Nachgehakt
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16.03.2021
Wie geht es dem Anglerfachmarkt in der Corona-Krise? Nachgehakt bei Reinhold Meyer von der Fishermans World
Die Corona-Krise und der anhaltende Lockdown haben den Einzelhandel schwer getroffen – auch in der Angelbranche! Mit einem packenden Videostatement wendet sich Reinhold Meyer von der Fishermans World an die Politik und sprach vielen Gleichgesinnten aus der Seele. Doch wie geht man als Unternehmer mit einer solchen Situation um, kann der Onlineshop das fehlende Geschäft auffangen und wie wirken sich die Lockerungsmaßnahmen aus? Wir haben bei Reinhold nachgehakt…Carpzilla: Hallo Reinhold, erst einmal freuen wir uns, dich zum heutigen Nachgehakt Interview begrüßen zu dürfen, auch wenn der Anlass ein trauriger ist. Mit deinem Video-Beitrag hast du vielen Händlern aus der Seele gesprochen. Erzähl unseren Lesern doch bitte nochmal kurz und knapp, was der Anlass des Videos war und was du darin genau kritisierst…Reinhold: Hallo liebe Leser, hallo Carpzilla-Team, zunächst einmal vielen Dank für die positive Rückmeldung auf das Video. Das Statement entstand aus der Not heraus, da unsere Ladentür ja seit dem 16.12. geschlossen bleiben musste und keine Öffnungsperspektive absehbar war. Ich glaube, keinem Politiker ist es bewusst, was es heißt, ein Geschäft zu führen – zudem sind die meisten Artikel doch Saisonartikel und jeder Angelgerätehändler weiß, was es heißt, den Saisonstart im März zu verlieren. Da wir auch sehr stark im Bereich Big Game und Norwegen-Angeln aufgestellt sind und Süddeutschlands größte Meeresabteilung haben, kann sich jeder vorstellen, dass bereits 2020 nicht einfach für uns war, da fast keine Touren stattgefunden haben. Am meisten kritisieren wir aber, dass einzelne große Discounter die Lage schamlos ausnutzen und Artikel aller Art verkaufen und der Fachhandel – vieler Branchen - vor die Hunde geht. Oft trifft das alteingesessene Traditionsunternehmen, die sich Jahrzehnte durch gute Beratung und Engagement einen Namen gemacht haben und jetzt durch die fehlgeleitete Politik für immer schließen müssen.Carpzilla: Im Video erklärst du den Zuschauern, dass sich mittlerweile einige offene Rechnungen angesammelt haben, die man während des Lockdowns kaum bewältigen kann. Wie geht man als erfahrener Geschäftsmann damit um? Gibt es seitens der Firmen aktuell Verständnis für Zahlungsrückstände?Reinhold: Es ist ein bedrückendes Gefühl, wenn sich ein Stapel voller Rechnungen ansammelt und die Einnahmen gegen Null laufen und die Warenberge immer größer werden. Natürlich können wir mit unseren Lieferanten wegen Zahlungsaufschub sprechen, man muss aber auch Verständnis haben wenn sie Ihre Rechnungen einfordern müssen, auch sie sind Unternehmen wie wir und haben tägliche laufende Kosten zu bewältigen. Auch Sie brauchen selbstverständlich ihr Geld. Carpzilla: Viele Händler in der Angelbranche fahren seit Jahren Zweigleisig, das heißt, sie haben neben dem stationären Handel auch einen Onlineshop, der nun durch den Lockdown boomt. Was kann das Onlinegeschäft ausgleichen?Reinhold: Selbstverständlich verfügen auch wir über einen modernen Onlineshop mit Versandlager. Aber der Umsatz durch den Onlineshop kompensiert nicht den Verlust durch unsere geschlossenen Fachmärkte. Wir haben ein durchdachtes Fachmarktprinzip und legen Wert auf eine gute Beratung und den persönlichen Kontakt zu unseren Kunden. Durch interessante Angebote und ein schönes Einkaufserlebnis nehmen Kunden oft auch weite Wege auf sich. Wir sind natürlich auch froh um jede Onlinebestellung, aber ein reiner Versandhandel kommt für uns nicht in Frage. Carpzilla: Warum glaubst du, wird das Click&Collect-System länderübergreifend so schlecht angenommen?Reinhold: Wie schon in unserem Video angesprochen, muss man – durch die Menge an Artikeln – die Ware vor Ort sehen. Sich vorab festzulegen, was man wirklich braucht, fällt manchen Kunden schwer und sie reduzieren sich dann lieber in ihrem Einkauf. Auch Anregungen im Laden wie Montagebeispiele, Infos und Tipps oder einen neuen Artikel in Natura zu sehen sind doch hilfreicher wie im Onlineshop oder Versandkatalog.Carpzilla: Gibt es für deine Region aktuell Öffnungsperspektiven, und wenn ja, wie sieht euer neues Hygienekonzept aus?Reinhold: Die Politik hat ab den 08.03.2021 Click & Meet für Regionen mit einer Inzidenz unter 100 freigegeben. Doch Click & Meet ist ein erheblicher Aufwand mit Voranmeldung, Eingangskontrolle und die vorgeschriebene Kontaktdatenaufnahme. Unserer Meinung nach ist die Situation auch nicht gerecht, da Kunden bei Discountern, Baumärkten und anderen Geschäften ohne Barriere einkaufen können. Mit Gleichbehandlung hat dies leider nichts zu tun. Auch Geschäften mit kleinen Mitnahme-Artikeln hat unsere Politik völlig durchs Raster fallen lassen. Unserer Meinung nach ist das Click&Meet in vielen Geschäften nicht praktikabel umsetzbar. Das vorgeschriebene Hygienekonzept setzen wir bestmöglich um und diese Vorschriften sind hingegen vollkommen in Ordnung.Carpzilla: Nehmen wir mal an, wir haben Corona irgendwann erfolgreich hinter uns gebracht: Wie lange wird es dauern, bis sich deine wirtschaftliche Situation wieder auf dem Stand von 2019 befindet?Reinhold: Eine Spaltung der Gesellschaft seitens der Politik kann nur vermieden werden indem die gesamt Wirtschaft gleichberechtigt nebeneinander arbeiten kann. Wir hoffen, dass es spätestens Ende März eine gute Angelsaison wird und wir den verlorenen Umsatz wieder zum Teil aufholen können.Auf die gesamte Wirtschaft bezogen wird das sicher noch sehr lange dauern. Manches wird mit Sicherheit in Bezug auf Traditionsunternehmen oder alteingesessenen Familienunternehmen für immer verloren sein. Wir hoffen nur, dass unsere Politik bald ein Einsehen hat und den Holzweg beendet.Carpzilla: Vielen Dank für deine Zeit, Reinhold. Wir drücken dir die Daumen, dass sich die Lage bald wieder verbessert!Das Nachgehakt-Interview führten David Rosemeier und Timo Schneider.Mehr über die Fishermans World findet ihr hier:https://www.fishermansworld.de/