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21.05.2020
Ben Adler: Sektdusche am Kanal
Wie facettenreich das Kanalangeln auf Karpfen sein kann, erlebt Ben Adler zurzeit an seinem Heimatkanal. Nachdem der junge Story-Autor uns schon zuvor von holländischen Polderkarpfen und einem kapitalen Kanal-Graser berichtete, nimmt er uns nun mit auf ein Abenteuer mit einem ganz besonders dicken Ende. Ben gelang es, einen echten Lebensfisch aus der Rinne zu zaubern und berichtet uns von dem spektakulären Fang in seiner Story ...Neue MöglichkeitenDie Corona-Krise hat sicherlich den Alltag von uns allen komplett über den Haufen geworfen und ist für viele eine echte Herausforderung. Ich, als Schüler in Nordrhein-Westfalen, habe jedoch dadurch die Möglichkeit, viel mehr angeln zu gehen. So habe ich dieses Jahr bereits 3 Wochen an meinem riesigen Heimatkanal verbracht. Teilweise war ich sogar fünf Nächte am Stück unterwegs. Ich mache keinen Hehl daraus: Ich habe auf gut Deutsch “richtig auf die Schnauze bekommen”. Aber darauf will ich gar nicht so genau eingehen, denn mir war klar, dass irgendwann ja mal ein Fisch vorbeikommen würde.Im Laufe der Zeit, und der Tatsache geschuldet, dass in meinem Umkreis schon einige Fische gefangen wurden, bin ich ehrlich gesagt dann doch langsam unruhig geworden. Unter anderem konnte ich meinem guten Freund Adrian zu seinem ersten Karpfen überhaupt verhelfen. Doch so sehr ich mich auch von ganzem Herzen für ihn freute, wollte ich natürlich endlich selber erfolgreich sein.Taktikwechsel - Futterplatz Die Wassertemperatur des Kanals stieg während der „Corona-Ferien“ weiter bis auf 16°C an. Der Schuppi, welchen Adrian fangen konnte, und die geäußerten Vermutungen der Kanalcrew (Lucas, Christoph und Marco) ließen uns darauf schließen, dass die Karpfen nun mobiler wurden und größere Wege zurücklegten. Wir beschlossen in zwei Bereichen des Kanals Futterplätze anzulegen. Ich befütterte einen Spot in einem Wendebecken des Kanals, Lucas und Christoph hingegen ein Areal auf gerader Strecke. Als Futter setzten wir auf Partikel und Boilies. Knapp anderthalb Wochen wurden die Spots vorbereitet.Hochmotiviert in den MaiAm 30.04. machten Lucas und ich uns den Feiertag zunutze, um drei Nächte angeln zu gehen. Wir entschieden uns für die Stelle an der Kanalstrecke, da sie uns an diesem langen Wochenende irgendwie mehr zusagte. Meine Mutter brachte mich an diesem Tag gegen 17 Uhr raus. Ich baute mein Zelt auf, richtete alles ein und montierte ganz in Ruhe meine Ruten mit den Rigs. Daraufhin staffelte ich meine Ruten auf 2, 3 und 4 Meter Abstand zur Spundwand. Schließlich traf auch Lucas ein und brachte einen kräftigen Regenschauer mit, sodass er sein Equipment leider im Nassen aufbauen musste. Ein Glück, dass ich schon fertig war. Eine halbe Stunde später waren jedoch auch seine Ruten im Rennen. Es konnte nun endlich losgehen...Gelungener StartLangsam wurde es dunkel, doch das bekamen wir nicht wirklich mit. Zwei Stunden saßen wir vor den Zelten und hielten den wohl intensivsten Rig-Real-Talk aller Zeiten. Eine Zeitrafferaufnahme von dieser Situation wäre wohl der Hammer gewesen. Wir knieten auf dem Boden, starrten auf unsere Rigs und gestikulierten die ganze Zeit wild herum. Während wir philosophierten, piepste der Bissanzeiger von Lucas zweimal auf. Kurz darauf folgten noch zwei weitere Töne. Er sprang auf, rutschte weg und glitt den steilen Weg zur Spundwand hinunter. Die Rute bekam er dabei gerade noch zu fassen und drillte den Fisch anfangs liegend. Der Fisch wurde sicher gelandet und das Ergebnis der Rutschaktion war ein 5 Kilo schwerer Spiegelkarpfen. Nach dieser längeren Durststrecke für uns definitiv ein Grund zu feiern.Tanz in den MaiMittlerweile war es Nacht und wir verschwanden in unseren Zelten. Dann hörte ich nur ein: „BEEEEEN“. Lucas hatte einen weiteren Fisch im Drill. Aus dem Tiefschlaf gerissen, eilte ich ihm zur Hilfe und kescherte den nächsten ausgedrillten Kanalspiegler . Doch dieser Fisch war durchaus schwerer - 13 Kilogramm zeigte die Waage an. Wir schienen mit dem Futterplatz vieles richtig gemacht zu haben und feierten voller Euphorie das bisherige Ergebnis.Am frühen Morgen legte ich meine Ruten näher an die Spundwand - eine direkt daneben, die anderen beiden mit 1 und 1,5 Meter Abstand. Da die Spundwand an dieser Stelle einen Knick macht, befürchtete ich, dass abziehende Fische die Schnur an dieser Stelle beschädigen könnte, und hatte zuerst größere Abstände gewählt. Auf Nachfrage hatte mir Christoph jedoch berichtet, dass er mit der Wand noch keine Probleme gehabt hatte und die Karpfen häufig direkt an dieser entlang patrouillieren.Vom Pech verfolgtSpäter am Morgen kitzelte uns die Sonne nach der erfolgreichen Nacht so langsam aus dem Schlaf. Wir frühstückten gerade, als Lucas zu mir meinte: „Der Nächste, der abläuft, gehört dir Benny…“. Die Zeit verging schnell, als plötzlich mitten am Tag tatsächlich eine Rute von Lucas ablief. Tagsüber hatten wir an dieser Stelle nicht mit einem Biss gerechnet. Jedenfalls nahm Lucas die Rute auf, um sie mir im nächsten Moment zu überreichen. Der Drill begann, doch der Fisch flüchtete nicht. Er blieb einfach auf der Stelle stehen und ich spürte starke Kopfschläge. Das tat er auch die nächsten 30 Sekunden, bis geschah, was geschehen musste… er schüttelte den Haken mithilfe des Bleies ab. Ich war traurig, fassungslos und wütend zugleich. Ein Glück, dass es die Rute von Lucas war, andernfalls wäre sie wahrscheinlich im hohen Bogen in den Kanal gesegelt…Die zweite ChanceDen Tränen nah, verkroch ich mich in meinem Zelt. Lucas versuchte, mich aufzuheitern. Stark gefrustet bereitete ich neue Rigs vor und während ich im Zelt ein Rig mit einem Schneemann beköderte, legte meine Rute einen Vollrun hin. Ich hastete zur Rute hin und sah, wie Lucas den Run weiter anfeuerte. Ich sagte: „So, den hol ich mir jetzt! “. Es war die Rute, die ich direkt neben der Spundwand auf knapp 100 Metern Entfernung ausgelegt hatte. Der Fisch hing und nahm weiter Schnur von der Rolle. Ich ging ihm langsam entgegen. Er war nicht zu bremsen. Den verlorenen Fisch im Kopf, drillte ich aber auch sehr vorsichtig. Der Fisch fühlte sich sehr schwer an und klebte am Grund. Sobald ich ein paar Meter Schnur gewinnen konnte, nahm er die doppelte Länge zurück. Es vergingen über 10 Minuten, bis wir ihn das erste Mal zu Gesicht bekamen.Ein prächtiger SpieglerEin wirklich mächtiger und gewaltiger Spiegler durchbrach die Wasseroberfläche des Kanals, mir schlotterten die Knie. Es war ein richtiges Monster, das sich da gehakt hatte. Nach zwanzig Minuten gelang es uns schließlich, den alten Kanalrecken zu Keschern. Für alle Beteiligten war dies ein unvergesslicher Moment. Nun galt es, ihn aus dem Wasser die Spundwand hochzuheben und bis zur Matte zu tragen… Ich kann schon mal sagen, dass dafür zwei Personen nötig waren. Es war wirklich ein richtiger Brocken. Wir beide hatten so einen riesigen Karpfen bis dahin noch nie gesehen. Solch einen großen Fisch bekommt man an einem so riesigen Kanal nur selten zu Gesicht. Zurück im Camp, hängten wir den Fisch an die Waage und konnten es nicht glauben, als der Zeiger sich überschlug und wieder auf Null landete ... 26 Kilogramm. Das erste U-Boot in der Monster Carp Corral von Nash, welche ich bei Carpzilla gewonnen hatte... (noch einmal ein riesiges Dankeschön an euch). Wir machten schnell ein paar Fotos. Dabei sind zwar nur 4 oder 5 gute Bilder herausgekommen, denn bei allen anderen konnte ich den Fisch entweder nicht richtig halten oder gucke, als ob ich einen 24-Stunden-Marathon ohne einen Schluck Wasser gelaufen wäre. Trotzdem bin ich auch mit diesen Bildern glücklich, da sie mich auf ewig an diesen Moment erinnern werden und die Situation so zeigen wie sie nun mal wirklich war.Jetzt wird richtig gefeiertWir meldeten Christoph sofort von diesem spektakulären Fisch und dieser verlor keine Zeit, um direkt vorbeizukommen. Er ließ es sich nicht nehmen mir eine Sektdusche zu verpassen und wir feierten ausgiebig. Diese Session werde ich niemals vergessen. Sie hatte alles, was man sich nur vorstellen kann - Teamwork, einen gemeinsamen Plan, Frust und Tränen die schlagartig in Freude übergingen und neben wunderschönen Spiegelkarpfen einen absoluten Ausnahmefisch.So viele Menschen haben ihren Anteil am Fang dieses Fisches. Es ist ein Fisch, den sich die gesamte “Kanal-Crew” hart erarbeitet hat. Das ist das, was Karpfenangeln in meinen Augen ausmacht. Gemeinsam Spaß zu haben, zu lachen und Karpfen zu fangen. Es sind die Freundschaften, die diese Angelei besonders machen…KEEP THE SPIRIT...und viel Erfolg am WasserEuer Ben Adler