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27.12.2017
Jakob Mehltretter: Zerreißprobe an der Steinpackung
Der Rhein, das größte deutsche Fluss-System, übt auf immer mehr Karpfenangler einen besonderen Reiz aus. Auch Jakob Mehltretter, Teamangler bei Badgers Best, fand in den letzten zwei Jahren immer wieder den Weg an die Steinpackung mit seinen Häfen und Altarmen. Auf welche Zerreißprobe der Fluss ihn stellte, lest ihr in seiner sehr ehrlichen wie authentischen Story:Vom Altrhein in den HafenIch habe das große Glück, dass einer der größten Flüsse Europas, der Rhein, meine Heimatstadt streift. Das riesige Gewässersystem besteht allein vor meiner Haustüre neben dem Hauptstrom aus mehreren Häfen sowie unzähligen Altarmen und Seen mit direkter Verbindung. Auf Karpfen fischte ich bis dato jedoch nur am Altrhein, schließlich zählt die kanalähnliche Angelei am Hafen oder gar Hauptstrom als extrem zeitaufwendig und undankbar. Lediglich zwei Jahre zuvor begleitete ich Najib bei einer Session auf der Steinpackung, in der wir richtig abräumten. Während er fünf Karpfen fing, konnte ich zwei dicke Graser über 45 Pfund keschern.KarpfenkonzertIch hatte Blut geleckt und kreuzte im Herbst 2016 wieder am Hafen auf. Einige Tage zuvor, konnte ein guter Freund beim Zanderangeln in den Abendstunden einige große Fische, in unmittelbarer Nähe zur Hafeneinfahrt, rollen hören. Es mussten Karpfen sein, berichtete er. Kurzentschlossen rief ich Najib an und verabredete ein gemeinsames Fischen am nächsten Abend. Sollten hier Karpfen unterwegs sein, müssten sie doch auch fangbar sein. Um die Chancen zu erhöhen, fütterten ich noch einige NUT2BAD Boilies, die zu dem Zeitpunkt noch in der Testphase waren.Genug der Euphorie?Im Abendrot des nächsten Tages baute ich an der Steinpackung auf und warf die Ruten in den beschriebenen Bereich. Najib wollte nachkommen, was jedoch aufgrund der vielen Arbeit an diesem Tag nicht mehr zustande kam. Irgendwie hatte ich kein gutes Gefühl, auch die Fische rollten nicht mehr – schließlich behielt ich recht: Meine Bissanzeiger schwiegen die ganze Nacht durch.Am nächsten Morgen fing ich allmählich an einzupacken, als plötzlich ein massiver Fisch etwa 50m entfernt an der Oberfläche drehte. Schnell schnappte ich mir meine Ruten, warf sie an die Stelle und verteilte noch zwei Hände NUT2BADs von Badgers Best. Jackpot Es dauerte keine halbe Stunde bis die neue gelegte Rute im Dauerton ablief. Entgegen dem Biss war der Drill relativ unspektakulär. Doch was da kurz darauf in den Maschen lag, ließ mich vor Freude quer über den Rhein schreien. Mein erster Rheinhafen-Karpfen war direkt ein wahrer Koloss und mein größter Karpfen bis dato. Es war einfach unbeschreiblich. Ich war völlig aus den Socken und versuchte jemanden zum Fotografieren und Wiegen anzurufen. Doch das Handy war leer und so lichtete ich den Schuppi schnell mit dem Selbstauslöser ab.Heiß wie FrittenfettObwohl ich jetzt natürlich heiß wie Frittenfett auf den großen Fluss war, schaffte ich es vorerst nicht mehr an die Steinpackung. Die kommenden vier Wochen standen im Zeichen der Schule und der Carp+Cat Expo 2016. Erst Ende November konnte ich ein weiteres Mal angreifen. Jetzt war ich mir sicher, zu wissen, wo die Ruten liegen mussten und fing tatsächlich einen weiteren Schuppi ganz knapp über 15kg. Das läuft ja echt gut, dachte ich mir und freute mich auf die kommende Saison.Der frühe Vogel2017 läutete ich die Saison am Hafen bereits im Februar ein. Bei Randeis und Frost fischte ich die erste Session des Jahres am Vollstrom - natürlich erfolglos. Doch schon der nächste Ansitz im Hafen brachte mir den ersten Schuppi der Saison. Kein Riese, doch das ist nicht wichtig - mein persönliches Wertempfinden für diese wilden Flussfische ist einfach nicht in Zahlen messbar. Warum das so ist, bekam ich im Laufe des Jahres noch heftig zu spüren, doch eins nach dem Anderen.Blank auf BlankFür mich stand nun endgültig fest, ich wollte das komplette Jahr 2017 der Steinpackung widmen. Meine Angelei in den nächsten Wochen und Monaten verbrachte ich folglich fast nur am großen Fluss. Doch es folgte Blank auf Blank. Hatte ich mich doch zu sehr festgefahren? An so einem Gewässer, kann das sehr kontraproduktiv sein und das erfuhr in voller Härte.Ich will nichts beschönigen – auch die nächsten 25 Versuche blieb ich ohne Fisch und Biss. Obwohl ich mit Schule und Freundin genug am Hals hatte, nahm ich mir jedes Wochenende aufs Neue die Zeit und verbrachte Stunde um Stunde hinter schweigenden Bissanzeigern. Ob spät abends oder früh morgens, bei Sauwetter oder drückender Hitze, der Weg an die Steinpackung war nie zu weit oder zu anstrengend. Doch all mein Einsatz half nichts - die Fische schienen einfach nicht da zu sein.Liegt es am Kraut?Größtenteils befischte ich in Mündungsbereichen zum Strom – ein Bereich, in dem sich zwischen März und Juni eigentlich früher oder später Fische einfinden mussten - zumindest in der Theorie. Mitte Juni reichte es mir und ich begann die riesige und verzweigte Wasserfläche systematisch nach Fischen abzusuchen. Woche für Woche - doch keine Spur der Karpfen war zu finden. Lag es am Kraut, das dieses Jahr verstärkt fehlte? Die letzten zwei Jahre hatte die Schifffahrt enorm zugenommen, das Krautvorkommen dementsprechend abgenommen.Ein letzter verzweifelter VersuchAls letzte Option begannen Najib und ich einen Futterplatz aufzubauen. Doch auch das blieb ohne nennenswerten Erfolg. Ich distanzierte mich Kopfschüttelnd vom Hafen und ließ das ganze erstmal Revue passieren. Für den Gewässerwechsel sorgte einer der größten Seen der Umgebung. Mal wieder eine ganz andere Facette des Angelns und willkommene Abwechslung. Da es zudem noch gut biss und ich auch hier große Freiheit verspürte, genoss ich an seinen Ufern den restlichen Sommer.Flashback am StromAnschließend begann mein letztes Schuljahr. Ich machte mich vom Druck frei und ging wieder vermehrt am Hafen Spinfischen. Mehr aus Zufall besuchte ich meinen alten Stammplatz und fühlte mich sofort zurückversetzt. Irgendwas lag in der Luft und lies meine Fingerspitzen kribbeln. Ich wollte es nochmal versuchen…An besagtem Tag stand ich schon ziemlich früh an der Steinpackung. Ich genoss es in vollen Zügen wieder da zu sein und beobachtete bis spät in die Nacht die ein- und ausfahrenden Containerschiffe im Schein der Industrielichter.Kurz nachdem ich ins Land der Träume entschlummerte wurde ich eben so schnell von einem Dauerton wieder zurückgerissen. Nach mehr als einem halben Jahr hatte ich wieder einen Flusskarpfen am Band. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie meine Beine schlackerten. Alles lief glatt und der Schrei über den Hafen erschallte, jetzt fast ein Jahr später, erneut. Bis zum Morgen gesellten sich noch zwei weitere Karpfen dazu. Einen Graser hakte ich zudem schnell im Wasser ab. Es war einfach zu überwältigend: Ich hatte mich an den letzten Strohhalm geklammert und wurde tatsächlich mit Bissen belohnt - was für eine Genugtuung.Die große FreiheitDer Rhein und seine Häfen besitzen für mich einen Flair, der sich mit nichts anderem vergleichen lässt: Wilde Natur, harte Strömung und Schwankende Wasserstände auf der einen Seite, Industrie und Schifffahrt aber auch Treibgut, Lärm und Schmutz auf der anderen Seite. All das macht den Charme und die Herausforderung am großen Fluss für mich unvergleichbar. Wenn ich 2017 eines über die Flussangelei gelernt habe, dann ist es dass, nicht plan oder berechenbar ist, aber auch, dass jederzeit alles möglich ist. Das Angeln am Rhein bedeutet immer noch grenzenlose Freiheit. Und genau das ist es, was ich beim Angeln suche.Jakob Mehltretter