Der Herbst hält Einzug. Die Tage werden kürzer, das Wasser kühlt langsam ab und ich bin gefühlt die ganze Zeit am Angeln. Ich hoffe, auch ihr könnt im Moment die coole Zeit am Wasser ausnutzen, um noch ein, zwei Biggies an Land zu ziehen.
Diesen Monat möchte ich euch von einem kleinen Kanal berichten. Anfang September war ich wieder einmal in Holland, am Rheindelta, um auf Hecht zu angeln. Während meiner Zeit dort sah ich ständig die Kanäle, was in mir den Wunsch weckte, mal wieder an einem solchen zu fischen. Da ich mein Karpfentackle nicht dabei hatte, musste ich wohl oder übel bis zuhause warten, um dort einen Kanal in Angriff zu nehmen.
Das Gewässer
Der Kanal, den ich beangelte, ist rund 20 Meter breit, die Strecken zwischen den Schleusen immer zwischen 3 und 5 Kilometer lang. Wie die meisten kleinen Schifffahrtskanäle Frankreichs wurde er bis zum großangelegten Einzug der LKW in den 60er Jahren stark befahren, heutzutage findet man hier fast nur noch Sportboote, abgesehen von einem kleinen Frachtkahn, der täglich Kies zur nahegelegenen Betonfabrik schippert. Dieser eine Frachter hält diesen Kanal am Leben, denn die Strecke, die er befährt, ist nicht allzu stark verkrautet und verschlammt – ganz im Gegensatz zu manch einem anderen Abschnitt. Das Krautaufkommen auf den anderen Strecken ist an und für sich kein großes Problem, denn Krautlöcher für zwei Ruten findet man eigentlich immer. Vielmehr ist das Nahrungsaufkommen in den warmen Monaten dort derart üppig, dass es sehr schwierig werden kann, an Fisch zu kommen.
Damit kommen wir zum wirklich interessanten Punkt, denn der von mir gewählte Bereich ist – im Gegensatz zu vielen anderen französischen Kanälen – ein richtiger Lowstock-Kanal. Auf einer meiner Lieblingsstrecken umfasst der Bestand bei 4,7km Länge gerade einmal rund 30 Fische. Das ist in meinen Augen nicht viel, allerdings zeichnen sich die Fische durch ihren urigen Charakter und ihre Schönheit aus. Ein großer Vorteil ist nebenbei, dass aufgrund der geringen Zahl an Fischen der Angeldruck sehr überschaubar ist. Denn für die meisten Angler macht es wohl wenig Sinn, hier ihre Zeit zu verbringen, während im benachbarten Baggersee – dort, wo das Schiff seinen Kies auflädt – viel mehr Karpfen ihre Bahnen ziehen; darunter auch ein paar jenseits der 25kg. Was sollten sie ihre Zeit also am Kanal vergeuden, wenn es direkt nebenan viel besser ist? Ich dachte schon immer anders: Erstens, weil es dort so schön und ruhig ist und zweitens, weil ich unbedingt dort meine Fische fangen wollte. Und das war anfangs gar nicht mal so einfach…
Meine Beobachtung
Mit der Zeit, die ich am Kanal verbrachte, wurden mir einige Dinge klar. Zunächst, dass es im Winter extrem schwierig ist, dort einen Karpfen zu fangen. Meist halten sie sich unter den Booten oder im Bereich der Schleusen auf und nehmen nur sehr selten Nahrung auf. Abgesehen davon finde ich es echt ungemütlich, auf Karpfen zu angeln, wenn es draußen kalt ist. Im Frühling hingegen wird es sehr schnell interessant, denn aufgrund seiner geringen Tiefe erwärmt sich der Kanal recht schnell. So schwimmen bereits kurz nach den ersten wärmeren Tagen die Fische auf der Suche nach Nahrung die flachen Uferbereiche an. Mit sauberer Location kann man die Fische meist schnell finden und sie mit kleinen Fallen und wenig Futter zügig überlisten. Je näher dann die Laichzeit rückt, desto einfacher wird es, die Fische zu fangen. In diesem Zeitraum verschiebt sich die Beißzeit meistens in die Tagesstunden, so dass man mit gut betriebener Location oft mehrere Trupps Karpfen pro Tag ausmachen und jede Menge Spaß haben kann. In dieser Zeit empfehle ich aktives Angeln mit Pop Up und kaum bis gar keinem Beifutter. An erster Stelle steht in diesem Zeitraum auch das Auffinden der Fische, nicht eines Spots. So oft habe ich mich gewundert, in was für dummen Ecken des Kanalstücks sich die Fische zu dieser Zeit aufhielten…
Im Sommer wird es dann einen Tick schwieriger und ungemütlicher, denn sehr viele Mücken machen uns das Leben schwer. Zusätzlich ist der Tisch der Fische mit natürlicher Nahrung reich gedeckt. Außerdem splitten sich die Trupps um diese Zeit meist auf, die Fische können überall und nirgendwo sein. Ich muss zugeben: Meine Zeit war das nie so wirklich!
Meistens wird es dann aber im Herbst wieder umso interessanter. In dieser Jahreszeit arbeite ich gerne mit Futter, bei dem ich immer mehr der Qualität als der Quantität Beachtung schenke. Die besten Ergebnisse brachte mir stets, wenn ich mir zunächst eine Strecke – also einen Bereich von drei bis fünf Kilometern Länge zwischen zwei Schleusen – ausgesucht hatte, auf deren gesamter Länge ich dann Futter einbrachte; allerdings immer sehr wenig. So finden die Fische quasi überall ein bisschen meines Futters und können es in Ruhe fressen. So schaffe ich Vertrauen in meine Baits und kann jeden Bereich befischen, während die anderen in Ruhe gelassen werden. Auf diese Art ist es mir sogar schon einmal gelungen, den Großteil des Bestands innerhalb eines Herbstes zu fangen. Einen wichtigen Hinweis möchte ich euch hier aber nicht vorenthalten: Da der Kanal nicht so tief ist, kühlt er auch viel schneller wieder ab. Es gilt also, deutlich früher mit dem Füttern anzufangen, als beispielsweise in tiefen Baggerlöchern!
Zurück an Kanal
Nach meinem Holland-Trip war ich also wieder mal heiß aufs Kanalangeln. Mit meinem guten Freund Antoine wollte ich im September einige schnelle Nächte machen, ohne großen Futteraufwand, einfach instant. Wir wollten einfach wieder dort fischen und Spaß haben.
Die erste Nacht blankten wir, die zweite auch – nicht mal eine Brasse konnten wir abgreifen. Für die dritte Nacht wechselten wir auf einen anderen Abschnitt, an dem Antoine einen wunderschönen Schuppenkarpfen landen konnte, der noch ziemlich mager aussah.
In der Woche darauf sollte es wieder wärmer und sonniger werden. Ich hatte die Möglichkeit, schon am späten Vormittag ans Wasser zu kommen und nicht wie bei der vorangegangenen Session erst bei Anbruch der Dunkelheit. Diesmal konnte ich mir also die Zeit nehmen, mit der Polbrille die Fische zu suchen. Nach einem langsamen Fußmarsch von circa zwei Stunden entdeckte ich dann tatsächlich vier bessere Fische, von denen ein Schuppenkarpfen nicht weit von der 20kg-Marke entfernt schien – sie sonnten sich zwischen den Krautfeldern. Der Bereich selbst schien nicht so, als ob die Fische hier fressen, aber gute 100 Meter weiter links sah der Boden so aus, als ob er regelmäßig abgesucht würde. Nach kurzer Überlegung tackelte ich dann genau zwischen den gesichteten Fischen und dem freigewühlten Grund auf. So konnte ich anschließend je eine Rute ans Krautfeld und auf den vermeintlichen Fressplatz schnicken.
Mittels Umlenkern und Banksticks ließ ich meine Schnur parallel zum Ufer laufen, die dann nur direkt am Spot zwei Meter durchs Wasser lief – also ganz unauffällig für die Fische. Der Nachmittag verstrich ohne Aktion, der Abend und die Nacht ebenso. Beim morgendlichen Kaffee war ich mächtig enttäuscht, als plötzlich die Rute am Fressplatz losheulte. Nach kurzem und intensivem Drill traute ich beim Blick in den Kescher kaum meinen Augen … da lag der große Schuppi, den ich am Vortag gesehen hatte. 20 Kilo brachte er zwar nicht auf die Waage, aber immerhin stolze 18,5. Schon lange hatte ich mich nicht mehr so über einen Fisch gefreut.
In der darauffolgenden Woche fischte ich im selben Bereich noch eine schnelle Nacht mit Antoine und diesmal konnte immerhin jeder von uns einen kleineren Fisch fangen.
Und damit schloss ich auch meine Angelei dort ab – es war herrlich, wieder einmal dort zu sein.
Bis bald mit hoffentlich vielen Neuigkeiten!
Euer Guido