Interview
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01.03.2020
Schneefoto mit 33,5-Kilo-Karpfen im Februar? Oscar Brugger im Interview
Ein Schneefoto mit einem gewaltigen Schuppenkarpfen von deutlich über 30 Kilo? Sowas fällt uns auf bei Instagram und da wollen wir mehr wissen! Vor allem, wenn der Fisch auf dem Bild auf den Armen eines Carpzilla-Freundes liegt: Oscar Brugger aus Südtirol ist der italienische Marketing Manager bei Korda und angelt hauptsächlich kurze Touren im In- und Ausland. Christopher Paschmanns hat ihn gefragt, wie und wo er sich diesen Ausnahmefisch abgeholt hat.Christopher: Lieber Oscar, danke, dass du dir für dieses Interview Zeit nimmst! Und erstmal einen fetten Glückwunsch zu diesem irren Fang! Gib unseren Lesern doch mal ein paar Fakten zu deiner Person.Oscar: Vielen Dank, Paschi! Ein herzliches Hallo an die Carpzilla-User! Mein Name ist Oscar Brugger, ich bin 27 Jahre alt und komme aus dem wunderschönen Südtirol (Italien). Deshalb spreche ich neben Italienisch und Englisch auch fließend Deutsch. Wie Du bereits erwähnt hast, bin ich beruflich bei Korda Europe tätig, als Marketing Manager für Korda Italien. Christopher: Und jetzt zum Fisch: War es ein Zielfisch für dich? Wusstest du von der Existenz dieses Tieres? Woher stammt er?Oscar: War es ein Zielfisch? Nein, das muss ich ganz ehrlich sagen. Aber natürlich fährt man nicht 700 km, um kleine Fische zu fangen, sondern mit dem Ziel die richtig Dicken zu überlisten. Zur Existenz dieses Schuppenkarpfens möchte später im Interview etwas sagen…Die Geschichte dieses Fisches beginnt im November 2019, genauer gesagt am Flughafen London Stansted. Nach der Korda Weihnachtsfeier bin ich zusammen mit dem kroatischen Außendienstmitarbeiter Hrvoje und seinem besten Kumpel Dalibor zum Flughafen gefahren, denn unsere Flüge hatten ungefähr dieselbe Abflugzeit. Beim Abendessen haben mir die beiden von einem See in Kroatien erzählt, der sehr wenige Fische hat, aber dafür einige sehr kapitale, welche oftmals im Winter gefangen werden. Das hat mich natürlich neugierig gemacht, denn ich liebe Winterangeln und war mir zu diesem Zeitpunkt noch nicht ganz klar was ich den kommenden Winter machen wollte. Als mir Dalibor ein Foto eines 31kg schweren, perfekten und makellosen Schuppenkarpfens auf seinem Handy gezeigt hat, welchen er im Jänner 2017 gefangen hat, war ich verliebt... Ich wollte mehr über diesen See wissen und habe alle Informationen wie ein Schwamm aufgesaugt... In wenigen Worten: ein Baggersee, der glasklares Wasser und stark abfallende Kanten hat, an manchen Stellen 30 Meter tief ist, wenige Fische beherbergt und sehr launisch sein kann. Die idealen Temperaturen im Winter sollten wenige Plusgrade bei Tag und -2 bis -4 Grad in der Nacht sein. Genau bei solchen Temperaturen wurden die meisten großen Fische an diesem See gefangen, so war es auch bei Dalibor als er seinen 31kg Karpfen fing. Mit diesem Wissen haben ich meinen Kollegen Hrvoje beauftragt, mich anzurufen sobald das ideale Wetter eintrifft. Circa 2 Monate später war es dann soweit...Christopher: Nimm uns mal mit in deine Session. Wie bist du die Planung angegangen, warst du alleine unterwegs und was erwartete dich vor Ort?Oscar: Ich war natürlich ständig in Kontakt mit Hrvoje und einige Wochen vor Anreise hatte ich die Herangehensweise schon durchdacht und vorbereitet. Mehr oder weniger war alles eigentlich startklar. Ich hatte einen Plan und wusste wie ich an die Sache herangehen mochte. Ich musste nur auf das richtige Wetter warten. Mitte Jänner war es soweit und als ich am See ankam konnte ich den See gar nicht sehen. Ich sah ihn eigentlich die ganze Woche nicht aufgrund einer sehr dichten Nebeldecke. Hrvoje, welcher die 1. Nacht mit mir angelte, führte mich um den See und erklärte mir einige Dinge. Schließlich haben wir eine zentrale Stelle gewählt wo wir viel Wasser vor uns hatten und demnach viele Angelmöglichkeiten. Christopher: Wie bist du die Sache taktisch angegangen? Ich meine, wir reden vom tiefsten Winter, auch in Kroatien! Viel Futter, kleine Falle?Oscar: Ich wusste, dass der 31kg Karpfen von Dalibor auf einen pinken Pop-Up in Squid Supreme Goo gesoakt gefangen wurde. Pinke Pop-Ups im klaren Wasser - das passt wie die Faust auf Auge. Deshalb war meine Startherangehensweise klar: kleine Pop-Ups mit Squid Goo geboostet in Kombination mit wenig, aber hochattraktiven Beifutter. Mein Mix bestand aus Dosenmais, Hanf, Zig Mix und gecrushten Boilies. Das ganze mit Liquid verfeinert. Ich wollte erstmals nur Bisse bekommen, um zu sehen welcher Spot läuft und ob einer meiner gewählten Spots überhaupt läuft. Wichtig war, so präzise wie möglich zu füttern, denn der See ist 2-3 Meter vom Ufer entfernt bereits 7 Meter tief und hat extrem steil abfallende Kanten. Präzise gefüttert habe ich indem ich eine H-Boje runterließ, punktuell 2-3 Futterballen (nicht zu komprimiert, damit der Futterballen beim Absinken auseinanderfällt) vor die Boje warf, folgend von meinen Rig etwa 30-40cm entfernt damit die Montage nicht auf dem Futter liegt und so die Fische mit meiner Schnur nicht in Kontakt kommen. Am Ende wurde die H-Boje natürlich wieder hochgeholt. Christopher: Und dann klingelt der Bissanzeiger wirklich los! Mit welchem Gefühl bist du in den Drill gegangen? Und vor allem: Was geschah, als du dir bewusst wurdest, was du da gehakt hast?Oscar: Zuallererst dachte ich, dass Hrvoje‘s Schnur (er drillte gerade einen Fisch) sich in meiner Schnur verfangen hatte. Denn sein Fisch war nur 5-10 Meter vom Ufer entfernt, in der Nähe meiner rechten Rute und kurz vor dem Keschern. Mein Bobbin ging nur ganz kurz rauf und runter, bis die Schnur ganz lasch war...Kann doch nicht sein, dass ich jetzt schon einen Biss habe? Ich habe die Rute doch erst vor 10 Minuten abgelegt...DOCH! Dann lief die Rute ab...Das Folgende ich wirklich so passiert:Nach etwa 5 Minuten Drill vom Ufer hing der Fisch irgendwo fest, deshalb bin ich in mein Schlauchboot gestiegen und rausgefahren. Als ich über der Montage war konnte ich den Fisch nicht spüren. Normalerweise wenn sich ein Fisch festsetzt, spürt man die Vibrationen in der Schnur...Aber in diesem Fall NICHTS...Ich war mir zu 100% sicher, dass der Fisch sich vom Haken befreit hatte und der Haken irgendwo festsaß. Deshalb stand für mich fest, dass ich die Schnur abreißen muss. Ich habe nicht abgeschnitten, weil unter mir 20 Meter Wasser waren und ich lieber 1-2 Meter Schnur im Wasser zurücklasse als 20 Meter. Um mir keine Schnittwunden durch das feste Ziehen zuzulegen (jeder weiß wie das schmerzt, besonders bei Kälte) habe ich meine Handschuhe aus der Jacke genommen und mir die Schnur um die Handschuhe gewickelt. Circa 10 Sekunden habe ich mit aller Kraft daran gezogen aber es gelang mir nicht, die Schnur abzureißen! Ich riss und riss und riss bis ich plötzlich etwas spürte...DA IST WAS! Ich konnte endlich etwas spüren! Ich zog und zog an der Schnur bis mir endlich klar war, dass da ein Fisch dran war! Ich konnte den Fisch nicht auf normale Weise drillen, also mit Rute und Rolle, denn ich hatte bereits circa 10 Meter Schnur im Boot, welche total verheddert war. 5-6 Meter unter dem Boot konnte ich den Fisch dann zum ersten Mal sehen. Ich war mir sicher, das ist ein 20kg+ Fisch! Der Fisch nahm immer wieder Schnur, heißt, ich ließ die Schnur etwas locker und ließ den Fisch etwas Schnur nehmen, denn ich konnte ja die Rolle nicht verwenden. Ich zog den Fisch wieder heran, dieser entschloss sich immer wieder in die Tiefe zu verschwinden! Und so ging es weiter, bis der Fisch endlich müde wurde und an die Oberfläche kam! Kurz vor dem Kescher war ich mir sicher: Das ist ein 25kg+ Karpfen! Man muss sich das bildlich vorstellen: In der linken Hand hatte ich die Schnur, ziehe den Fisch zu mir und in der rechten Hand habe ich den Kescher! Als der Fisch im Kescher war, war ich mir sicher: Das ist mein erster Fisch über 30kg! JAAAAA!!! Der Fisch war perfekt gehakt und hatte keine Schlitz- oder vertiefte Wunde aufgrund meiner „brutalen“ Vorgehensweise. Gott sei Dank! Ich ruderte zurück ans Ufer und wir konnten es eigentlich beide nicht glauben! Die Nadel der Waage blieb bei 33,5kg stehen! Erster Fisch des Jahres, über 30kg und ein neuer PB! Ich konnte es fast nicht glauben…Hände und Füße haben gezittert, die Worte fehlten mir…Diesen Fisch und diese Geschichte werde ich niemals vergessen!Vor 2 Monaten am Flughafen haben wir darüber gewitzelt wie geil es wäre ein #winterhero mit einem 30kg Karpfen zu werden! Und dann passiert das Unglaubliche bereits nach 10 Minuten und auf diese Art und Weise! Ich hatte das große Glück, im richtigen Moment an der richtigen Stelle zu sein! Ein großer Dank geht an meinen Freund und Arbeitskollegen Hrvoje, der mich an dieses wunderbare und äußerst interessante Gewässer gebracht und den Fisch meines Lebens in einem unglaublichen Foto festgehalten hat. Noch ein kleines Detail am Ende: der Fisch wurde das letzte Mal im Jänner 2017 gefangen und war genau der Fisch, den mir Hrvoje's Freund auf seinem Handy gezeigt hat...Unglaublich, aber wahr...Christopher: Meine Herren, was für eine Story! Nochmals Glückwunsch und danke für diese Einblicke in deine Angelei und den Fang dieses Lebensfisches. Mehr über Oscar erfahrt ihr auf seinem Insta-Profil.