Der Stalker
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14.04.2022
DER STALKER #13 - Auf den Spuren von Mary und Joe
Auch wenn der folgende Satz ziemlich abgedroschen klingen mag, zutreffend ist er allemal: „Denn erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt!“Nach der anfänglichen Euphorie in den ersten Tagen des neuen Jahres und fünf Fischen in gerade einmal drei Stunden, sahen mich die Ufer der hiesigen Gewässer tatsächlich nicht mehr. Ich will jetzt nicht sagen, dass die Luft raus war, aber ich fing wieder an, die morgendlichen Stunden nach der Nachtschicht – welche ja bekanntlich einen Großteil meiner Angelei ausmachen – im kuscheligen, vorgewärmten Bett neben meiner Bini zu verbringen. Wirklich effektiv sind die kalten, ersten Monate des Jahres ohnehin nicht und so kam es, dass ich, von einer Kurzsession im Februar mal abgesehen, erst Ende März wieder den Weg ans Wasser fand. An den von mir favorisierten Gewässern machte ich in der Zwischenzeit immer wieder einmal halt, schaute, ob ich irgendwelche Lebenszeichen ausmachen konnte, doch das triste Drumherum bestätigte mir einfach, dass es nicht von Nöten war, meine sieben Sachen nach getaner Arbeit am Wasser aufzubauen. Auch der „Unterwassercheck“ mit der Cam zeigte klar und deutlich, dass die Fische die Mäuler geschlossen hatten. Die Fraßlöcher, die ich fand, waren alt, von einer dünnen Schicht überzogen – gefressen hatte da auf jeden Fall schon längere Zeit kein Fisch mehr. Mitte März kontaktierte mich dann Thilo Schulze. Der Junge hatte sich in den letzten Monaten selbstständig gemacht, seine Tätigkeit als Videographer bei der Firma Nash an den Nagel gehängt und eine eigene Plattform aufgebaut. Hauptaugenmerk: Das Filmen bekannter Angler! Er hatte die Idee, für zwei Tage mit mir ans Wasser zu fahren, mich über alte Zeiten auszuquetschen und ein wenig über die nun fast schon zwanzig Jahre alten Storys über Mary und Joe zu erfahren. 2004 begann für mich damals die Jagd nach diesen beiden Fischen, die ich dann tatsächlich beide fing – über 30kg schwer und damals ein absolutes Megahighlight – wenn ich ehrlich sein soll bis heute! Ich war von Thilo`s Idee nicht abgeneigt und so kam es, dass wir zwei Tage an „Mary und Joe`s“ Heimatpool verbrachten. Die beiden Riesen sind zwar mittlerweile verstorben, aber allein die Aura an diesem Gewässer ist für mich und wohl auch für andere, die nur die Geschichten von diesem Wasser aus Erzählungen kennen, immer wieder besonders. Wir verabredeten uns um halb sechs in der Früh. Ich hatte noch eine Nachtschicht zu arbeiten, ehe es ans Wasser gehen sollte. Bei meiner Ankunft waren Thilo und sein Begleiter Christoph Hanikel noch am Schlafen und ich beschloss, meine Ruten schon mal startklar zu machen. Ich platzierte meine linke Rute vor einem ins Wasser ragenden Busch, der mir in vergangenen Jahren schon viele, gute Fische bescherte. Die rechte Rute fand auf einer ansteigenden Kante zu einer Flachwasserzone ihren Platz. Als Beifutter kam nur auf die Buschrute eine Hand voll Heckenkriecher in 15mm, die Pop Up Rute an der Kante fischte ich Single.Bereits nach einer dreiviertel Stunde, ich war gerade am Einschlafen, spannte sich die Schnur der Buschrute, ehe meine „Spinne“ (Hänger) auf den Boden sackte und die Hauptschnur wieder schlaff wurde. Verwundert schaute ich gen Busch… War das eines der beiden Blässhühner? Nein… die waren nicht am Start! Ne Sekunde später schoss die Spinne wieder an den Blank und ich stand mit durchgebogener Rute und sockigen Füßen auf dem leicht feuchten Boden. Der Fisch machte Druck und ich musste ordentlich dagegenhalten, um ihn von dem dichten Geäst des Busches fernzuhalten. Nach kurzem Hin und Her erschlaffte die Schnur wieder – der Fisch war ausgestiegen! Etwas frustriert platzierte ich, nachdem ich Thilo von der Misere berichtete, die Rute erneut und kuschelte mich in den Schlafsack ein… In den folgenden zwei Tagen und der einen Nacht biss kein einziger Fisch mehr. Nachdem ich ausgeschlafen hatte, machte ich mich mit der Poolbrille auf die Suche und fand die Fische auch. Sie standen gestapelt in der Nähe der Stelle, die ich von Oktober bis Dezember unter Futter und befischt hatte – wäre ich doch lieber etwas länger am Ball geblieben! Nun ja, die Fische hatten auf jeden Fall während der beiden Tage keinen Sinn für Futter, genossen stattdessen die Sonne, die sich in diesem Jahr das erste Mal so richtig zeigte. Das Frühjahr hatte begonnen – für unseren Dreh leider ein, zwei Tage zu spät…Nach der Session mit den beiden Jungs machte ich mich auf an andere Ufer. Ich hatte wieder Blut geleckt und in Anbetracht der Tatsache, dass das Wetter weiterhin so toll sein sollte, stand erfolgreichen Kurzsessions eigentlich nichts mehr im Wege.Der Spot, den ich während der ersten Kurzsession befischen wollte, lag am Westufer des Gewässers. Weit überschwemmte Schilfgürtel bieten den Fischen in dieser Jahreszeit, in der alles aufblüht und sämtliches Kleingetier herumwuselt, genügend Nahrung. Zudem hatte mein Freund Marco ein Jahr zuvor wirklich gut an dieser Stelle gefangen - es sollte also möglich sein hier auch instant an Fisch zu kommen… Die linke Rute platzierte ich recht nah an diesem Schilfgürtel in etwa 2-3m Tiefe. Ein kleiner Schneemann und eine Hand voll kleiner, 15mm großer Boilies, mehr kam hier nicht zum Einsatz. Die rechte Rute fand in tieferem Wasser – am Übergang der harten Kante zum weicheren Sediment – ihren Platz. Es war die linke Rute, die für mich den ersten, toll gebauten Schuppi in diesem Frühjahr in die Arme zauberte. Der Plan ging auf, ich war entschneidert und das nach nur einer Stunde Angeln. Auch am Folgetag ließ ich mich nach der Nachtschicht an diesem Spot nieder und fing neben einem kleinen Spiegler einen tollen Schuppi um die 20kg...Während ich diese Zeilen schreibe, ist es schon der 27.März 2022. Ich glaube nicht, dass ich diesen Monat noch ans Wasser komme, doch der April steht ja quasi vor der Türe und ich glaube, dass er gut zu mir sein wird. Ich bin heiß und hab` Lust auf mehr!Ich wünsche euch allen einen tollen Start in die neue Saison. Genießt das Frühjahr, die Sonne, die Zeit am Wasser!„Nur Digge“,Chris Ackermann