Sex, Love & Rock’n’roll! Okay, okay, natürlich passt Rock’n’roll weniger auf die Lebensumstände unserer Carps. Doch für richtig heiße Liebe sind die Jungs und Mädels schon eher zu haben. Allerdings trifft das Ganze in der Regel nur auf einen ganz bestimmten Zeitraum eines jeden Jahres zu. Zumeist ist diese Phase auf die Monate Juni bis Juli einzugrenzen.
Für die Angelei bedeutet diese „heiße Phase“ des Jahres nicht unbedingt nur Positives. Weil die Karpfen nun ziemlich launisch sind, ist das Fischen nicht wirklich gut planbar. Gerade erst waren die Jungs noch in einer netten Fresslaune, kann es damit schon wenig später komplett vorbei sein. Das eigentlich sehr positive Hochdruckwetter mit seinen frühsommerlichen Temperaturen hat die Stimmungslage gänzlich verändert. Das zuvor noch ordentliche Interesse an etwas Fressbarem ist einer weniger angenehmen Lethargie gewichen. Für uns als Außenstehende hat es den Anschein, als wäre diese wohlige Wärme den „Kollegen“ total auf dem Magen, äh Darm geschlagen. Wie auch immer, die Mäuler sind jetzt nur noch in wenigen Ausnahmefällen geöffnet. Auffällig ist jetzt, dass die paar wenigen Anbisse fast ausschließlich von wirklich kapitalen Rognern erfolgen. Das sprichwörtliche Kleinvieh macht jetzt scheinbar keinen Mist mehr!
Doch halt: Hält diese wohlig warme Hochdruckphase nun noch weiter an, kann sich das Blatt sehr rasch wieder komplett wenden. Auf einmal versammeln sich die kleineren Karpfen in den zum Laichen auserkorenen Flachzonen. In wenigen Tagen oder aber auch Nächten geht es nun nur noch um Sex & Love. Und ja, ein mit Reizen hausierender Kleinköder kann nun sicherlich den einen oder anderen Karpfen von seinen Trieben ablenken. Doch als eine reife Leistung würde ich so einen Fang nicht gerade einordnen. Da halte ich mich doch eher an das Freiwasserfischen. Dort versuche ich dann vielleicht noch, den einen oder anderen am heißen Liebesspiel weniger interessierten Rogner zu überlisten. Ja wie wahr, in der Regel sind von den wirklich Großen nur wenige Exemplare in diesen Trubel integriert. Einige Zeit später, wenn die kleinen damit nichts mehr am Hut haben, schlägt dann erst ihre echte Stunde der Wahrheit.
Ach ja, bei beiden Ereignissen kann es sogar vorkommen, dass der wirkliche Laichakt gänzlich hinter zugezogenen Vorhängen stattfindet. Damit meine ich natürlich, dass sich alles mehr oder weniger im Schutze der Dunkelheit abspielt. Nicht selten bahnt sich der Startschuss durch ein mehr oder weniger heftiges Gewitter an.
Genau so ist es nicht nur in diesem Jahr an einem Gewässer geschehen, welches ich während dieser sensiblen Situation befischt habe. Und wenn sich alles so planmäßig abspielt, wie ich es gerade beschrieben habe, dann ist es sowohl für die Karpfen als auch für uns Angler die absolut perfekte Konstellation.
Allerdings ist dies nicht wirklich immer, bzw. nicht an jedem Gewässer der Fall. Oftmals sind es die tiefen Baggerseen, die für Störungen im Laichverhalten sehr anfällig sind. Heftige Winde gehen hier mit einer Vermischung unterschiedlicher Wasserschichten einher. Und wenn sich das vielleicht bereits auf 18 bis 20 Grad Celsius erwärmte, oberflächliche Wasser mit den darunter befindlichen Schichtungen von nur 8 bis 15 Grad Celsius vermischt, dann wird dies sicher jeglichem Laichinteresse den Garaus machen. An einem dieser großen und tiefen Seen habe ich es schon einmal erlebt, dass immer dann, wenn die Fische mit ihrem Fortpflanzungsprozedere beginnen wollten, das Wetter Eskapaden schlug. Tiefdruck mit teils heftigem Wind stoppte jegliche diesbezügliche Aktivität bereits im Ansatz. Das Ende vom Lied waren in der Folge von mir gefangene Milchner, die Ende September und Anfang Oktober immer noch sichtbar mit Milch gefüllt waren. Rogner waren bis dahin gänzlich außen vor. Erst als es sich im November wieder spürbar abkühlte, fing ich wieder spürbar besser. Jetzt schienen auch die großen Rogner wieder ordentlich Lust auf meine Futtergaben zu haben. Und auch wenn ich ihren Verbleib nicht zweifelsohne belegen kann, einige der mir bekannten kapitalen Rogner sind seit diesem Jahr verschwunden. Auch wenn ich mir dieses Szenario natürlich nicht unbedingt ausmalen möchte, es könnte für sie auch mehr als nur für bloße Appetitlosigkeit gesorgt haben. Die häufig zitierte Laichverhärtung könnte gewiss nicht nur ihren Nachwuchs das Leben gekostet haben. Doch ehrlich gesagt ist bei mir der Glaube an ein Wiedersehen immer noch allgegenwärtig. Denn ein jeder Anbiss kann selbstverständlich immer noch für die gedankliche Fehldiagnose sorgen. Und keinen anderen als den selbsternannten „Herrn Doktor“ würde dies mehr freuen! In diesem Sinne stirbt auch in dieser Beziehung die Hoffnung immer noch zuletzt…
Ich wünsche Ihnen eine erholsame Zeit am Wasser und viele dicke Karpfen!
Thomas Talaga