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Deine Story / 06.05.2020

Marco Herzog: Der Endgegner aus der Donau

Wir Karpfenangler träumen wohl alle davon, einmal einen richtig dicken Fisch in den Armen halten zu können. Auch der BFP-Baits Teamer Marco Herzog wartete auf seinen persönlichen Endgegner. Dass er diesen allerdings als Abschluss einer durchwachsenen Session am großen Strom, der Donau, auf die Matte bekommt, damit hatte er wohl kaum gerechnet. In seiner neuesten Story berichtet uns Marco von diesem unvergesslichen Erlebnis aus dem letzten Jahr. Lest selbst…  

Endgegner kennt man meist nur aus Videospielen. Sie sind stark, widerstandsfähig und der Höhepunkt eines Spiels. Hat man sie besiegt, ist das Level abgeschlossen und der Spaß vorbei. Ich hingegen traf meinen Endgegner im realen Leben. Doch auch bei mir war die Luft danach raus und ich hatte keinen Antrieb mehr. Natürlich ist jeder Fisch etwas Besonderes, vor allem aus dem Fluss. Aber werde ich jemals nochmal einen so mächtigen Fisch im großen Strom fangen können, der das Gewicht des jetzigen Fanges übertrifft? Gefühlsmäßig war ich angekommen, gesättigt, das Feuer war aus. Ich war glücklich und zufrieden. Doch von vorne…

Unser Plan

Mein Kollege Kai und ich planten eine Session. Nein, nicht nur die obligatorischen zwei Nächte an einem Wochenende. Diesmal sollten es ganze vier Nächte werden. Das Ziel war die Donau. Fischen wollten wir an jenem Abschnitt, an dem wir an vergangenen Tagen schon durchaus erfolgreich waren. Mit ein wenig Vorarbeit konnten wir dem Fluss schon den ein oder anderen gewichtigen Burschen entlocken. Doch unser Gefühl sagte uns: Da geht noch mehr! Vorfüttern wollten wir dieses Mal nicht, da es durchaus schon vorkam, dass der Platz dann von Osteuropäern belagert war. Zufall? Das bezweifle Ich.

Schwere Trolleys und springende Fische

Da wir einen langen Fußmarsch vor uns hatten, verzichteten wir auf Partikel und deckten uns stattdessen nur mit Boilies ein. Lediglich ein kleiner Eimer Tigernüsse fand noch Platz in meinem Gepäck. Die Trolleys waren voll beladen, so voll, dass meine „Karre“ auf den ersten Metern schon in die Knie ging. Das Ding war schlichtweg Überladen! Mit einem Spanngurt konnte ich Ihn wieder halbwegs Fahrbereit machen, sodass wir weitergehen konnten. Der Weg zog sich hin, ein Auge immer auf den Fluss gerichtet. Platzmäßig hatten wir das Ziel im Kopf. Die mäßige Strömung, die Windstille und die Polbrille auf der Nase begünstigten die Ausschau auf den Fluss und machten den langen Weg erträglicher. Als das Ziel schon in Sichtweite war, vernahm ich ein lautes Klatschen hinter mir. Genau dort, wo ich gerade erst vorbeigekommen war. Also harrte ich aus. Kai tat sich eher schwerer mit seinem Trolley, sodass ich einen kleinen Vorsprung hatte. So konnte ich auf ihn warten und das Areal genauer beobachten. Da, wieder eine Welle. Auch Kai bemerkte die Aktivität der Fische und ich drehte kurzerhand um. Wir beratschlagten uns kurz und kamen zum Entschluss, dass wir da angeln sollten, wo die Fische gerade aktiv sind. Fische im Fluss an einen Platz zu binden, gestaltet sich als ziemlich schwierig. Dort, wo sie gerade sind, kann in ein paar Stunden schon tote Hose sein.

Kraut-Karpfen im Laichgeschäft

Das Boot war schnell aufgepumpt und schon waren wir mit Echolot und Klopfblei auf dem Wasser. Wir fuhren direkt an den Spot, an dem wir die Fische wahrgenommen hatten. Ein immens langer Krautstreifen mit einer Breite von etwa drei Metern zierte an dieser Stelle den Fluss. Davor war das Wasser knappe zwei Meter tief. Hinter dem Kraut fiel die Tiefe auf etwa sechseinhalb Meter ab. Langsam trieben wir flussabwärts am Kraut entlang und sahen immer wieder Fische, die aus dem grünen Teppich schossen und an der Oberfläche das typische „V“ hinterließen. Keine Frage, die Fische waren mit dem Laichen beschäftigt – bei den derzeit ansteigenden Temperaturen wunderte es mich nicht! Doch wie weit waren sie schon? Zunächst verteilten wir an Ort und Stelle ungefähr drei Kilo Boilies. Jedoch nicht zu viel, da wir nicht wussten, ob die Fische in Fresslaune waren oder doch etwas anderes im Kopf hatten. Zurück am Ufer wurden sofort die Ruten startklar gemacht. Schnell wurden die Rigs beködert und alle Ruten direkt vor dem Kraut abgelegt. Wir rechneten ehrlich gesagt mit einem schnellen Biss, doch der blieb aus.

Endlich ging es los, jedoch schleppend  

Erst am nächsten Morgen konnte Kai den ersten Fisch landen. Ein langer Schuppi musste mit dem Boot aus dem Kraut abgeholt werden. Die Verletzungen an der Flanke ließen darauf schließen, dass die Fische das Laichen doch eher schon hinter sich hatten. Die Rute war schnell wieder im Rennen und wir fütterten ein paar Kilos nach. Es dauerte auch nicht lange, bis die Rute von Kai erneut ablief. Diesmal flüchtete der Fisch nicht ins Kraut. Ein kleiner hübscher Spiegler lag im Kescher. Die Hoffnung war groß, dass wir so richtig abräumen. Doch es blieb ruhig. Die Aktivität der Fische ließ merklich nach. Kurz gesagt war die nächsten zwei Tage Ruhe – einfach nichts mehr. Irgendwann mussten die Fische doch zurückkommen! Mittlerweile war es brütend heiß. Ob wir moven sollten? Doch wohin? Fast stündlich liefen wir das Ufer auf und ab, aber es war nirgends Aktivität zu sehen. Wir beschlossen der Stelle treu zu bleiben, Futter war da, uns ging es gut und es fühlte sich richtig an.

Von Null auf Hundert – Doppelrun

Der vorletzte Morgen brach an. Mittlerweile war die Haut verbrannt, das Zelt war mit einer Sauna gleichzustellen und die Sonne brutzelte unermüdlich herunter. Wie aus dem nichts lief meine Rute ab und der Fisch schwamm mit viel Druck stromaufwärts. Der Drill zog sich hin. Als dann auch noch der Ton des Delkim von Kai ertönte, dachte ich im ersten Moment, dass mein Fisch seine Schnur gekreuzt hatte. Super, jetzt haben wir den Salat. Aber Moment, meine Schnur zeigte in eine völlig andere Richtung – es musste ein Biss sein! So standen wir beide mit krummen Ruten am Ufer der Donau. Beide Fische konnten wir sicher landen. Gegen Nachmittag lief noch mal ein Spiegler für mich ab und Kai legte mit einem wunderschönen Two-Tone-Schuppi nach. Am Abend legten wir alle Ruten wieder sehr penibel ab. Es sollte alles perfekt sein für die Nacht. Wir streuten das Futter großflächig um die Hakenköder und warteten ab  was passiert. Die letzte Nacht war jedoch ruhig.

Explodierendes Wasser und ein Prachtspiegler

Am Abend zuvor hatte ich mir meinen Wecker auf 5 Uhr gestellt. Ich wollte einfach sehen, was da draußen los ist. Ich war gerade dabei mir meinen Kaffee auf zu brühen, da fing das Wasser regelrecht zu kochen an – die Fische, sie waren da. Und das nicht wenig. Viele Rüssler rollten direkt über unsere Hakenköder. Lange konnte es nicht mehr dauern. Im nächsten Moment schon wurde Schnur von meiner Shimano Rolle gerissen. Schon am Drill merkte ich, dass ein besserer Fisch am anderen Ende der Schnur hängen musste. Als er im Kescher lag, war ich total geflasht. Was für ein Prachtspiegler und das auch noch über der 20 kg Marke. Der Fisch war schnell versorgt. Nur wollte ich jetzt auf keinen Fall mit dem Boot meine Rute ablegen. Ich wollte da draußen auf dem Fluss nicht für Unruhe sorgen. Also warf ich meine Montage Richtung Spot. Mir fehlten gute 30 Meter. Aber egal, Fische waren da und das Rig lag im Wasser. Eine Stunde später stand ich wieder mit einer krummen Rute am Ufer und pumpte was das Zeug hielt. Ein kugelrunder Schuppi lag vor mir. Der Fisch war wie gemalt, die Flanke schimmerte goldfarben in der Morgensonne.

Lang und breit – der Endgegner

Doch dann passierte das Unfassbare! Noch während dem Fotografieren des letzten Fanges lief meine andere Rute ab. Erschrocken schaute ich Kai an, legte den Fisch ab und stolperte zum Rodpod. Es war die Rute, die ich zuvor geworfen hatte. Der Fisch machte mächtig Druck. Keine wilden Fluchten oder Kopfschläge. Gemächlich brachte er meinen Stock zum Arbeiten. Gedanken schossen durch meinen Kopf. Was ist das? Wieder so ein guter Fisch oder ein kleinerer mit einem mächtigen Paddel? Im Fluss weiß man das nie. Die Angst, dass er ausschlitzt war groß. Jedoch dachte ich mir: „Positiv denken, der Haken sitzt bestimmt bombenfest!“. Der Fisch kam näher und beim zweiten Kescher-Versuch hatte ich ihn letztendlich. Ich hörte von Kai nur etwas von „lang“ und „oh man ist der breit“. Ich überzeugte mich selbst und war komplett außer mir. Noch nie zuvor hatte ich so einen langen und vor allem breiten Karpfen gesehen. Ich löste den Haken noch im Kescher, wickelte Ihn ein und brachte den Fisch mithilfe des Wiegesacks auf die Matte. Da lag er nun vor mir. Mein persönlicher Endgegner. Ich war sprachlos! So ein Fisch aus diesem Fluss. Was will man mehr?

Over the Moon

Der Zeiger der Reuben Heaton knallte kurz über die 30 Kilo Marke. Ernsthaft? Noch mal Nachwiegen... Tatsache, abzüglich der Wiege-Utensilien brachte der Fisch stolze 29,2kg auf die Waage – „Over the Moon!“. Komplett erschöpft und überglücklich. Wir ließen es gut sein, meine Ruten blieben am Zelt stehen und ich musste mich erst mal setzen. Wie krass ist das? Dieses Gefühl, einen so großen Flusskämpfer in den Händen zu halten ist einfach unbeschreiblich.

Gerne denke Ich an diese Session zurück. Natürlich hat auch das Glück eine sehr große Rolle bei dem Fang gespielt. Aber am Fluss muss man hart bleiben. Ich bleibe dran!

Viel Glück und Petri Heil euch da draußen.

Marco Herzog

Partner
Nash Marc and Alan