Erst kürzlich berichteten wir über einen unfassbaren 33,6 Kilo schweren Schuppenkarpfen, Ende März gefangen von unserem Vom Wasser-Autor Andreas Hetzmannseder an einem öffentlichen Baggersee in Österreich. Andi ist bereits im vergangenen Jahr mit seinen frühen Großkarpfenfängen aufgefallen. Wir berichteten schon damals über seine Fänge, unter anderen ein 27,6 Kilo Schuppi und ein weiterer mit 25,1 Kilo. Verantwortlich für Andis Erfolge: eine kluge, mobile Herangehensweise und Chod Rigs mit attraktiven Pop Ups. Wir wollen natürlich mehr erfahren und haben für euch nachgehakt!
Carpzilla: Hallo Andi, zunächst nochmal einen dicken, fetten Glückwunsch zu diesem unfassbaren Schuppenkarpfen! So groß, urig und dann auch noch ein Schuppi aus einem öffentlichen Gewässer – mächtig! Kanntest Du diesen Fisch, hast ihn vielleicht sogar gezielt beangelt oder kam er für Dich aus dem Nichts?
Andreas: Hey! Vielen Dank erstmal für das Interesse. Obwohl der Fang schon eine Weile her ist, bin ich selbst auch noch immer ziemlich euphorisch, diesen Fisch gefangen zu haben. Definitiv einer der Momente, die ich auf ewig in Erinnerung behalten werde.
Ich wusste um die Existenz des Fisches bescheid, habe aber nicht nur gezielt auf diesen einen Fisch geangelt, dazu hatte ich viel zu wenig Informationen über Fressverhalten, Vorlieben oder Eigenheiten. Viel eher ist es so, dass ich probiert habe, meine Angelei an dem Gewässer einfach ständig weiter zu bringen und versucht habe, konstant dort zu angeln, wo auch die Fische sich aufhalten.
CZ: Wie genau ist der Fang abgelaufen? Dein Bruder hat die Bilder geschossen, richtig? War er mit am Wasser?
Andreas: Da muss ich jetzt vielleicht etwas weiter ausholen. Ich habe dieses Jahr schon wenige Tage, nachdem der See von der winterlichen Eisdecke freigegeben wurde, mit dem Angeln begonnen. Das hat so ausgesehen, dass ich zu Beginn mehrere verschiedene Spots jeweils für einen oder zwei Tage beangelt habe und dann wieder eine neue Stelle anvisiert habe, wenn nicht irgend etwas Gravierendes passiert ist. Den Spot an dem ich schlussendlich gelandet bin, hat einen einzelnen Fisch gebracht, den ich frühmorgens, bei wirklich noch eisigen Bedingungen, beobachtet hatte. Dieser eine Fisch war in den ersten 3 Sessions tatsächlich auch das einzige klare Zeichen, das ich gesehen habe - obwohl ich wirklich viel nach Fischen Ausschau gehalten habe. Die Auswirkungen des harten Winters und der damit verbundenen, kalten Wassertemperaturen taten also ihr übriges. Am neuen Spot folgten 3 Sessions in denen ich immer Fische beobachten konnte. Meistens verrieten sie sich zwar erst spät nachts durch rollen, aber es war Aktion vorhanden und ich konnte Fische fangen. Erst einige Brassen, dann eine Hand voll kleiner Fische und schließlich ein Schuppi von ca. 12 kg. Die Dinge entwickelten sich also ganz gut für mich. Die Session in der der große Schuppi kam war Mitte März. Ich konnte glücklicherweise für 3 Tage unter der Woche angeln und als am zweiten Tag ein kräftiger Föhn aus Südwest genau in meine Bucht blies war klar, dass es jetzt zählte. Ich kann mich noch gut daran erinnern, als ich genau an jenem Abend mit Michi Friedmann ein Telefonat geführt hatte und ihm erzählt hatte, dass ich ziemlich sicher bin, dass in den kommenden 2-3 Tagen der Schalter fällt. Die Bedingungen waren einfach zu gut. Mit der einbrechenden Dunkelheit flaute der Wind ab und das Gewässer lag wie ein Spiegel vor mir. Es war stockdunkel und der gesamte Himmel mit Wolken verhangen. Plötzlich, wie aus dem Nichts, rollten spät nachts mehrere gute Fische direkt in dem mir vorgelagerten Bereich. Unfähig zu schlafen, spazierte ich mitten in der Nacht einige Meter, bereitete meine Rigs mit neuen Pop Ups vor und lauschte in die Dunkelheit, die immer wieder durch eindeutige Geräusche unterbrochen wurde. Durch ein Nachtangelverbot war ich gezwungen, meine Ruten erst am kommenden Morgen wieder auswerfen zu können. Der erste und einzige Biss an diesem Tag kam um 08:00 Uhr morgens. Nach einem ruhigen, schweren Drill erhaschte ich einen Blick auf mein Gegenüber, als dieser 20-30 Meter vor mir an die Oberfläche kam und das erste Mal nach Luft schnappte. Regelrecht geschockt von dem massiven, breiten Kreuz wollte ich nichts riskieren und ging dem Fisch kurzerhand einige Meter entgegen. Nur mit Socken und ohne Wathose, im eiskalten Wasser – haha. Es ging aber glücklicherweise alles gut aus und als ich mein Netz unter den großen Fisch schob, fiel mir regelrecht ein ganzer Felsbrocken vom Herzen. Der Schuppi war einfach um so viel größer, als alles andere das ich bisher gefangen hatte. Ich merkte recht schnell, dass ich den Fisch alleine nicht wiegen und ablichten konnte. Felix war auf der Arbeit, konnte aber kurzerhand für den restlichen Tag frei nehmen. Innerhalb weniger Minuten war er bei mir am Spot und wir konnten das Tier behutsam versorgen, Fotos und ein paar schnelle Videoaufnahmen machen und den Fisch behutsam wieder seiner Freiheit übergeben. Was ein genialer Moment.
Carpzilla: Genial! Ist dieser 33,6 Kilo Monsterschuppi denn der größte Fisch des Sees?
Andreas: Ja, soweit ich informiert bin, ist der Fisch der Größte des Gewässers. Nicht nur das, der Fisch bildet auch im weiten Umkreis die Spitze der mir bekannten Fische!
Carpzilla: Erzähl uns doch bitte mehr über die Heimat des Riesen. Wir verstehen natürlich, wenn Du aus Respekt vor den lokalen Anglern den Namen nicht Preis gibst. Doch wie ist es mit den Umständen vor Ort? Wie ist der Bestand? Angeldruck?
Andreas: Das Gewässer in dem der Fisch lebt, ist ein Baggersee von etwas mehr als 30ha, glasklar und extrem verkrautet. Zu gewissen Jahreszeiten sind große Bereiche des Gewässers, bis dicht unter die Oberfläche, komplett zugekrautet, das macht die Angelei dort recht fordernd. Die Spots die ich an dem Gewässer beangel sind in der Regel kleine Krautlöcher, die nicht größer als 2x2 Meter sind. Da ist es extrem wichtig, dass man wirklich ultra genau angelt und genau werfen kann.
Ich verwende mittlerweile fast in jeder Angelsituation Distance Sticks und kann diese mit gutem Gewissen weiter empfehlen. Es ist wirklich erstaunlich, wie man mit derart einfachen Hilfsmitteln seine Angelei um ein bedeutendes Stück nach vorne bringen kann. Der Bestand des Gewässers besteht zum größten Teil aus Schuppenkarpfen verschiedener Größen. Insgesamt würde ich den Bestand als recht gut bezeichnen, durch extremen Angeldruck und ein recht strenges Reglement jedoch nicht immer einfach zu beangeln. Nachtangeln ist dort nicht gestattet und auch das Füttern ist untersagt.
Carpzilla: Du hast den Dicken auf ein Chod Rig überlistet. Schon im vergangenen Jahr hattest Du auf der Korda-Homepage eine dreiteilige Serie zu Deiner Frühjahrsangelei mit Chod Rigs namens ,Sinne schärfen, Fallen stellen’ (wir berichteten über Teil 1 und Teil 2). Als es in Rest-Deutschland und –Österreich noch so gar nicht lief, hast Du mit Traumschuppis von 27 und 25 Kilo vorgelegt! Bitte erkläre uns, wie genau Du vorgehst. Fütterst Du einen Platz oder fischst Du mobil? Worauf achtest Du?
Andreas: Im späten Winter und Frühling füttere ich in der Regel gar nicht vor – ist ja auch nicht überall gestattet. Vorfüttern kann, wenn der Platz gut gewählt ist, natürlich Früchte tragen. In den letzten Jahren habe ich allerdings viele Situationen erlebt, wo es einfach das Um und Auf ist, direkt an den Fischen zu angeln. Das kann dann sein, dass ich gleich mehrere Sessions an einem Spot angle oder aber auch schnell wieder weiterziehe, wenn ich mir wo anders mehr erhoffe. Nur um ein Beispiel zu geben: Letztes Jahr, etwa zur selben Zeit, blankte ich mit meinem Bruder ganze 3 Tage an einem vermeintlich guten Spot. Wir wussten nicht wirklich welchem Umstand wir unsere Misere zu verdanken hatten. So machte ich mich kurzerhand auf und spazierte andere Gewässerbereiche mit der Polbrille ab. Während der Location-Tour sah ich wiederum nur einen einzelnen Fisch rollen, der war aber Grund genug, dass wir innerhalb weniger Minuten alle Sachen auf die Trollys packten und movten. Innerhalb der folgenden 2 Tage fingen wir noch 5 Fische, indem wir weiterhin einfach rollende Fische mit leichten Bleien und Chod Rigs anwarfen. Darunter auch ein Fisch von über 27kg. Solche Augenöffner habe ich schon mehrfach an verschiedenen Gewässern erlebt. Beispielsweise auch am Donau-Hauptstrom. An einem mir unbekannten Spot zeigten sich in der Abenddämmerung mehrere Fische, kurzerhand verbrachte ich dort 2 Nächte und wurde mit ganzen 13 Anbissen belohnt. Was ich damit sagen will ist, es geht oft einfach nur darum, die Augen offen zu halten und gute Situationen auch zu nutzen. Ich könnte da noch viele Beispiele geben.
Carpzilla: Interessant! Und oft setzt Du auf Chod Rigs. Geh doch mal ins Details: Worauf achtest Du dabei, wie lang hälst Du deine Chods? Einfach auf der Schnur oder auf einem Leader?
Andreas: Das Chod Rig ist, meiner Meinung nach, in der Praxis so effektiv, weil es fast immer verwicklungssicher und sauber präsentiert ist. Genau darauf kommt es oft an, wenn du die Fische irgendwo siehst und nicht weißt, wie die Bodenbeschaffenheiten in diesen Bereichen sind. Solange ich einen halbwegs gut spürbaren “Drop“ beim Runterfühlen der Montage als Rückmeldung in der Rute bekomme, kann ich mir in der Regel sicher sein, dass das Rig fangfähig liegt. Außerdem lässt es sich sehr genau werfen, weil das Blei am vorderen Ende der Montage angebracht ist. Eben diese Eigenschaften mache ich mir zu nutze, wenn ich an stark verkrauteten Gewässern angle. Die Länge der Chodsection halte ich meist relativ kurz, nicht länger als 4-5cm und kombiniere diese mit sehr attraktiven Hakenködern. In letzter Zeit waren das fast immer weiße Peaches & Cream Pop Ups oder Milky Toffee Dumbells gesoakt in verschiedenfarbigen Goos. Darin habe ich echt blindes Vertrauen und kann mich voll auf das Wesentliche konzentrieren – nämlich Location. Aktuell angle ich das Chod in der stärkeren Leadcore-Variante, da es das hohe Krautaufkommen einfach notwendig macht. Ich habe aber auch schon viel mit dem Naked Chod geangelt, also direkt auf dicker Hauptschnur montiert, und damit gute Erfahrungen gemacht.
Carpzilla: OK, wie wird es denn mit Deiner Angelei dieses Jahr weitergehen? Was können wir – vielleicht auch medial – noch von Dir erwarten?
Andreas: Ich werde in naher Zukunft ziemlich sicher wieder an der großen Donau angeln. Die Angelei an Flüssen reizt mich aktuell extrem und führt mir in letzter Zeit oft vor Augen, wie wenig wir über Flussfische eigentlich wissen. Regelmäßig habe ich meine imaginären Grenzen in den vergangenen Jahren neu setzen müssen – in Bezug auf Wanderrouten, aber genauso in Bezug auf Angelmethoden an sich. In diesem Jahr werde ich voraussichtlich, gemeinsam mit meinem Bruder Felix, Angelfutter und Energie bündeln und wir werden versuchen, an verschiedenen Abschnitten Fische zu fangen. Wenn das Vorhaben gelingt, werden wir sicher in Form einiger kleiner Newsposts auf der Korda Page was hören lassen. Es gibt da aber auch noch eine andere spannende Geschichte über einen Flussfisch dem wir vor vielen Jahren den passenden Namen “Nomade“ gegeben haben, die Story dazu darf aber noch etwas reifen, bevor sie mal irgendwo zu Papier gebracht wird.
Carpzilla: Wir freuen uns schon auf mehr Content von Dir Andi! Herzlichen Dank für dieses aufschlussreiche Interview!