Der Winter gehört angeltechnisch gesehen sicherlich zu den größten Herausforderungen, die unser schönes Hobby zu bieten hat. Auch wenn ich dann die schöne Ruhe am Wasser in vollen Zügen genieße, so muss ich mich ehrlich gesagt schon ganz gut strecken. In den Kescher springen mir die Karpfen in der kalten Jahreszeit wahrlich nicht mehr. Doch wenn ich meinen Fokus auf die grundlegenden Dinge konzentriere, die jetzt wichtiger denn je sind, dann klappte es in aller Regel auch mit dem winterlichen Erfolgserlebnis.
Zu diesen Grundlagen gehört zu allererst einmal die richtige Wahl des Angelgewässers. Logischerweise macht es nun Sinn, sich ein Wasser mit einer etwas umfangreicheren Bevölkerungsdichte zu suchen. Von sogenannten „Low Stock Gewässern“ lasse ich dann zumeist besser meine Finger. Denn regelmäßigere Erfolgserlebnisse steigern halt auch die Moral und das Durchhaltevermögen. Und zu dieser eher karpfenanglerfeindlichen Jahreszeit benötigt man davon schon einmal eine ordentliche Portion mehr. Eine gute Gewässerkenntnis steigert natürlich die Erfolgsaussichten ungemein. Doch ich glaube, das versteht sich nahezu von selbst. Der Ausspruch „der Platz der hat‘s“ ist nunmehr absolut zutreffend. Ich möchte sogar behaupten, der Platz ist jetzt das absolute A und O und somit das Maß der Dinge. Sollte diese Auswahl nun gänzlich falsch getroffen sein, so ist der Traum von mega Winterkarpfen wohl bereits von vornherein ausgeträumt. Nur in den richtigen Regionen eines Gewässers sind die Karpfen während des Winters aktiv. Ich kenne mehr als nur ein einziges Wasser, an dem nach den ersten Nachfrösten im November die Herrlichkeit komplett vorbei ist. Dort wird dann nicht ein einziger Fisch mehr gefangen.
Und trotzdem behaupte ich, dass dort immer noch Karpfen aktiv sind. Nur das Wo stellt das Gros des Problemchens dar. Zu meinen unangefochtenen, winterlichen Geheimtipps zählen Bereiche, an denen sich eine barsche Grenze zwischen flachen und tiefen Gewässerteilen befindet. Als Paradebeispiel kann hier die ans Flachwasser angrenzende Kante herhalten. Dort wo es vielleicht von 4 auf 10 oder gar mehr Metern abfällt. Hier fühlen sich die Fische vor jeglichen Wetterkapriolen sicher. Beherrscht vielleicht gerade ein windiger Kälteeinbruch das Geschehen, bevorzugen die Fische mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Untiefe hinter der Kante. Und milde Bedingungen, wie wir sie regelmäßiger bei winterlichem Tiefdruck vorfinden, lassen sie nicht unbedingt selten in die flachen Bereiche aufsteigen. Mein Bauchgefühl und ein Thermometer zum Messen von Temperaturschichtungen, stehen mir hierbei als zuverlässiger Ratgeber zur Seite. Und eines sei noch am Rande erwähnt: Dort, wo ich vor Jahren bereits in einem Winter erfolgreich war, sollte auch heutzutage immer noch mein Hauptaugenmerk liegen. Solche Plätze sind nämlich keineswegs eine Ausnahmeerscheinung, die mit der Mode einhergeht.
Habe ich die lokale Situation bereits sehr gut eingeschätzt und meine sie gut im Griff zu haben, so bin ich trotzdem noch längst nicht am Ziel angekommen. Jetzt muss ich ganz andere Pläne schmieden. Denn die doch schon ziemlich trägen „Jungs“ wollen zunächst noch von mir wachgerüttelt werden. Dazu muss ich sie im wahrsten Sinne des Ausspruches von meinen Ködern überzeugen. Meiner Meinung nach schlägt jetzt die wahre Stunde meiner Köder, dem Beifutter und deren Lockeffekte. Und exakt diese Bausteine meiner Angelei können nun allentscheidend für den letztendlich Erfolg sein. Und nicht nur in der Ausnahme ist dem dann auch so. Damit ist nun auch der Zeitpunkt gekommen, an denen meine Köder so richtig knallen, rauchen, donnern, kratzen, beißen, und brennen müssen. Wer jetzt kleckert, ist sehr schnell auf die Verliererspur abgebogen. In diesem Punkt muss es jetzt mal so richtig zur Sache gehen und ordentlich scheppern. Ehrlich gesagt empfinde ich besonders diesen Part der Winterangelei als ganz besonders spannend und reizvoll. Dies ist nämlich genau das Metier, in dem ich mich so richtig wohl fühle.
Wie aus meinen bisherigen Beschreibungen schon erkennbar sein sollte, setze ich nun auf eine möglichst krasse Reizüberflutung. Und glauben Sie mir bitte, dies ist keineswegs eine unsinnige Übertreibung! Vielmehr hat mir die Vergangenheit und dabei leider auch so mancher Blank gezeigt, ein „echtes Zuviel“ gibt es in dieser Hinsicht nicht. Jeder einzelne Reiz, den ich nun aussende, erhöht meine Fangchancen beträchtlich. Nur eine einzige Sachlage darf bei dieser Herangehensweise keinesfalls ins Hintertreffen gelangen. Auf allzu viel sättigendes Lockfutter sollte nach Möglichkeit gänzlich verzichtet werden. Von daher gibt es während meiner Ansitze im Höchstfall auch nur ein paar Stückchen meiner Boilies. Im Grunde genommen setze ich vielmehr auf Weichfutter, sich auflösende Pellets, ein paar auffällige Dosenmaiskörner und sehr gerne auch auf gekochten Reis. Mit all diesen Komponenten lassen sich die trägen Kollegen sehr ordentlich anregen und bei Laune halten. Und trotzdem müssen sie für jedes Leckerchen immer etwas mehr tun, als nur eine der üblichen Kugeln aufzusammeln. Und wenn ich zudem jetzt auch noch ein paar nette Liquids ins Spiel bringe, so schnellt die Lockwirkung meines Futters um eine gute Nuance in die Höhe. Das Weichfutter feuchte ich daher eigentlich immer mit einem Liquid meines Vertrauens an. Einerseits kann dies ein enzymaktiver Dip, ein Sirup oder aber ein Boilie Dip sein. Das Ganze soll natürlich den Effekt einer verführerischen, mächtig reizvollen Spur nach sich ziehen. Von daher ist es wichtig, dass das Endergebnis möglichst auch im kalten Wasser löslich ist.
Nun kommt die zweite Komponente ins Spiel. Dafür verwende ich Wolkenbildner, wie z.B. Goo von Kiana Carp. Mit diesem krass färbenden Lockstoff mische ich meinen bereits zuvor gekochten Reis an. In der Regel bereite ich mir diese Lockfutter schon im Vorfeld vor und friere es im Anschluss daran in Portionstüten ein. Und ja, hierbei sind der Fantasie keinerlei Grenzen gesetzt. In der Regel verwende ich unterschiedlich aromatisierte Reisvarianten. Der eigentliche Sinn dieser Geschichte besteht einerseits aus der großen Reichweite, die ich damit auch noch im kalten Wasser erzielen kann. Die Rauchwolke ist einfach gigantisch und somit kaum mehr zu toppen. Und auf der anderen Seite setze ich damit auch auf krass sichtbare, farbige Akzente. Und auch dieser Punkt sollte meiner Meinung nach nicht unterschätzt werden. Wie gesagt, die Karpfen sind oftmals sehr lethargisch und müssen regelrecht zu einer Aktion gereizt werden. Normaler oder aber ebenso mit Goo akzentuierter Dosenmais schlägt dann z.B. ebenso in dieselbe Kerbe. Von daher mische ich davon ebenfalls ein paar Körnchen mit in mein Lockfutter.
Und last but not least setze ich manchmal auch noch auf die lebendige Komponente. Einige krabbelnde Fliegenmaden, wie wir sie im Angelshop um die Ecke bekommen, lassen die Reizschwelle noch einmal nach oben schnellen. Dies macht umso mehr Sinn, je träger das Verhalten der Karpfen zum Zeitpunkt des Winteransitzes bereits ist. Ich habe es schon erlebt, dass nur die beweglichen Köder Reaktionen hervorgerufen haben. „Tote Boilies“ hingegen ließen die Bissanzeiger in eine Art Winterschockstarre verfallen. Bedenken Sie hierbei vielleicht noch, dass diese Krabbler bei Dauerfrost schnell erfrieren können. Von daher kann eine Styroporbox oder eine wärmende Umgebung wahre Wunder bewirken.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg und den einen oder anderen tollen Winterkarpfen!
Thomas Talaga