Ich beginne mal Ende August… Warum auch nicht?! Schließlich hat mein Angeljahr zwölf ganze Monate; ich war noch nie ein großer Freund von Winterpausen. So liebe ich es genauso, vom Vogelgezwitscher im Sommer allmählich wach zu werden, wie von den warmen Temperaturen, die die Zeltheizung allem um meinen Schlafsack herum im sonst beißenden Frost des Winters einhaucht.
Aber warum nun nicht mit einem Jahr im Januar beginnen wie jeder normale Mensch? Ich will es kurz machen: Ich erhielt Anfang des Jahres einen herben Dämpfer für meine umfassenden Frühjahrspläne, die ich mir in den langen Winternächten im Bivvy und Auto zusammengeträumt hatte. Schon bei meiner ersten Anfahrt an den großen Fluss kam mir der Revierförster entgegen und die erste Aussage lautete, dass ich über Nacht hier draußen nichts zu suchen habe. Das war in Anbetracht des eben erst gekippten Nachtangelverbots in Baden-Württemberg ein herber Rückschlag. Nachdem ich im Jahr zuvor das Frühjahr meines Lebens hier verbracht hatte und schon ab 6 Grad Wassertemperatur eine Unmenge an Fischen bis über 28kg fangen konnte, war die Vorstellung, auch mal eine ruhige Nacht an einem Heimatgewässer zu verbringen, einfach der Gipfel der Glückseligkeit – bis zu diesem Moment im Wald. Natürlich war und ist der Herr im Recht, denn Naturschutzgebieten hat man über Nacht fernzubleiben, was ich erst im Nachhinein so richtig realisierte. Was das Treffen aber mit meinem restlichen Angeljahr anstellen sollte, konnte ich noch nicht absehen. Denn binnen weniger Minuten war so viel Motivation verpufft, so viel Frust geboren … ich war planlos. Und das sollte mich fester im Griff haben, als mir lieb war.
Ablenkung und dicke Fische
Ablenkung und auch eine gehörige Portion Abwechslung schenkten mir zahlreiche Ausflüge mit der Fliegenrute, sobald die Forellenschonzeit vorbei war. Ich liebe diese aktive Form des Angelns, der intuitiven und reinen Jagd auf sich zeigende oder lauernde Räuber – ganz im Gegenteil zum Karpfenangeln, bei dem ich zwar gerne Zeichen deute und sich bietende Chancen nutze, aber nur selten aktiv auf Stalkingtour gehe. Und so verstrich das Frühjahr zwar mit dem ein- oder anderen Karpfen aus den heimischen Baggerseen – und ja, auch mit ein paar tollen Fischen bei Tagesansitzen am großen Strom – aber so richtig in den Flow sollte ich, abgesehen von wirklich grandiosen Ergebnissen beim Fliegenfischen, nicht kommen. Nun muss ich anmerken, dass ich deshalb nie das Gefühl hatte, in irgendeiner Form desolat oder ausgebrannt zu sein. Erstens gab mir meine zweite Passion viel Auftrieb, zum zweiten fing ich ja zwischendurch trotzdem gute Karpfen, vor allem aber bin ich quasi an einem Lowstock großgeworden, der in Sachen Bisse/verwendete Zeit in der Vergangenheit manchmal eine echte Drecksau sein konnte – das härtet dann schon etwas ab.
So lümmelte ich mal an das eine, mal an das andere Gewässer. Etwas hartnäckigere Versuche an einem See, bei dem ich nicht sicher war, ob er überhaupt noch Karpfen beherbergt, wurden nicht von Erfolg gekrönt und so brauchte es zwei fantastische Frankreichsessions, bei denen ich mich mal wieder so richtig wund fangen konnte, um die 8ft 4er-Klasse mit der krächzenden Rolle und Flugschnur endlich einmal wieder dauerhaft gegen die 12ft-Ruten mit den Longcasts zu tauschen.
Teamgeist haucht Geist ein
Ein ganz besonderer Moment aber, der mich endlich wieder neue Pläne schmieden ließ, war das letzte Augustwochenende: Fangkraft-Teamtreffen am Steineweiler Weiher der Angelzentrale Herrieden! Hätte mir mal bitte jemand vorab sagen können, dass ich da mit meinen Flussruten und der 0,43er Mono ziemlich eingeschränkt fischen würde? Okay, Max hatte mich mit zahlreichen Sprachnachrichten an und für sich bestens informiert … wollte ich nicht hören? Beginnender Altersstarrsinn?
So kam ich da am Freitag, den 26.08. morgens um 7:00 an. Niemand da? Kannte ich so nicht! Wenn ich mit meinen Jungs ausmache, dass wir uns um 9:00 treffen, muss man ab 6:00 schauen, wo man die Ruten noch dazwischen klemmen kann. So wurde also erstmal Kaffee gemacht und der See ausgiebig begutachtet. Da es ausgezeichnet blubberte und die Fische in schöner Regelmäßigkeit sprangen, sollte das doch kein Problem sein, hier auch kräftig aufzumischen! Pustekuchen!!! Warum? Falscher Gedankengang!
Ich nahm an, dass die Fische an den Rändern entlang ziehen (wenigstens in der Dunkelheit), denn oft versuchen an stark befischten Gewässern die Angler die Fische in erster Linie durch weite und noch weitere Würfe zu überlisten. Resultat: Die Karpfen ziehen spätestens im Schutz der Nacht direkt an den Uferkanten entlang.
Weit gestreutes Futter dürfte doch prima funktionieren. Nope, tat es nicht. Ich hatte vermutet, dass es die sonstigen Angler in erster Linie darauf ansetzen, möglichst auf engem Raum zu präsentieren – richten sollten es also mit dem Wurfrohr recht breit gestreute 20er Boosted. Erst später realisierte ich, dass das Verbot von Booten (und auch Futterbooten) genau dieser Theorie widersprach. Und tatsächlich: Die Jungs, die ihr Futter und ihre Montagen auf sehr kleinem Raum anboten, wurden im Schnitt weitaus besser belohnt.
Mein Rig funktioniert doch! Tut es in der Tat, aber nur, wenn es sauber liegt. Glücklicherweise schnallten Max und ich schnell, dass wir auf Weite kommen müssen und bereiteten einen kompakten Futterplatz mit maximal kötzeligen Tigers und einem herrlichen Mix durch die ganze Solid-, Base- und Boosted-Palette vor. Hierzu sollte man aber auch bedenken, dass nicht jedes Rig gleichermaßen gut fliegt, bzw. landet, wie vom Boot aus abgelassen.
Ich will mich nicht beschweren, denn ich fing einen tollen Schupper und zwei echt coole Graskarpfen, als ich aber nach der zweiten Nacht eine Montage einkurbelte, die sich fein säuberlich ums Blei geknotet hatte und die zweite (in fester Hoffnung im Nahbereich versenkte) auch nichts gebracht hatte, wurde mir etwas klar: Ich habe neue Ziele für den Herbst!
Ziel 1: Ein neues Rig für weite Würfe muss her! Etwas, das sich bei meinen durchschnittlichen Wurfkünsten nicht verzwirbelt und beim Distanzangeln ordentlich resettet, sobald die Weißfische mal wieder am Platz sind. Fündig wurde ich – so der aktuelle Plan – in einem D-Rig, das Christopher vor einiger Zeit auf Carpzilla vorgestellt hat. Vorteil daran: Es lässt sich recht einfach bauen, was meiner Herangehensweise an das Thema Rigs im Allgemeinen entspricht. Außerdem lässt sich das „D“ durch ein Hookbead auf dem Hakenschenkel entsprechend formen, wodurch ich auf diesem keine zusätzlichen Knoten anbringen muss.
Ziel 2: Ich brauche Struktur! Richten soll dieses Anliegen eines meiner Heimatgewässer, ein Baggersee mit zahlreichen Features und tollen Fischen. Diesen möchte ich in baldiger Zukunft auf die Schuppen rücken – natürlich mit Ziel 1 im Gepäck.
Ziel 3: Input ist so wichtig! Ein riesiges Dankeschön und eine große Portion Liebe an die ganze Fangkraft-Crew für ein tolles Wochenende mit netten Gesprächen und diesem Vibe für ein gemeinsames Ziel, was mir einen gehörigen Anstoß gegeben hat. Er ist wieder da, der Drang, etwas zu reißen.
Mit dabei wird meine gesoakte „bunte Mischung“ sein – zum Glück nicht bestehend aus einem Sack „Futterboilies“ zum formidablen Preis – sondern aus diversen Größen Solids, Base und Boosted. Definitiv werde ich auch weiter auf meine bewährte Kombi aus Boosted und Fluo Yellow setzen, denn solange das Rig funktioniert und der Angler im Flow ist: diese Kombi geht immer.
Euch einen prima Herbst und schöne Stunden am Wasser!