Watercraft
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30.08.2021
Thomas Talaga: Rigs & Tricks, Part 2
Besonders wenn es um ihre Hakenmontagen geht, lässt es sich sehr schön beobachten, wie rasch sich Karpfenangler verunsichern lassen. Kaum fängt der Nachbar mal ein paar Fische mehr, beginnt das Grübeln um das eigene „Geschirr“ bereits. Und manchmal reicht es bereits aus, dass die an sich bestens bewährten Montagen den einen oder anderen Aussteiger mehr einbringen, als es noch am Tag zuvor real war. Auch in so einem Fall muss dann stracks etwas Neues aus der Rig Box gekramt werden.Was macht Sinn?Keine Frage, manches Mal kann so eine Umstellung durchaus berechtigt sein. Doch ich behaupte trotzdem, in den allermeisten Situationen spielt uns wohl eher der Kollege Zufall einen fiesen Streich. Die Schärfe des Hakens zu kontrollieren und eventuell dann im Anschluss daran etwas aufzupeppen, hätte in den allermeisten Fällen sicherlich bereits vollkommen ausgereicht. Manchmal macht auch das bloße Kürzen oder Verlängern der Vorfächer Sinn. Nur ändert sich die ideal erscheinende Vorfachlänge keinesfalls an jedem neuen Angeltag – vielmehr ist dieser Umstand eher gewässerabhängig. In kräftig verschlammten Wassern würde ich zum Beispiel höchst selten auf ultrakurze Rigs setzen und auf mit Kleinstködern reichhaltig präparierten Plätzen könnten heftig lange Vorfächer sogar fatale Folgen nach sich ziehen. Wer schon einmal nach dem Fang eines Karpfens sein Haar vermisst hat, weiß ganz sicher, wovon hier die Rede ist. Hier war es dann wohl eher einem glücklichen Umstand zu verdanken, dass nicht auch der Haken in den Schlundzähnen des Karpfens gelandet war. Finde den Drehpunkt!Was in puncto Fehlbisse sehr wohl ein absolut entscheidender Faktor sein kann, ist das gewollte Erzeugen eines perfekt funktionierenden Drehpunktes. Dieser zwar nur winzig klein anmutende Faktor kann sehr wohl allentscheidend für den richtigen Hakenhalt sein. Und besonders wenn wir es mit kampfstarken Fischen zu tun haben, sollte der Haken möglichst bombenfest sitzen. Denn nur so ist dann auch gewährleistet, dass er im Falle einer extrem langen Drillzeit immer noch perfekt unseren Carp am Band hält. Um diese Eigenschaft auszulösen, fixiere ich ein Stück Putty, also Knetblei, auf meinem Vorfach. Das Ganze geschieht in einem Abstand von 3 bis 6 Zentimetern zum Haken. Damit dieses Kontergewicht nicht verrutscht und auch möglichst jeden Drill übersteht, ziehe ich zuvor einen großen Sinker, das ist eine kleine, gummiartige Beschwerung, auf mein Vorfach. Und exakt um dieses Teilchen geknetet, hält mein Stück Putty dann sehr ausdauernd und klasse. Sobald der Karpfen nun meinen Köder samt Haken aufgenommen hat, kommt dieses kleine Gewicht ins Spiel. Wenn das geschieht, wird sich in der Folge der im Maul befindliche Haken sehr giftig eindrehen. Bedingt durch den Line-Aligner-Effekt, fasst unser Fangeisen dabei in der Lippe des Fisches. Die durch das Kontergewicht ausgelöste Drehbewegung bewirkt dann also den allerersten Pieks unseres Hakens. Ohne diesen künstlich erzeugten Drehpunkt, würde das erste Ankörnen der Hakenspitze zwar immer noch ausgelöst, jedoch erst etwas zeitversetzter. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der Zug, der dann auf den Haken einwirkt, in einem anderen, deutlich ungünstigeren Winkel vonstattengehen würde. Dadurch verblieben den Karpfen dann entscheidende Momente, in denen sie reagieren können. Selbst wenn dies nur Millisekunden ausmacht, die Folge wäre in der Regel ein heftiges Kopfschlagen. Zumindest wird dies bei erfahrenen Karpfen an der ersten Stelle auf dem Notfallplan der Tagesordnung rangieren. Und genau dieser Rettungsversuch wird in echt vielen Fällen den Haken aus dem Maul katapultieren – und damit dann auch den unweigerlichen Umstand eines Fehlbisses nach sich ziehen. Fürwahr, diese Gedankengänge sind eher unschöner Natur.Welches Vorfach für den Drehpunkt?Der zuvor ausführlich beschriebene Vorteil des erwünschten Drehpunktes wirkt sich bei soften Vorfächern höchst effektiv aus. Bei kombinierten Vorfächern, die aus einem steifen und einem in Hakenrichtung befindlichen weicheren Part bestehen, sogenannten Kombivorfächern, fällt dieser Effekt ebenfalls super positiv aus. Und auch bei Rigs, die eigentlich nur aus einem ummantelten, bzw. beschichteten Vorfach bestehen, funktioniert das Ganze ebenso wünschenswert. Einzige Voraussetzung hierfür ist dann ein kleiner Cut in der ansonsten völlig intakten Beschichtung. Kurz hinter dem Putty in Richtung Haken sollte dieser Cut der Umhüllung dann so auf etwa 5 bis 10 Millimeter ausgeweitet werden. So entsteht dann quasi ein kleines, jedoch sehr funktionelles Gelenk. Genau hier wird dann die erwünschte Drehung ausgelöst. Im Grunde genommen funktioniert so ein Rig wie ein Hinged Stiff Rig. Nur dass anstelle des Ringwirbelgelenkes der beschriebene Bereich ohne Umhüllung diese Aufgabe übernimmt. Wo Licht, da SchattenAn dieser Stelle möchte ich allerdings einen entscheidenden Nachteil dieses Kontergewichtes ebenso nicht verschweigen. Denn der zusätzliche Klimbim auf dem Vorfach neigt natürlich auch sehr gerne zu einer Verwicklung. Überall, wo wir unserer Endmontage einen zusätzlichen Schnickschnack zumuten, entsteht exakt auch dieser Nachteil. Gerade die Jungs, die ebenso gerne aufs Werfen setzen, wie es bei mir der Fall ist, sollten diese Arten von Montagen dann besser mit PVA Produkten gegen ein unliebsames Verwickeln schützen. Da man mit PVA-Sticks oder Säckchen allerdings auch gehörig an Wurfweite einbüßt, sind sie für Extremdistanzen eher weniger anzuraten.Ja, liebe Kollegen, wie sagt man doch so schön: „Die anderen kochen auch nur mit Wasser!“ Und wie so oft im Leben, trifft dieser Ausspruch auch auf die Rigs der Angelkumpane zu. Von daher lassen Sie sich besser nicht ganz so schnell aus der Ruhe bringen. Einfache Montagen funktionieren in der Regel wirklich überall. Lediglich die ganz kleinen Dinge sind diejenigen, die wirklich für den letztendlichen Erfolg allentscheidend sind. Eine komplette Hakenmontage kann natürlich aus vielerlei Kleinteilen bestehen. Manche Utensilien machen durchaus Sinn, andere eher weniger. Und ja, es gibt sogar Hakentypen, die fast schon eine Symbiose mit bestimmten Vorfacharten eingehen. Ja wirklich! Mehr zu diesen Themen gibt es dann in den nächsten Teilen meiner Kolumne.Bis dahin wünsche ich Ihnen eine super klasse Zeit am Wasser!Thomas Talaga