In Teil 1 dieser Kolumne liest Du es bereits, mein neues, altes „Carp Gangster Boat“ wurde nicht nur wunderbar eingeweiht, es bestand auch seine Feuertaufe auf dem herausfordernden Lac de la Fôret d'Orient. In diesem Part schließe ich die Story zur Session ab und berichte Dir von einem Hattrick an 50er an nur einem Tag.
Jetzt geht’s los!
Die linke Rute, auf der ich den 38er gefangen hatte, sollte in den Morgenstunden noch mehrmals zum Leben erwecken: In kurzer Folge brachte sie mir drei Fische, zwei davon in Gestalt von kleineren Schuppenkarpfen, doch der dritte war ein wirklich epischer 50lb Spiegler! Jetzt fing es an zu laufen! Die rechte Rute blieb den ganzen Tag unbewegt, gegen Abend entschied ich mich, sie neu zu platzieren. Auf dem Weg zum überhängenden Baum fiel mir auf, dass der Schlagschnurknoten längst auf der Rolle sein müsste – da stimmte was nicht... Am Spot angekommen sah ich kaum mehr Futter am Grund und mein gelber Pop Up stand da definitiv nicht mehr!
Da ist ja einer dran?!
Die Zahnräder im Kopf drehten sich langsam, bis ich realisierte, was los war. Ich hatte einen Fisch am Band, den Biss aber nicht bemerkt! Und jetzt war ich weit weg vom Hauptboot und hatte nicht mal einen Kescher an Bord! Nachdenken, Darrell! OK, ich legte die Rute auf den Baum und öffnete die Bremse, dann ruderte ich schnell zum Hauptboot und holte mir Watstiefel und Kescher. Zurück bei der Rute überprüfte ich zuerst, ob es sicher war, vom Boot zu gehen. Gut ein Meter Tiefe, das sollte passen, also runter von der Jolle! Hier im Dickicht aus Kraut und Buschwerk wäre mir die Rute nur im Weg, ich arbeitete mich von Hand die Schnur entlang. Ich folgte der Schnur im Zickzack durch ein großes Schilffeld und erreichte nach kurzer Zeit den schweren 0,60mm Mono Leader, also nur noch 12 Metern Abstand zum Fisch! Ich fuhr fort und zog das Netz hinter mir her als plötzlich das Ende des Leadcores aus dem Wasser vor mir ragte. Ich war sehr nah dran! Die Frage war, ob der Fisch noch am Haken hängen würde. Bis knapp über meinem Bauchnabel tief stand ich im Wasser und schaute geradewegs in die Richtung, in die das Leadcore zeigte. Dann sah ich den gelben Essential Cell Pop Up zwischen den Schwaden aus aufgewühltem Boden aufleuchten. Und der hing wirklich aus dem Maul eines großen Karpfens! Deutlich erkannte ich jetzt die Umrisse des Tieres vor mir. Vorsichtig zog ich am Leader und spürte, dass er um einen Schilfhalm gewickelt war. Ich hatte keinen direkten Kontakt, was bedeutete, wenn der Fisch in Panik geriet, konnte er leicht noch aussteigen. Ich blieb völlig ruhig stehen, das Wasser beruhigte sich und so konnte ich besser hinein schauen. Ich sah den Halm, der hier Ärger machte.
Hattrick am Orient
OK, nur die Ruhe! Den Leader in der einen Hand, griff ich nach dem Halm und sorgte für einen festen Stand als Basis. Dann lehnte ich mich zurück auf die Fersen und riss an den Halm. Er folgte dem Druck und sofort spürte ich die Kopfschläge des Fisches über den Leader. In Panik sprang das Tier mir regelrecht vor die Brust, der Kescher war außer Reichweite und mir blieb nichts anderes übrig, als beherzt zuzupacken! Ich umschlang die groß, rot-braune Flanke mit meinen Armen und drückte ihn fest gegen meine Brust, dann wuchtete ich ihn in den offen liegenden Kescher: Hab Dich! Unorthodox ja, aber trotzdem sehr effektiv! Auf der Waage brachte der Spiegler 52lb. Damit war mir ein Hattrick mit Orient 50ern an nur einem Tag gelungen! Rückblickend muss sich dieser Fisch schon Stunden vorher gehakt haben. Vielleicht während ich die andere Rute neu platzierte oder mich im Drill mit einem anderen Fisch befand?
Ich fischte weitere zwei Nächte dort, blankte aber wieder. Bevor ich vom starken Wind gezwungen wurde, die Abreise anzutreten. Ich hatte es immerhin geschafft, sieben Nächte lang zu fischen, bevor ich zwei Tage früher als geplant vom See geblasen wurde.
Ob mich das störte? Nicht wirklich! Am Gigantica reinigte ich meine Kleidung und duschte ausgiebig. Mit dem früh gepackten Van am nächsten Tag und meiner Wäsche in der Maschine gab es für mich nichts anderes zu tun. Ich kaufte eine Kiste Kronembourg und ließ diese weitere abenteuerliche und intensive Orient-Session Revue passieren. Der Thinking Tackle-Dreh stand nun an. Und davon berichte ich schon bald hier. Als Vorgeschmack, wir fischten an einem öffentlichen Szene-See und hatten Security dabei, die auf unsere Fahrzeuge und uns aufpasste...
Bis zum nächsten Mal und tight lines,
Pecky