem kritisch. Das Zittern hört auf, Reflexe werden abgeschwächt und das Bewusstsein trübt sich immer mehr ein.Die 3.Stufe spare ich mir... Jeder hat sicher schon eine Situation erlebt, in der nahezu das letzte Kleidungsstück durchnässt war. Das kann schon mal passieren, wenn man lange Zeit draußen unterwegs ist.Bitte unterschätzt Kälte und Feuchtigkeit nicht, wenn ihr fernab der Zivilisation seid. Wasserdichte Taschen und Packsäcke sind keine Luxus-Ausrüstungsgegenstände, sondern können eine Tour retten und vor Krankheit und Unterkühlung bewahren.Feuchte Weihnachten am CassienIch kann mich hier noch sehr gut an eine Tour mit meinem Freund Andy Scherf erinnern. Wir waren über den Jahreswechsel für drei Wochen in Südfrankreich am Lac de Saint Cassien.Es hatte bereits zwei Tage ununterbrochen geregnet und gestürmt. In einer kurzen Regenpause entschieden wir uns einen neuen Platz im Steilufer zu beziehen. Als wir gerade mit dem Aufbau unserer Zelte fertig waren, fing es auch schon wieder an zu regnen. Als wir mit den Ruten fertig waren, wurde es dann auch schon langsam Zeit für unser verdientes Weihnachtsessen. Wir hatten den 24.12. und saßen zusammen in einem unserer Zelte und philosophierten über den Verlauf unserer weiteren Tour.Im Laufe des Abends stellten wir fest, dass der Wasserstand seit unserer Ankunft bereits um 10-15 cm gestiegen war. Als wir uns zu späterer Stunde dann in die Schafsäcke legten waren weitere 10-15cm hinzugekommen. Wir rechneten kurz hoch wie weit das Wasser bis zum nächsten Morgen noch steigen könnte - sollte passen!Im Schlaf überraschtWir legten uns in die Schafsäcke, stellten aber sicherheitshalber den Wecker. Gegen 4 Uhr in der Frühe wurde ich durch eine starke Windböe geweckt und stellte mit Erschrecken fest, dass das Wasser mittlerweile bis an den Eingang meines Zeltes gestiegen war.Ohne Watstiefel war der Weg zu Andys Zelt schon nicht mehr möglich. Ich weckte Andy durch lautes Rufen und wir diskutierten kurz unsere Möglichkeiten, um den Rest der Nacht zu überstehen.Abbauen und moven war bei Sturm und Dunkelheit keine Option. Da wir im Steilhang saßen, konnten wir auch nicht weiter nach hinten ausweichen, da war nur Steilhang. Wir hatten daher keine andere Wahl als das notwendigsten so wasserdicht wie möglich zu verpacken und zu warten, dass es endlich hell werden würde.Wir saßen im strömenden Regen in unseren Regenklamotten zusammengekauert auf unserem notdürftig verpacktem Tackle, beobachteten den stetig weiter steigenden Wasserstand und warteten. In der Morgendämmerung klarte der Himmel auf, Regen und Wind wurde deutlich weniger. Wir waren mittlerweile komplett durchnässt und durchgefroren.Nachdem wir die Boote leergeschöpft hatten, movten wir mit völlig durchnässtem Tackle zum nächstmöglichen Spot, dem Kühlschrank. Der Platz hat seinen Namen nicht umsonst, dort kommt im Winter nicht ein einziger Sonnenstrahl hin.Mit unseren Coleman-Kochern trockneten wir über mehrere Tage unsere Klamotten. Der Rest der Tour ist Geschichte, denn wir wurde für unsere Strapazen noch mit tollen Fischen belohnt. Dennoch, um ein Haar hätte auch diese Situation ins Auge gehen können.Was tun, wenn es kalt wird?Wie ihr seht kann aus einer eigentlich sicheren Situation schnell eine Notlage werden. Völlig durchnässt und ungünstiger weise noch bei Wind kühlt unser Körper extrem schnell aus. Um den Verlust von Körperwärme möglichst gering zu halten, solltet ihr in einer Notlage verschieden Dinge beachten:Möglichst Windstille Bereiche aufsuchen.Nasse Klamotten ausziehen/vermeiden.Gegebenenfalls Rettungsdecke verwenden.Achtung: Eine Rettungsdecke sollte nicht direkt auf der Haut verwendet werden, in diesem Fall würde die Isolationsschicht fehlen.Unterschätze FunktionskleidungDes Weiteren rate ich euch dringend von der Verwendung von Baumwolle/Leinen oder Jeansstoffen ab. Diese Materialien sind, wenn einmal nass geworden, am Wasser unter schlechten Bedingungen kaum mehr trocken zu bekommen und daher für uns als Wärmespender eigentlich unbrauchbar.Stattdessen solltet ihr auf Funktionskleidung setzen. Viel wichtiger ist es aber bereits im Vorfeld darauf zu achten, dass wichtige Ausrüstungsgegenstände, Kleidung und Schlafsack gut und wasserdicht verpackt sind.Wasserdichtes EquipmentZum richtigen und wasserdichten Verpacken empfehle ich euch an dieser Stelle auch nochmal wasserdichte Taschen, Rollsäcke oder Zarges-Boxen, sowie Peli-Cases für empfindliche Ausrüstung. So könnt Ihr mit eurem Tackle indirekt auf eure Sicherheit Einfluss nehmen.Sascha KralDas waren wieder ziemlich viele interessante Informationen zum Thema Sicherheit beim Angeln! Im vierten Teil geht Sascha Krahl weiter auf das Wetter und die Gefahren ein, die es mit sich bringen kann. Seid gespannt - schon bald gibt es Teil 4 hier auf Carpzilla.Alle Teile der Safety-First-Serie, die bisher erschienen sind, findet ihr hier:https://www.carpzilla.de/mag/tags/safety-first