Pecks Tagebuch
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30.04.2021
PECKS TAGEBUCH – Lost in France 2015 #3
Pecky steht vor einer schweren Entscheidung: Zusammenpacken und Wunden lecken oder doch dranbleiben? Soviel steht fest: Eine Session, die sich so lange angebahnt hat, darf nicht so sang- und klanglos aufhören. Lest heute, wie es weiterging ...Mit dickem Kopf erneut auf SpotsucheSobald mein Kopf sich endlich vom Alkoholkonsum der letzten Nächte erholt hatte, fuhr ich im Boot hinaus, auf der Suche nach einem neuen Areal, viel weiter draußen. Und es dauerte nicht lange, bis ich fündig wurde. Sobald ich das Kraut nach 350 Metern hinter mir gelassen hatte, zog sich eine Wüste tiefen Wassers über schlammigen Untergrund dahin, bis plötzlich der Boden auf dem Echolot anstieg – eine große Formation inmitten der Tiefe mit Werten von sechseinhalb bis sieben Metern obenauf. Nachdem ich ein paar Marker geworfen hatte, umkreiste ich den Bereich und machte mir ein mentales Bild. Ja, das Ding erfüllte alle Erwartungen. Am hinteren Ende zog sich ein vertikales Kliff bis 13 Meter in die Tiefe, am vorderen Rand neigte sich ein sachterer Abhang bis auf 11 Meter und zu seiner Rechten lag dichtes Kraut. Als ich direkt darüber dümpelte, stellte ich das GPS auf „Home“ und meine Augenbrauen wichen bis hinter meinen ohnehin schon hohen Haaransatz … Scheiße, war das weit! Auf meinen Spulen befanden sich hunderte Meter sinkender Sub-Braid, aber nicht genug, um hier rauszuschleppen. Und dennoch verteilte ich vor meiner Rückkehr zum Basecamp noch zwei 10-Liter-Eimer Tigernüsse über dem Areal – einer Fläche von 60 – 70 Metern zwischen den beiden Schwimmkörpern, die ich an jedem Ende des Plateaus gesetzt hatte. Irgendwie musste ich mehr Schnur auf meine Rollen bekommen, denn mit doppelten Spulen wollte ich nicht arbeiten. Das Beste, was mir einfiel, war, um die 100 Meter der 0.30er Sub-Braid runterzuziehen und sie mit 300 Metern der ultradünnen Korda Spod Braid als Backing zu unterfüttern. Bis ich alles aufgespult hatte und die tausende Meter Schnur wieder auf den Rollen hatte, war es spät geworden und eine weitere Nacht wurde im Schlamm gecampt. Am nächsten Abend legte ich zwei Ruten in das neue Areal und fütterte nochmal zwischen den beiden Markern nach. Auch das Aufkommen des Bleis fühlte sich hier anders an. Während ich vorher – hinter der Krautkante – das hatte, was ich Matsch-Drops nenne, bekam ich in diesem exponierten Bereich, den die Unterströmung im See sauber hielt, astreine und harte Lehm-Drops, die durch die 10 Unzen schweren Gripper-Bleie perfekt übertragen wurden. Oh nein, diese Chance darfst du nicht vergeigen … In dieser Nacht erhielt ich den ersten Biss vom Ufer aus – was ich bereits einen Monat lang versucht hatte. Ich schnellte auf dem Bedchair hoch und beim Schrillen der Sounderbox fühlte es sich an, als ob ein großes Gewicht von meinen Schultern genommen worden war. Schnell Wathose, Schwimmweste und Bivvy-Licht an und los ging der 50-Meter-Sprint durch den Schlamm zu den Ruten. Mein Herz hämmerte, auf diesen Moment hatte ich so lange gewartet. Als ich bei der Rute ankam, fiel mir auf, dass mir unterwegs die Kopflampe heruntergefallen war. Die Spule drehte sich unablässig und es war klar, dass ich nochmal zurückmusste – ohne würde es nicht gehen. Es war rabenschwarze Nacht und durch den leicht nieseligen Regen lag die Sicht bei Null. Und so krabbelte ich auf den Knien im Matsch den Weg zurück, tastete nach der Lampe. Zum Glück fand ich sie bald und konnte zurück zur Rute springen, die noch immer in einer unfassbaren Geschwindigkeit ablief. Mit der Rute in der Hand schob ich das Boot ins tiefere Wasser, bevor ich den Anker über die Bordwand zog. Der Wind war über Nacht aufgefrischt und wehte mir nun kräftig aus Nordosten diagonal von meiner Linken entgegen – dabei schwappten die Wellen ins Boot. Mit dem Motor auf höchster Stufe kurbelte und kurbelte ich wie ein Besessener, bis ich realisierte, dass ich die Schnur nicht mehr straff bekam, seit ich im Boot war. Also stellte ich den Motor wieder aus und kurbelte einfach weiter. Ich gewann Meter um Meter und mit der Zeit wurde klar, dass, was auch immer da dran war, verloren war. Als ich mir das Ganze genauer anschaute, sah ich, dass mein Achterknoten im 30lbs-Geflecht einfach verschwunden war. Wie lächerlich war das denn bitte? Ich weiß, dass diese Knoten nicht besonders stark sind, hatte sie aber dennoch benutzt, weil ich gedacht hatte, dass ich so die Rigs im Boot leichter wechseln können würde. Als ich wieder bei meinem Swim ankam, klopfte mir das Herz noch immer im Halse… ich war fuchsteufelswild. Piraten! Das klare Tageslicht vermittelte eine neue Welle Zuversicht. Ich hatte in der ersten Nacht im neuen Bereich einen Biss gehabt, es würde also noch mehr Fische hier geben – redete ich mir ein. Den Tag über verbrachte ich damit, meine vorgebundenen Rigs zu zerschneiden und sie mit 50lbs Armakord Shockleader-Material neu zu binden. Die Spielchen waren vorbei – das Rennen hatte begonnen und Fragen durften nun keine mehr gestellt werden! Was als nächstes geschah, verschlug mir schier die Sprache. Den ganzen Tag über hatte ich gewartet, dass die Hechtangler wieder abzogen und wollte gerade loslegen, um die Ruten neu zu legen. Meine Verlobte rief auf ihrem Heimweg von der Arbeit an und als ich nach unserem Telefonat gerade auflegte, sah ich Karpfenangler – oder sollte ich sagen „Karpfenpiraten“ – in der Ferne. Es war gleich klar, dass es keine Raubfischangler waren, weil sie ein Beiboot hinter sich herzogen. Und sie steuerten geradewegs in mein Areal! Ich fuhr im Schnellflug hinaus, aber sie waren wesentlich schneller, einmal durch den Vorsprung und zudem durch Rückenwind. Dann ankerten sie direkt auf meinen Markern. Könnt ihr euch vorstellen, wie ich mich in diesem Moment gefühlt habe? Ich war ganz sicher nicht mehr gewillt, höfliche Konversation zu führen und es würde nicht viel fehlen, mich in einen Wilden zu verwandeln, wenn mich jetzt jemand provozierte. Realistisch betrachtet fischte ich zu weit draußen, um irgendein Argument auf meiner Seite zu haben, obwohl sie offensichtlich illegal über Nacht vom Boot aus auf meinem Spot fischten. Ich atmete tief durch die zusammengebissenen Zähne und wendete das Boot in Richtung Ufer – das geriet langsam zu einer fiesen Komödie auf meine Kosten. Was bleib mir schon übrig, außer eine unnötige Szene zu machen…. Aber Camping war ja mittlerweile zu einer Routine geworden und der Alkohol das einzige Hilfsmittel.Der Motivator kehrt zurückPaul kam am nächsten Tag, Samstag, den 26. September, frisch erholt und voller Energie wieder an. Ich hingegen glich einer Yeti-artigen Kreatur, nachdem ich einen guten Monat hier im Matsch ausgeharrt hatte. Der erste Plan sah vor, erneut das Boot zu mieten, allerdings sagte der Wetterbericht starken Wind aus Ostnordost voraus, so war das wohl nicht die beste Wahl. Bis wir Pauls Tackle am Angelplatz hatten, war es spät geworden. Am Sonntagmorgen waren die Piraten abgezogen, aber mit Hechtanglern, so weit das Auge reichte, gingen wir erstmal zu Mittag essen und Lebensmittel einkaufen und warteten auf die Rückkehr der Hechtjäger am Abend. Bei unserer Ankunft wurden wir von einem Kerl begrüßt, der sich als Kontrolleur vorstellte – nicht ein ausgewachsener und bewaffneter Guard de Peche, aber dennoch wollte er wissen, wo wir drei Stunden gewesen waren. Wir erklärten ihm, dass wir essen gewesen seien und er erklärte uns für verrückt, da ja jemand unser Tackle hätte klauen können. Im Ernst jetzt? Ich hatte hier wochenlang gesessen und es war nicht mal jemand vorbeigekommen, um zu fragen, ob ich etwas gefangen hätte! Uns drohte keine Gefahr, da die Ruten offensichtlich eingekurbelt waren, aber er wollte Pauls Angelerlaubnis sehen, die im Auto lag. Um diese zu holen, musste dieser die zwei Meilen zum Auto laufen, während ich den Smalltalk an der Backe hatte. Um die Geschichte hier abzukürzen: In der Nacht, in der wir wieder anfingen, im neuen Areal zu angeln, fing ich endlich meinen ersten Fisch vom Ufer, einen ledrigen Spiegler von 15,5kg. Es läuft – jetzt heißt es feilenAn diesem Punkt wurde mir klar, dass sich dieser Spot bezahlt machen würde. Alles, was ich tun musste, war, die Fallen neu zu stellen. Und tatsächlich, ab dieser Nacht liefen die Fische wie am buchstäblichen Schnürchen. Sobald es dunkel wurde, war die Atmosphäre wie elektrisch geladen und wir mussten uns nur zurücklehnen, in der Gewissheit, dass jede Sekunde einer ablaufen konnte. Und glaubt mir, das war einer der Teile Angelei, die mich am meisten begeisterten. Die Drills vom Boot aus in der Dunkelheit rangieren zwischen meinen meistgeschätzten Erinnerungen überhaupt. Anfangs bekam ich nur einen Biss pro Nacht, aber ich bemerkte schnell, dass, sobald ich weniger Futter hinzugab (ungefähr drei Schaufeln voll Boilies und Tigers) und diese nur knapp um die Rigs herum fütterte, die Bisse schneller kamen. Schnellere Bisse resultierten wiederum in schneller wieder liegenden Montagen und so kam ich in nur wenigen Tagen auf drei Fische pro Nacht.Dicke Fische und ein Gefühl in der MagengegendSobald das Fangen endlich losgegangen war, rief ich meinen Freund Gary von Trakker an. Ich hatte ihm versprochen mich zu melden, sobald es lief und so organisierte er einen Besuch auf Montag, den 5. Oktober. Da es so gut abging, würde ich ein paar Fische live für die Kamera fangen können, bevor wir alle am Donnerstag, den 8. Oktober nachhause fahren würden. Im Laufe des 3. Oktober hatte ich meine erste Begegnung mit einem der Hechtangler. Ich hatte tagsüber meine Schnüre im Wasser gelassen, in der Hoffnung, dass sie nicht eingesammelt werden würden … aber natürlich geschah genau das. Es gab keinerlei Konfrontation, sondern nur ein kurzes Handheben meinerseits, um zu signalisieren, dass ich die Situation realisiert hatte. Er ließ die Schnur wieder absinken, was zugegebenermaßen wirklich nett war, wenn man bedenkt, dass es immer wieder Fälle gibt, in denen die Schnur einfach durchgeschnitten wird. Die darauffolgende Nacht war die beste bisher und bis zum Morgen hatte ich drei Fische im Kescher gehabt, darunter zwei unglaubliche Schupper von 25,8 und 28,1kg. Der Trip war an diesem Punkt für mich gelaufen – meine Kindheitsträume hatten sich erfüllt. Der letzte Fisch, jener mit 28,1kg war um circa 6 Uhr morgens abgelaufen und ich legte die Rute nicht erneut. Und da ich schon wach war, kurbelte ich die Rute auch gleich ein. Warum? Nun, ich hatte so en Gefühl in der Magengegend, dass mich der Hechtangler vom Tag zuvor vielleicht angeschwärzt haben könnte, dass meine Montagen zu weit draußen lagen. Ich funkte noch schnell die Jungs am Gigantica an, um Hilfe mit dem Fotografieren zu bekommen und legte mich anschließend wieder hin.Endlich läuft es bei Darrell! Aber was hat es mit dieser Vorahnung auf sich? Alles nur Einbildung, oder vielleicht ein düsteres Omen? All das erfahrt im nächsten und letzten Teil von „Lost in France“.