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12.06.2017
Kai Lander: der Traum vom Geburtstagsvierziger
Gemeinsam mit Freundin und Hund zog es Kai Lander über seinen Geburtstag in die Wildnis Brandenburgs. Der Auftrag war klar: ein waschechter Geburtstagskarpfen aus einem großen Binnensee sollte sein schönstes Geburtstagsgeschenk werden. Ob sein Vorhaben gelang, lest ihr in seiner neuen Story:Jedes Jahr aufs Neue versuche ich meinen Geburtstag am Wasser zu verbringen. Dieses Mal fiel er sogar in eine bereits eingetragene Urlaubswoche. Ideal um mit meiner Freundin und Hund Ares dem Alltag zu entfliehen und für drei Nächte in meine Angelwelt abzutauchen. Die Location stand schnell fest: großes Wasser, weit abgelegen, ungestörte Natur, Ruhe.Eine Woche vor dem Trip versprach der Wetterdienst milde Temperaturen bis zu 20 Grad, gepaart mit reichlich Sonnenschein. Die Vorhersage und die Vorstellung eine große Flachwasserzone zu beangeln, waren eine vielversprechende Aussicht. Doch es sollte anders kommen: zwei Tage vor der Session kündigten sich die Eisheiligen an und auch in diesem Jahr sollte die Bauernregel einen ordentlichen Kälteeinbruch mit sich bringen. Na prima!Schlechtes Wetter, gute LauneAls wir unser Zielgewässer erreichten, hielt ich noch immer an der flachen Bucht fest. Der ein oder andere Fisch würde sich schon blicken lassen. Die Option, tieferes Wasser zu beangeln, bot sich ebenfalls von der Stelle aus an. Die Wollmützen tief ins Gesicht gezogen, mussten bis zur Angelstelle im Wald noch ein paar Kilometer mit dem Boot zurückgelegt werden. Mit jedem Meter, den wir tiefer in die Wildnis eindrangen wurde meine Stimmung trotz des spürbar kühleren Wetters besser: endlich Urlaub, endlich draußen sein, endlich angeln!Pfälzer Riesling bei VollmondNachdem die drei Ruten ihren Platz bekommen hatten, machten wir es uns gemütlich. Das Trakker Compsite Bivvy, mit der Utility Front getunt, gab uns ausreichend Schutz vor dem kalten Wetter. Vom Horizont stieg der Vollmond rasch den Himmel hinauf, es wurde richtig kalt. Der Kocher heizte das Zelt auf, dem Pfälzer Riesling kam dagegen die Kälte zugute. Nur an den Ruten blieb es den ganzen Abend still. Wir verkrochen uns gegen Mitternacht in die Schlafsäcke. Das nächste, was ich vernahm, war ein brutaler Dauerton… Tauziehen bei -3 GradDie Rute in 3,5m Tiefe, die ich auf einer Muschelbank in 500m Entfernung abgelegt hatte, rannte im Morgengrauen ab. Erst als ich krampfhaft versuchte, den Außenborder anzureißen, bekam ich mit, dass alles mit einer dünnen Eisschicht überzogen war. Zügig ging es auf den nebelverhangenen See hinaus. Der Drill artete in eine Art Tauziehen aus. Gewonnene Meter auf der Spule wurden im Nu wieder heruntergerissen.Gott sei Dank hatte ich mir noch eine Weste übergezogen, denn es war so kalt, dass ich meine Fingerkuppen nicht mehr spürte und sie während des Drills immer wieder ins wärmere Wasser hielt. Der Drill zog sich immer weiter in die Länge, also erhöhte ich stetig den Druck und schloss parallel dazu die Bremse immer weiter.Starker UnbekannterDer Unbekannte war von der Aktion wenig beeindruckt, er zog mich in meinem schweren Boot einfach hinter sich her, bis schließlich Blasen aufstiegen und der massive Spiegler an der Oberfläche lag. Ganz langsam glitt er in die Keschermaschen. Boahr, was war das für ein Drill!Da ich nur unweit vom Spot abgetrieben war, verstaute ich den Fisch mit reichlich Wasser in der Sancutary Padded Mat verstaut und legte die Rute sofort neu ab. Mit Vollgas ging es in Gleitfahrt direkt zurück zum Angelplatz, wo sich der Fisch im Retention Sling erholen konnte. Meine Freundin hatte bereits Kaffee gekocht, so war das Zelt angenehm erwärmt. Hier im nebelverhangenen Wald zeigte mein Thermometer nur -3 Grad an. Frühling wo bist Du?Nachdem meine Finger wieder aufgetaut waren, schossen wir ein paar Bilder von einem starken 18,4 Kilo schweren Spiegler und ließen ihn wieder frei. Bei starkem auflandigem Wind kletterte die Außentemperatur an diesem Tag nicht über 10 Grad - Zeltwetter! Der Luftdruck stieg bis zum Abend von 1014hPa auf 1023hPa und ließ meine Hoffnung auf Fischkontakt schwinden. So war es dann auch, kein Biss in der zweiten kalten Nacht. SektfühstückAm Morgen stießen wir zum Frühstück mit Sekt auf meinen Geburtstag an. Im Laufe des Tages schlug auch das Wetter um - bis zum Abend sollte der Luftdruck auf 1005hPa fallen. Perfekt - da muss was gehen. Am Nachmittag konnten wir schon wieder vor dem Zelt sitzen und die Sonne genießen - der Frühling war wieder da. Ein kleiner Satzer fand meinen Banoffee Popi am Hinge-Rig und unterbrach die Nachmittagsruhe. Ich sagte meiner Freundin, dass ein 20-Kilo-Fisch zum Geburtstag seit Jahren auf meinem Wunschzettel stehe. Sie kommentierte nur: „Dann musst du die Murmel am richtigen Platz ablegen!“. Ich dachte kurz über ihre Worte nach und wollte ihren Rat in die Tat umsetzen.Her mit dem Geburtstagskarpfen!Das wollte ich mir nicht zwei Mal sagen lassen und schritt zur Tat: Ich band mir ein neues Rig, zog einen meiner selbstgedrehten 30mm Crayfish Boilies plus einen 22mm Banoffee Pop Up aufs Haar und legte das ganze weit draußen hinter einer Krautkante in vier Metern Tiefe auf hartem Bodengrund ab. Hier war das Wasser mit 14 Grad wärmer als im flachen, abgekühlten Uferbereich mit 9 Grad. Die große Schneemann-Präsentation einzusaugen sollte nun hoffentlich keinem kleinen Karpfen mehr gelingen. Für die letzte Nacht war ich zuversichtlich, zumal jetzt auch der Luftdruck passte. 500 Meter – auf Biegen und BrechenUnd es ging was: Gegen 21:00 Uhr kam der erste Run, auf der neu gelegten Rute. Ich fuhr dem Fisch erneut auf gut 500 Meter entgegen. Zwischendurch musste ich immer wieder stoppen, um Kraut von der geflochtenen Schnur zu fummeln. Das nervte gewaltig, denn der Fisch kannte keine Pause, er zog immer noch kräftig Schnur von der Rolle. Als dann endlich die Schlagschnur zu sehen war, schaltete ich den Motor aus und pumpte mich zum Fisch heran.Er machte, wie der erste, ordentlich Ballett an der Rute. Schnur gab es wenig, ich hielt die Spule mit der Hand fest und ließ mich ziehen. Meine 2,75lb Rute pufferte die kräftigen Schläge problemlos ab. Einmal musste ich die Hand von der Spule nehmen, wollte ich ihn doch auf keinen Fall verlieren. Der Fisch mobilisierte seine letzten Kräfte und legte eine lange Flucht knapp unter der Oberfläche ein. Dann war es endlich geschafft, ein dicker Spiegler lag mit einem großen Batzen Kraut im Netz.Vierziger zum Geburtstag Beim genaueren Blick in mein Netz, hatte ich sofort die Vermutung, dass mein langer Traum endlich in Erfüllung gehen könnte. Kurze Zeit später bestätigte die Waage meine Schätzung: Mein Geburtstagsgeschenk war lang und massiv und 20,4 Kilo schwer: Yes - endlich mein Ziel erreicht! Darauf wurde mit Vodka-Tonic angestoßen. Noch einmal tief durchatmenIn der verbleibenden Nacht fanden noch ein paar Satzer im Flachen gefallen an meinen kleinen Pop Ups und unterbrachen unseren Schlaf. Mit aufgehender Sonne lief nochmal die Distanzrute ab. Ein weiterer langer, kampfstarker Spiegler mit großer Schwanzflosse und 18 Kilo Kampfgewicht sorgte erneut für einen langen, harten Drill, doch das Glück blieb auf meiner Seite.Nach einem ausgedehnten Frühstück bei T-Shirt-Wetter war unser Geburtstagsausflug in die Wildnis leider schon wieder vorüber.Doch fest steht, diesen Geburtstag werde ich sicher so schnell nicht vergessen und besonders die Worte meiner Freundin, denen ich in gewisser Weise meinen langersehnten Geburtstagsvierziger zu verdanken haben.Viele Grüße, Kai Lander