Marcel blieb dran, an seinem ultra harten Pool, der ausgemachten Krauthölle. Mit einer unglaublichen Energie, nicht zu unterschätzendem Aufwand und einer riesigen Bank an Erfahrung wollte er diesen See knacken, ihm ein paar seiner Perlen entlocken. Lest selbst, wie es ihm weiter erging.
In the summer time
...when the weather is fine. Das war es definitiv. Für meinen Geschmack als bekennender Sonnenanbeter aber schon fast ein wenig zu gut. Meine bessere Hälfte störte dies jedoch nicht im Geringsten. Wir verbrachten sehr viel Zeit zusammen am Wasser, dieses Mal sogar bis in den Herbst hinein. Unsere meist gemeinsamen Abende gestalteten sich stets romantisch mit perfektem Blick auf den Sonnenuntergang. Open Air mit gutem Essen, einem schönen Wein oder kalten Bier. Anfänglich genoss sie die himmlische Ruhe ohne das Erklingen einer nächtlichen Melodie meiner Delkims. Doch mit zunehmender Erfolglosigkeit machte sich auch bei ihr der Unmut bemerkbar.
Und wieder einmal alles zurück auf Anfang
Nicht nur der befischte 25-Hektar-Pool befand sich ein weiteres Mal im saisonalen Wandel – Fische und Wetter taten es ihm gleich. Das zunächst noch glasklare Wasser trübte, beschleunigt durch die Algenbildung, von Woche zu Woche mehr ein. Somit wurde das Tauchen und präzise Platzieren der Montagen fast unmöglich. Auch eine Spotsuche mit der Kamera und ein Ablegen vom Boot in den krautfreien Uferbereichen machten schon bei einer leichten Brise keinen Sinn mehr. Zudem erschwerten Distanzen von bis zu mehr als 200 Metern - stramm abgespannt in die Clips - das Vorhaben zusätzlich. Selbstverständlich konnte ein Echolot hier für Bereiche im Freiwasser Abhilfe schaffen, jedoch keinesfalls, wenn sich die Gejagten dem Jäger ausschließlich in Ufernähe offenbarten. Natürlich bestätigen Ausnahmen immer die Regel. Aber wer von uns fischt im Hochsommer freiwillig weit unterhalb der vorhandenen Sprungschicht, wenn er nicht muss? Mit zunehmender und auch anhaltender Hitzeperiode wurden unsere geliebten Rüssler immer träger und scheinbar auch fressfauler. Aufgrund der antizyklonalen Wetterlage agierte ich stets spontan auf die fast schon jackpotartigen Luftdruckabfälle dieses tollen Sommers. Mit Recht; denn die kontrollierten Plätze hinter dem Krautvorhang und im einzigen größeren dschungelfreien Bereich des Lakes waren stets abgegrast, wenn auch teilweise erst nach 36 bis 48 Stunden. Und wie schon so oft steckte ich förmlich in einem Zwiespalt zwischen „richtig" und „falsch". War es das wahrhaftige Sommerloch, oder hatte ich eventuell doch nur mit der falschen Kugel auf das falsche Pferd gesetzt? Ein ausschlaggebendes Ereignis sollte mir das Horrorszenario erst einige Wochen später erklären. Eine im Nachfolgenden wieder sehr lehrreiche Jahreszeit neigte sich also fischlos dem Ende zu.
All in - alles auf eine Karte
Gesagt getan. Ich hatte noch mein Ass im Ärmel und setze all meine Hoffnung auf diese für das Gewässer absolut untypische große krautfreie Uferzone in einer Ecke des Ostufers. In der Ruhe liegt bekanntlich die Kraft, und so hieß es für mich erst einmal Dauerfutter marsch. Wie altbekannt natürlich konstruktiv strukturiert und kontrolliert. Ein erster 48-stündiger Testlauf nach vierwöchigem Futtereintrag bescherte mir dann zum Glück das schon erwähnte „ausschlaggebende Ereignis". Mit einer Partikelmischung aktivierte ich über die ersten zwei Wochen hinaus meinen Futterplatz. Die folgenden zwei Wochen flogen dann ausschließlich nur noch Tigers und Boilies Richtung Spot. Zu früh gefreut; denn wie schon fast erwartet beehrten mich auch dieses Mal wieder zwei Sätzlinge. Und siehe da, auch einige große Rotaugen mit bis zu 48 Zentimetern fanden den Weg in mein Netz. Die Sichtung meiner Hakenköder gab mir im weiteren Verlauf den nötigen Aufschluss: Ich musste meine Futterstrategie unbedingt ändern.
Die verwendeten Erdnuss-Vanille-Murmeln namens „Nutrition" beinhalten zu 100 Prozent Proteine auf rein pflanzlicher Basis. Erfahrungsgemäß hätte mir schon früher bewusst sein müssen, dass man gegen ein dünn besetztes Gewässer mit einem fast unerschöpflichen Aufkommen an natürlicher Nahrung ab einer bestimmten Wassertemperatur kaum noch einen Stich bekommt. Rückblickend betrachtet waren es mit Sicherheit wohl fast ausschließlich die Heerscharen an Silberbarren, die meine Baits stets ausnahmslos vernichteten. Ausnahmen bestätigen natürlich wieder die Regel, und so legte ich es ein weiteres Mal darauf an. Ich wollte diesen Einen, der womöglich aus Neugier eher auf etwas Nussiges als auf etwas gewohnt Fischiges anspringt. Diesmal kamen zusätzlich zum Nutrition auch Baits auf Fischmehlbasis zum Einsatz. Wobei ich den eingesetzten V-Activator selbstverständlich mit zwei Dritteln der eingesetzten Menge bevorzugte.
Eine weitere strategische und nicht außer Acht zu lassende Änderung war die Ködergröße und der Härtegrad. Bei passenden Gegebenheiten setze ich, wie wahrscheinlich viele andere auch, auf „so klein wie möglich und so groß wie nötig". Ausführlicher möchte ich an dieser Stelle aber nicht darauf eingehen. Wobei ich abschließend noch hinzufügen darf, dass ein Boilie mit 14 bis 16 Millimeter für meine Verhältnisse eher als klein gilt. Bezüglich des Härtegrades favorisiere ich - wenn möglich - einen maximal soften und in Seewasser durchtränkten, bis hin zum lediglich steinhart durchgetrockneten und ungekochten Boilie. Dieses Mal hieß es aber „All in", und so verringerten sich die anfangs ausschließlich halbierten und im Ganzen gefütterten 20-Millimeter-Pillen auf lediglich ein Drittel der Gesamtmenge. Der andere Teil meines Boilievolumens bestand jeweils fifty-fifty aus ganzen und halbierten 25-Millimeter-Pillen. Vom Härtegrad her brachte ich die meist en gros vorpräparierten Futtereinheiten mit einer Trocknungsdauer von ein bis maximal zwei Wochen an ein Maximum. Mengentechnisch schraubte ich meine Boilies immer passend zur Platzfrequenz und sinkenden Wassertemperatur von anfänglich 3 Kilo bis letztendlich 7,5 Kilo im Zenit konstant an die Spitze.
Zur Steigerung der Lockintensität wurde mein spezielles Dörrfutter in den folgenden Wochen zunächst noch einer besonderen Behandlung unterzogen. Passende Liquids in Kombination mit heißem Wasser, verliehen den Baits eine attraktive und geschmeidige Außenhaut. Weiche Schale, harter Kern, so gefiel mir das schon besser.
Weiterführend gab es noch ordentlich „einen auf die Nuss“. Die sagen wir mal „normalen" Tigers mussten ihren Stammplatz an das größtmögliche, was zu bekommen war, abtreten. Also back to the roots, und schon waren die Black Tigernuts wieder im Spiel. Ich gönnte meinem Spot dann mindestens 10 Tage bis zwei Wochen, zwischenzeitlich sogar drei Wochen, Ruhe, um wieder bzw. weiteres Vertrauen aufzubauen. Denn die nach wie vor schwierige Angelei an diesem Low Stock ließ mich bei jeder Session zur Vorsicht mindestens zwei Nächte verweilen. Dies bedeutete für mich grundsätzlich ein Zeitfenster von 36 bis 48 Stunden – und das aus folgenden Gründen: Ich fütterte stets spät am Abend und konstant alle 48 Stunden - eine kontrollierte und vorbildlich verzehrte Mahlzeit machte dies zum Glück möglich. Ich versuchte auch, Fische abzupassen, die womöglich im Rhythmus des zweiten Tages die Vorratskammer frequentierten. Ich wollte stets im Verbund mit Luftdruckveränderungen und Mondphasen möglichst große und vorteilhafte Zeitfenster abdecken.
Wer fängt hat Recht
Aber keinesfalls immer. Auch diese Erkenntnis sollte sich schon bald auf meine Ergebnisse auswirken. Die Nussmurmel brachte tatsächlich noch „den Einen", der mir im Folgenden - im Gegensatz zu drei anderen Spieglern - kein Wiedersehen bescherte. Auch meine eigentlich „Immerdrauf"-Tigernuss enttäuschte mich in dieser Situation massiv. Obwohl fast alle Fische ihre Vorliebe für diesen Top-Köder ständig und andauernd in Form von Überresten auf meiner Matte hinterließen, brachte mir dieser Joker nur eine weitere Lederhaut auf meine Habenseite. Mein Fischknödel „V-Activator" brachte im Gegenzug mehr als das Doppelte an Fisch, was in der Summe bis dato immerhin schon drei Fische waren.
Update - Strategieänderung 2.0
Ihr spielt gegen jede Regel? Kein Problem Cyprinos, ich spiele mit! Doch vorerst sollte mich ein zweiter Trip ins gelobte Land auf andere Gedanken bringen. Ich folgte Ende September recht kurzfristig der Einladung eines Freundes aus England. Somit hieß es für mich erneut: Frankreich ich komme.
Mein weiteres Vorgehen kristallisierte sich über kurz oder lang heraus. Ich nutzte die Rückreise meines Frankreichaufenthalts für einen Abstecher ins Hauptquartier. Ein mir einige Wochen zuvor in die Hände geratener Prototyp einer neuen fischigen Murmel sollte meine Nusskugel dann gänzlich ersetzen. Mein Freund, Teamkollege und - seit inzwischen schon fast 25 Jahren - bester Angelbuddy Christian übernahm in meiner Abwesenheit glücklicherweise wieder meine Termine mit gleicher Strategie am Futterplatz. Back in town und voller Zuversicht wurde meine Planänderung direkt in die Tat umgesetzt. Der neue süßscharfe Crayfishboilie ersetzte den Nutrition. Die Tigernüsse blieben hingegen weiterhin in meiner Stammbesetzung und liefen dann, wie es sich gehört, mit sinkender Wassertemperatur Anfang November aus.
Bei meiner Köderpräsentation und Endgamevariante griff ich der Vorsicht halber lieber gleich tief in meine Trickkiste. Einen Meter lange Tungstenleader, kombiniert mit dem Safety-Clip-System und als Semi-Bolt-Variante, funktionieren auf weichem Sandboden immer perfekt. Eine Shockaperle auf dem ersten Tungsten des Leaders gab dem Hakensitz schließlich den Rest. Auch meine Vorfachwahl bezog sich auf Altbewährtes. Spinner- und D-Rigs aus circa 16 Zentimeter steifem Mono ermöglichten meinem Haken, selbstverständlich geschliffen und mit gerader Spitze, stets eine hundertprozentige Punktlandung. Ein wenig Tungsten am Ende des Leaders und halbschlaffe Schnüre gepaart mit Absenkern im Miniaturformat erzielten hierbei den gewünschten Pin-Down-Effekt.
Wer jetzt fängt, hat Recht
Oder sollte ich lieber sagen: „Wer jetzt nicht besser fängt, ist wahrscheinlich selbst schuld?“ Aus allen Rückschlägen und Erfahrungen das richtige Quäntchen Essenz gezogen. Man packe dies mit in Jahrzehnten gesammelten Erfahrungen, aktuellen Wetterbedingungen, dem richtig abgestimmten Futter, seinem Endgame und Rig des Vertrauens, Mindset und dem mir seit langer Zeit wichtigen Faktor Single Hookbaits auf Langzeitfutter in einen Topf und rühre um. Im Idealfall erlebt man dann konstante Sternstunden mit überdurchschnittlichen Fangerfolgen. Also Jungs und Mädels: immer dran bleiben. Never give up!
Fazit
Hier sind einige sehr gute Fische, bis zu einem absoluten Ausnahmefisch meiner Region gefallen. Es war leider kein Angehöriger der Königsfamilie involviert, zumindest noch nicht. Trotzdem eine absolut harte Nuss, die ich zum Teil knacken durfte. Aufgrund von inzwischen zurückliegenden Unstimmigkeiten blieb mir jegliche Fortsetzung bis zum heutigen Tage leider versagt. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Und wer weiß, eine Fortsetzung ist derzeit nicht ausgeschlossen. Deshalb an dieser Stelle nochmal ein dickes Dankeschön an die Personen dieser Gemeinschaft, die mir stets direkt, offen und ehrlich mit dem entsprechenden Respekt, angemessener Akzeptanz oder zumindest Toleranz gegenübergetreten sind.
Erfreut euch an den Bildern und nicht an Gewichtsangaben! Ich hoffe, der Stuff hat gebockt. Euch allen stets stramme Schnüre, volle Netze und nasse Matten!
Hoffentlich bis bald mal wieder... #stayreal
Matze