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+ Stories / 14.10.2020

Marcel Protz: Mission Low Stock #1

Ein neues Gewässer zu befischen ist nicht leicht! Vor allem dann nicht, wenn die befischbaren Stellen durch Unmengen von Kraut auf ein Minimum reduziert sind. Marcel Protz, Teamer bei ProLine, erzählt euch in diesem Zweiteiler, wie er durch Geschick, klare Vorgehensweise und jede Menge Intuition - oder nennen wir es Watercraft - seinen Weg zum Fisch durch die Krauthölle fand. Eine Story zum Staunen und Lernen - Lest selbst!

Aller Anfang ist bekanntlich schwer. So wirklich bewusst sollte mir das jedoch erst im folgenden Jahr werden - und keinesfalls als ich bereits im Sommer 2018 als letzte Station eines zweiwöchigen Roadtrips durch Nord- und Ostdeutschland einer Einladung an dieses Wasser folgte.

Mit damals drei Fischen für diesen Extremadura-ähnlichen Sommer binnen 48 Stunden mit Sicherheit ein Bombenergebnis. Natürlich sollte definitiv noch erwähnt werden, dass alle Spots - bis auf einen, der mir instant dann tatsächlich auch noch den größten Fisch der Session brachte - in meiner Abwesenheit vorbildlich und kontrolliert präpariert wurden. Ein plötzliches Ereignis während einer morgendlichen Locationtour ließ sich mich im Folgenden für diesen, auf den ersten Blick unscheinbaren, Platz am Rande einer alten Badestelle entscheiden. War der Fang dieses Big Boys eher Glück bzw. der Lucky Punch? Rückblickend betrachtet würde ich sagen: ja! Denn auch wenn es bis dato eine perfekt vorbereitete und strukturierte Angelei gewesen schien, bin ich im Nachhinein der Meinung, dass damals höchstwahrscheinlich einfach nur alle maßgeblichen Faktoren im perfekten Zusammenspiel gepasst hatten. Dieses Gewässer sollte mir im späteren Verlauf nämlich noch einige Kopfschmerzen bereiten.

Mission Low Stock

Der frühe Vogel und so...

Lieber spät als nie? Für mich keine Option. Und so biss ich noch im Spätsommer 2018 in den sauren Apfel, bezahlte den vollen Jahresbeitrag und wurde voller Euphorie auf eigene Faust tätig. Resultierend aus meinen Vorkenntnissen schien es für mich ein ideales Herbstgewässer zu sein. Denn mit einer Durchschnittstiefe von sechs bis sieben Metern und einer maximalen Tiefe von circa zwölf Metern, sollte es dort unten womöglich ein wenig länger laufen. Das förmlich wie einen Vorhang das Ufer umsäumende Kraut schien mir erfahrungsgemäß eher das kleinere Übel. Also entschied ich mich nach Betrachtung via Google Earth und weiterer Location für einen Platz mittig des Ostufers. Die heftigen Winde aus dem Westen der Republik gaben meinem Gefühl wie immer Recht. Und auch der Einsatz meines Wurfrechens brachte so einige Überraschungen ans Tageslicht. Teichmuscheln jeglicher Größe, Zuckmückenlarven, Turmdeckelschnecken und unzählige andere Unterwasserlebewesen lagen mir zu Füßen. Grundsätzlich irgendwie alles, was man im dichten Krautdschungel so an Getier antreffen mag. Das Nahrungsangebot sprach nicht nur für sich, nein, es sprach definitiv für die besten Voraussetzungen eines optimalen Wachstums auf natürliche Art und Weise.

Die zu Beginn die Wasseroberfläche durchschmetternden Partikelsalven verstummten schon nach einigen Wochen. Das ursprüngliche Topping meines Futters, bestehend aus GLM-Squid-Murmeln, wandelte sich somit zur Hauptnahrungsquelle. Und ein baldiger Erfolg gab mir Recht und Mut zu gleichen Teilen. Dachte ich zumindest; denn zwei Läufe in einer 48-Stunden-Session waren für dieses Gewässer definitiv ein gutes Ergebnis. Zwar verlor ich den vermeintlich besseren Fisch im stellenweise immer noch dichten Kraut, konnte jedoch einen absolut makellosen und guten Spiegler für mich verbuchen. Was darauffolgend aber in meiner nächsten Sitzung passierte, war für mich nicht nur eine positive Überraschung und blanker Horror zugleich. Nein, es wandelte ein weiteres Mal das in meinem Kopf entstandene Bild bezüglich dieses Low-Stock-Pools. Zwei kleine Schuppenträger beehrten mich mit ihrer Anwesenheit. Fraglich war zu diesem Zeitpunkt nur, wie viele dieser Nachkömmlinge es tatsächlich gab. Nach mehreren aufeinander folgenden Blanks entschied ich mich Ende November des besagten Jahres, meine Mission vorerst zu beenden und mich voll und ganz meinem Wintergewässer zu widmen. Doch welches Resümee zog ich aus den vergangenen Monaten? Vorerst keines; denn wieder einmal blieben einfach zu viele Fragen offen. Und was sich im Folgejahr ereignete, sollte alles bisher Dagewesene um Längen in den Schatten stellen.

Mission Low StockMission Low Stock

Der Beginn einer weiteren Durststrecke

Im Frühjahr 2019 wollte ich auf keinen Fall überstürzt handeln. Und somit startete ich meine Lowstocksaison, die sich unter anderem aus Vorbereitungen für einen Frankreichtrip gestaltete, lediglich mit Location. Zurück aus dem Land des Champagners und inzwischen schon Mitte Mai auf dem Kalender traute ich meinen Augen kaum. Mein heiß ersehntes zweites Zuhause für 2019 befand sich im absoluten Wandel. Glasklares Wasser mit Sichttiefen von bis zu mehr als vier Metern. Licht und Wasser bedeutet Leben. Und dass diese Konstellation nicht nur das natürliche Nahrungsaufkommen, sondern auch das Wachstum des meines Erachtens nach sowieso schon abnormalen Krautaufkommens begünstigen würde, sollte mir spätestens in den folgenden Wochen bewusst werden. Für den Moment schien es mir ein Leichtes - denn so einige gute Fische gesellten sich in die „noch" befischbare große und flache Bucht des Sees.

Mission Low StockMission Low Stock

Himmel und (Kraut-)Hölle

Ein Langzeitfutterplatz sollte es vorerst jedoch nicht richten: Die „Wasserpest“ wuchs nicht nur schnell, sie sollte ein längerfristiges Verweilen meiner Wenigkeit innerhalb der Flachzone nicht gerade leichter gestalten. Zum besagten Zeitpunkt wucherte das Kraut schon bis circa einen halben Meter unter die Oberfläche. Ein wahres Schlaraffenland für unsere cypriniden Freunde. Ein größeres Kiesplateau und eine sandige, seicht abfallende Uferkante stellten ganz offensichtlich meine einzige Chance dar.

Mission Low StockMission Low StockMission Low Stock

Ich quartierte mich gezwungenermaßen ein wenig ab vom Schuss und für voraussichtlich zwei bis drei Tage dort ein. Die Spots schmückte ich jeweils mit einer großzügigen Handvoll meiner Erdnuss-Vanille-Kugeln und der gleichen Menge meiner Lieblingsnüsse, der Black Tigernuts von Proline. Das Befischen der Plätze entpuppte sich zwar als durchaus schwierig, erfahrungsgemäß aber nicht als unmöglich. Hierbei kamen schwere Bleie am Safety, Subfloats, so einiges an Banksticks mit Umlenkern und natürlich auch Downriggerclips zum Einsatz. Noch während des Auslegens meiner Ruten schlug mein Herz höher. Am zweiten Spot fehlte bereits die Hälfte meiner eingebrachten Baits. Na dann, einfach nochmal fix etwas nachgelegt, dachte ich mir. Meinen Hakenköder platzierte ich strategisch vorteilhaft im oberen Bereich der Kante und ließ das Beifutter von dort an konstant abwärts verlaufen. Die Schnur legte ich vom Boot aus per Hand und ließ diese komplett schlaff bis in den Clip in Ufernähe verlaufen. So sollte ich hoffentlich jeglicher Scheu und Argwohn der von mir vermuteten Fische entgehen können. Auch mein zweiter Platz war erstaunlicherweise sofort aktiv und offenbarte mir schon bei meiner Ankunft drei richtig gute Wasserschweinchen. Darunter sogar einen Spiegler, der sich in seinem Format unübersehbar von den beiden anderen abhob. Noch vor dem Auslegen meiner zweiten Plateaurute lief auch schon meine Uferrute ab. „Was zum Geier geht hier gerade ab", dachte ich mir. Nach einem schier endlosen Szenario zurück zur Rute, von Umlenker zu Umlenker, bis zum Fisch, gelang es mir schließlich, einen riesigen Berg des dortigen Unterwasserdschungels erfolgreich in mein Netz zu bugsieren, inklusive Fisch. Die Dunkelheit näherte sich in Windeseile. Deshalb beschloss ich kurzerhand, meinen fettbäuchigen Fang zu versorgen und vorerst die nunmehr wieder letzten zwei Stöcke erneut auszulegen. Ein darauffolgendes und schnelles Wiegen meines Erfolges ließ mich innerlich aufschreien, und der erste Lowstockbiggie der Saison konnte im Abendlicht von der Linse meiner Cam eingefangen werden.

Mission Low StockMission Low Stock

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Die Nacht verlief unheimlich ruhig, bis zum ersten Morgenlicht als mein Wecker mal wieder überpünktlich klingelte. Das Kraut war zu meinem Bedauern teilweise leider schon höher als gedacht und wickelte sich um die Schraube des Motors. Die sich nicht lösende Hauptschnur in einem Umlenker zwang mich nämlich dazu, etwas weiter in Ufernähe zu steuern. Der Mehraufwand an Zeit brachte natürlich auch meinem Gegenüber einen nicht zu vernachlässigenden Vorteil. Er bohrte sich so tief in das Unterwasserdickicht, dass es für mich nur noch eine einzige Lösung gab, nämlich enormen Druck auszuüben. Leider, oder aber auch zum Glück, schlitzte mir dieser vermeintlich extrem gute Gegner aus, und die morgendliche Stimmung war dementsprechend. Die Unruhe im und auf dem Wasser blieb jedoch nicht ohne Folgen. Und so verabschiedeten sich die ansässigen Wasserbewohner noch im Verlauf der folgenden Stunden vor meinen Augen in tiefere Gefilde. Zwei weitere, aber erfolglose Tage und Nächte, stimmten mich wieder einmal nachdenklich. Trotz des Erfolges hieß es für mich dann aber vorerst: Session closed!

Mission Impossible

Zwei Wochen später entpuppte sich der nächste Versuch als kaum mehr fischbar. Nur noch kanalähnliche Schneisen führten durch die inzwischen fast überall die Oberfläche durchbrechende Wasserpest. Dieser Ansitz blieb aber leider fast erfolglos - doch hierzu später mehr. Denn scheinbar so ziemlich der komplette Karpfenbestand des Gewässers hatte sich während meiner Anwesenheit zum Laichgeschäft an einem anderen Ufer des Sees eingefunden.

Ich beschloss, das Spektakel ein wenig aus der Nähe zu betrachten. Und siehe da, auch der ein oder andere alte Bekannte war tatsächlich vor Ort anzutreffen. Eine große, breite und ebenfalls sehr lange Spieglerdame mit einer regelrechten Wanne von Bauch steckte bis hinter die Kiemen im Kraut um sich besteigen zu lassen. Sofort erinnerte ich mich an ein Foto eines Fischs beim Sonnenbaden, das vor längerer Zeit meinen aufmerksamen Blick auf sich zog. Das musste sie sein, die dicke alte Lady. Meiner Meinung nach - nicht zuletzt aufgrund einiger Informationen, die inzwischen schon mehr als zehn Jahre zurückliegen - ein Fisch aus dem Urbestand von 1986.

„Das Beste kommt ja bekanntlich zum Schluss“, sagt man, dieses Mal jedoch rein in Form von visueller Ernüchterung. Denn Abseits des Trubels, genauer gesagt auf der gegenüberliegenden Gewässerseite, schockte es mich noch einmal so richtig. Eigentlich schon mit den Gedanken auf dem Weg heimwärts, kreuzte plötzlich einer der größten Fische, die ich bis zum heutigen Tage live gesehen hatte, den Bug des Bootes. Ich gebe nicht viel auf vage Schätzungen, doch so viel sei gesagt: Aufgrund des glasklaren Wassers sah ich mit absoluter Sicherheit einen Büffel von Fisch mit dem Format eines Vollmondes, der mir in Höhe und Breite schwer zu übertreffen schien. Durch seine Anwesenheit ließ ich noch einmal den einen oder anderen genaueren Blick schweifen - mit abschließendem Erfolg. Denn rückblickend verdanke ich diesem glücklichen Zufall wahrscheinlich den Fund des Spots, der schließlich mein Futterplatz werden sollte.

Was wird Marcel wohl noch so an diesem See abziehen? Wie hat er seinen letztendlichen Futterplatz gefunden? Ob er den "Vollmond" abschöpfen kann? Fragen über Fragen- Die Antworten darauf bekommt ihr schon bald hier!

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