Deine Story
|
05.11.2017
Johannes Braith: Schlamm, Morast und Grenzkontrollen
Nach einer längeren Angelpause meldet sich der Österreicher Johannes Braith (Poetry Fishing) mit einer packenden Story auf Carpzilla zurück! Mit richtig geilen Bildern erzählt er von einem abenteuerlichen Trip an einen wilden Stausee - gelegen im südosten Europas! Die letzten Monate vergingen wie im Flug und an Angeln war kaum zu denken. Die Tinte auf dem Gründungsvertrag meines Selfstorage Startups ist noch nicht einmal gänzlich getrocknet und schon betreibe ich knapp 10 Filialen in Österreich, starte den deutschen Markteintritt und beschäftige fast 15 Vollzeitmitarbeiter.Es gibt wichtigeres als Karpfen…Dass die Company so durch die Decke geht und dementsprechend viel Zeit investiert werden musste, dachte ich mir anfänglich absolut nicht. Doch darüber will ich mich nicht beklagen, schließlich gibt es Phasen im Leben in denen es wichtigere Dinge als die Jagd nach Karpfen gibt.Ade geliebte RostlaubeNeben wenigen Tagessessions und ein paar Overnightern war ich nicht recht viel am Wasser und so freute ich mich umso mehr auf die mehrtägige Session mit meinem Kumpel Daniel. Es sollte in den Süden gehen, um entspannt an einem größeren Stausee zu angeln. Ich packte meine Sachen und verstaute sie in das Auto. Meinen alten, rostigen VW-Bus habe ich mittlerweile gegen einen seriöseren Kombi eingetauscht und somit war das Einschlichten deutlich mühsamer als früher.Beim Einladen wünschte ich mir die alte Rostlaube zurück, doch als ich auf der Autobahn den Tempomat einschaltete und gemütlich dahinfuhr, lernte ich auch mein neues Angelauto zu schätzen.Check InNach einigen Stunden Fahrt kam ich bei Daniel an und wir gingen gemeinsam das Tackle durch. Schlauchboote – check, Ruten – check, Batterien – check, Futter – check. So ging das weiter bis mich Daniel fragte ob ich denn meinen Reisepass mitgenommen habe? Hatte ich nicht.Schließlich fuhren wir durch einige europäische Länder und die Vorteile der Personenfreizügigkeit an der Grenze gehören leider der Vergangenheit an. Wir nahmen das Risiko in Kauf und fuhren am späten Abend weg. Wir planten die Ankunft an einem Freitag um 1 Uhr früh.Der Plan war es in der Nacht die Boote zu beladen, anschließend gemütlich auf den Bedchairs den Sonnenaufgang ab zu warten, um dann zu den Swims zu moven.Über Stock und SteinWir kamen ohne Probleme über die Grenze und dann dauerte es nicht mehr lange bis wir am See ankamen. Mittlerweile war es kurz nach Mitternacht und im Schein der Autos erkannten wir, tiefe Fahrrinnen und massiven Schlamm auf dem Weg. Wir stoppten, stiegen aus und gingen zu Fuß weiter, um nachzusehen wie der Zustand des Weges war und wie lange wir eventuell zum Ufer tragen müssten. Es waren einige Hundert Meter zum Wasser und der Weg war nicht wirklich vertrauenswürdig. Wir wollten es trotzdem versuchen.Vom Schlammloch…Daniel saß in seinem Auto und ich ging voran, um ihm den Weg zu weisen. Bergab funktionierte das ganze eigentlich ziemlich gut. Doch als wir eine Steigung meistern mussten, brauchten wir über eine Stunde und viele Anläufe, um mit dem vollgeladenen Auto weiterzukommen.Doch es kam, wie es kommen musste. Am halben Weg blieben wir im heftigsten Schlamm der Strecke hängen. Stieg man aus dem Auto aus, versank man bis zum Schienbein im Morast. Mittlerweile war es knapp halb Drei in der Nacht und wir waren komplett voll mit Dreck und Nass bis auf die Knochen.zum Schlammbad…Wir versuchten alles, doch bekamen das Auto einfach nicht frei. Also blieb uns nichts anderes übrig, als das Tackle aus dem Auto in der Schlammwüste zum Ufer zu tragen. Einige Hundert Kilo Futter und Tackle mussten durch den elendigen Morast getragen werden. Fässer mit Tigernüssen kippten über und verschleimten mit deren räudiger Flüssigkeit die letzten sauberen Stellen unserer Kleidung.bis zum Himmelfahrtskommando!Der Weg vom Auto zum Ufer glich einer Schlammwüste, durch welche ein Horde wildgewordener Wildschweine gewandert wäre. Daniels Auto war entladen und uns blieb nichts anderes übrig als es einfach im Schlamm stehen zu lassen. Jetzt kam der zweite Teil. Mein Auto ließen wir anfangs sicherheitshalber ganz oben am Parkplatz stehen. Somit mussten wir auch mein gesamtes Tackle inkl. einem vier Meter langen Schlauchboot mit Metallboden, Futter, Zelt, etc. durch den Wald zum Ufer tragen.Nach 5 Stunden Schwerstarbeit waren die Boote pünktlich zum Sonnenaufgang fertig beladen und wir glitten über die ruhige Wasseroberfläche. Wir waren Richtung Staumauer unterwegs. Denn dort waren die tieferen Bereiche des Gewässers, welche zu dieser Jahreszeit die größeren Fische versprechen würden. Doch mit dieser Idee waren wir nicht alleine.Auf die Plätze, fertig, los!Denn jeder mögliche Swim war bereits mit einem Camp besetzt. Frustriert saßen wir in den vollgepackten Booten mitten auf der großen Wasserfläche und ließen uns einfach treiben. Doch wir hatten nicht allzu lange Zeit, um uns mit unserem Selbstmitleid zu beschäftigen. Denn an der Stelle an der wir vor 40 Minuten noch mit den Booten in See stachen, belud bereits das nächste Team ihre Boote. Vor dem Eingang in den tiefen Bereich gab es noch eine Landzunge.Die war unsere letzte Chance und wir wollten sie unbedingt haben. Wir fuhren mit Vollgas zurück und merkten, dass auch das andere Boot auf den Swim zusteuerte. Erster! Es waren nette Italiener, die neben uns Platz fanden.Location mit SchlafentzugAls das Camp nach Stunden endlich stand und das Tackle-Schleppen ein Ende hatte, kam langsam ein Wohlbefinden in mir hoch. Trotz heftigstem Schlafentzug war ich äußerst motiviert und suchte mir akribisch meine Spots. Das Wasser fiel an der Uferkante steil ab und war übersät mit Baumstämmen, Wurzeln und kantigen Felsen. Am gegenüberliegenden Ufer fand ich eine tiefere Rinne an der ich auf ca. 9 Meter Wassertiefe ablegen konnte.Die zweite Rute fischte ich auf einem Tennisfeld großen Plateau, welches sich auf 6 Meter Wassertiefe erhob. Wir wollten das Wochenende abwarten und gegebenenfalls nach einigen Tagen in den tieferen Bereich moven. Doch erstmals war schlafen angesagt.Déjà-vu mit QuasimodoKaum lag ich auf dem Bedchair, lief schon die tiefe Rute ab. Nach einem heftigen Drill zwischen den Wurzeln lag der erste Fisch im Kescher. Ein verkrüppelter Schuppi mit einer wirklich außergewöhnlichen Form. Die Freude war groß und ich sendete das Foto per Whatsapp an meine Teamkollegen von Korda Österreich.Einige Minuten später kam ein Fangfoto von Josef, welches ebendiesen Fisch zeigte. Er dürfte ihn vor Wochen hier im Ausland an diesem großen Stausee auch gefangen haben. Was für ein witziger Zufall. Die weiteren Stunden waren ruhig und wir waren ziemlich froh darüber.Schließlich mussten wir nun wirklich einiges an Schlaf nachholen. Ab dem kommenden Tag ging es dann Schlag auf Schlag und wir konnten etliche Fische fangen. Wie vermutet, waren etliche kleinere Fische im flacheren Wasser unterwegs.Tumult an der StaumauerAm Sonntag reisten die Italiener sowie eine weitere Gruppe, die direkt neben uns fischte ab. Zusätzlich bog aus dem tiefen Bereich der Staumauer ein weiteres Boot hervor und fuhr Richtung Parkplatz. Wir bauten schnell unser Camp ab und machten uns auf, um im tieferen Bereich zu angeln.Als wir um die Ecke bogen, trauten wir unseren Augen nicht. Obwohl einige Teams weg waren, war das Ufer nach wie vor gespickt mit Zelten. Der See ist zwar sehr groß, jedoch gibt es nicht viele Swims an denen vernünftig geangelt werden kann. Nach langem hin und her entschieden wir uns dazu, wieder zu unserem alten Swim zu fahren.Seit unserer Ankunft vollzog sich ein Wetterumschwung und es hatte täglich mehr als 25c° - und das Mitte Oktober. Des Weiteren war der Luftdruck mit 1026 hPa konstant hoch. Seit diesem Wetterumschwung blieben die Fänge bei den Kollegen im tiefen Wasser angeblich ziemlich aus. Wir konnten ergo mit unseren Fangerfolgen ziemlich zufrieden sein.Zurück zum GlückAls wir zum zweiten Mal am selben Platz auftackelten und das komplette Zeug erneut herumtrugen, waren wir uns beide einig, ziemliche Idioten zu sein. Naja, da waren wir etwas übereifrig und hätten durchaus eine Spur mehr mitdenken können. Doch verglichen mit den Strapazen des ersten Tages ging alles easy von der Hand.Ich fischte weiter meine Mainline Wafter auf großen Futterplätzen bestehend Peaches and Cream sowie Banoffe Kugeln. Nach einigen Tagen merkte ich wie meine innere Ruhe zurückkam und ich mich vollends entspannen konnte. In der Zwischenzeit wurden wir von einem freundlichen Local mit einem Jeep aus dem Schlamm gezogen und wir konnten die Session so richtig genießen.Karpfenradio an!So hatte ich auch das erste Mal Zeit mir das Karpfenradio von Carpzilla bei einem kühlen Bierchen anzuhören. Das Gespräch von Mark Dörner und Marc Voosen hat mich in vielen Dingen und Ansichten bestärkt. Kurze Rigs mit Critically Balanced Hookbaits auf großen Futterplätzen - genau mein Ding. Doch mit dem Thema Hakenschärfen haderte ich schon länger.Bereits vor Jahren arbeitete ich mit Feilen aus dem Bauhaus sowie mit Nagelfeilen meiner Freundin, bis ich mir ein Schleifset von JAG gönnte. Dies fiel für meinen Geschmack allerdings viel zu grob aus und ich angelte wieder mit ungeschliffenen Haken - jedoch nur mehr mit Modellen von deren Schärfe ich wirklich überzeugt war.So gibt es meiner Meinung nach bei ein und demselben Modell signifikante Unterschiede bezüglich deren Schärfe, wenn sich die Hakengröße um nur eine Nummer ändert. Ist ein 6er eines Modells noch wirklich scharf, kann das bei einem 4er schon wieder anders aussehen.Den Herbst mit allen Sinnen spürenUm uns herum hielt der Herbst Einzug: Die verwurzelten Ufer glichen einer abstrakten Mondlandschaft. Kaum machte man 10 Schritte in eine Richtung klebten an den Beinen dutzende Kletten, die man bis in den Schlafsack mittrug. Die Drills im Freiwasser waren einfach traumhaft und die Kulisse erinnerte mich an den legendären Cassien und weckte schöne Erinnerungen. Nur ab und an steckte einer der Fische trotz Subfloats im Totholz. Hier musste das Material wirklich robust und grob ausfallen.Der Korda Kurv Shank XX in Kombination mit dem Korda N-TRAP Soft, meinem absoluten Lieblingsmaterial, leistete hier einfach einen guten Job.Da war doch noch was…Nach sechs Tagen und ca. 20 Fischen und tausenden von Eindrücken, machten wir uns wieder auf den Weg nach Hause. Doch da war noch was - ich hatte schon wieder ganz vergessen, dass ich meinen Reisepass nicht mithatte. Bei der Anreise wurden wir an den Grenzen nicht aufgehalten und somit gab es auch kein Problem. Doch beim Einreiseversuch in Österreich sah das leider etwas anders aus. Den Grenzbeamten kam bereits mein vollgeladenes Auto etwas komisch vor und so kommandierten Sie mich auf einen abgelegenen Fahrstreifen.Achtung Kontrolle!Als sie dann auch noch nach meinen Papieren fragten und ich ihnen nur eine Passkopie am Handy und meinen Führerschein geben konnte, war das Misstrauen vollständig da. Ich musste aussteigen, um Ihnen den Kofferraum zu öffnen und mein Auftritt war perfekt. Ich war von oben bis unten gänzlich mit Schlamm und Morast übersät und meine Erklärungsversuche waren auch nicht gerade seriös. Dass ich eine Woche im Wald an einem See gesessen bin, wollten sie mir dann schließlich doch noch glauben.Nach 25 Minuten des Wartens spuckte ihr System dann noch meine Identität aus und ich durfte in mein Heimatland einreisen. Schön war sie, meine Woche voller Schlamm, Morast und Grenzkontrollen. Bis zum nächsten Mal.Johannes Braith