Mit einem herzlichen „Tschüss, Papa“, verabschiedete sich Paul, gab` mir `nen Schmatzer auf die Backe und tänzelte leichtfüßig mit dem Ranzen auf den Schultern über den asphaltierten Schulhof Richtung Schule. Wie groß der „“Kleine“ schon geworden ist – unglaublich eigentlich. Die letzten Wochen waren geprägt von Homeschooling, der ein oder anderen Auseinandersetzung und vereinzelten, neuen, grauen Haaren in meinem Gesicht. Sicher gibt es extremere Situationen in einem Leben, dennoch zehrten die letzten Wochen und Monate sehr an meinem, an unserer allen, Gemüt…
Zufrieden machte ich kehrt. Am Auto angekommen, drehte ich mich noch einmal um, doch Paul war bereits von der Bildfläche verschwunden. Mit einem Lächeln im Gesicht stieg ich wieder in meinen Bus und begab mich auf den Rückweg. Nebelschwaden tauchten das Licht der aufgehenden Sonne in zartes Orange – es sollte ein toller Tag werden, um die 18°C warm und das Ende Februar…
Ein merkwürdiger Winter liegt hinter uns, begleitet von einem noch merkwürdigeren Herbst. So richtig wollten die Fische nicht. An vielen Gewässern unserer Gegend blieben die Erfolgsmeldungen aus und auch ich hatte wirklich zu kämpfen in den kalten Monaten noch einen Fisch ans Band zu bekommen…
Während ich im Dezember und Anfang Januar immer wieder mit den Kids und zwei Spinnruten loszog, um den Räubern unserer Gegend auf den Zahn zu fühlen, verspürte ich Ende Januar wieder das Verlangen unseren goldenen Lieblingen nachzustellen. Ungewöhnlich, gerade für mich, bei solchen Wassertemperaturen die Saison zu beginnen, doch ich musste meinen Gefühlen einfach freien Lauf lassen und entschied mich – nicht zuletzt der aufpoppenden, milden Phase Ende Januar wegen – einen Spot mit minimalem Futtereinsatz für die erste Nacht 2021 vorzubereiten. Ich entschied mich für eine recht zentral gelegene Stelle. In dem gut 20ha großen Baggersee kannte ich mich bereits gut aus, war auch in vergangenen, kalten Winternächten mit schönen Fischen belohnt worden und stand meiner Mission Januarkarpfen somit sehr positiv entgegen.
Wie das im Leben aber immer und immer wieder ist, kam alles anders als geplant und ehe ich meine Stelle unter Futter setzen konnte, waren meine Lieblinge unter einer recht dicken Eisdecke geschützt. Pustekuchen! Der aufkommende Kälteeinbruch (für einen Winter eigentlich nichts Ungewöhnliches) kam - blicke ich auf die vergangenen, sehr milden Winter ohne zugefrorene Seen in unserer Gegend zurück – sehr überraschend. Mein Plan war also für kurze Zeit dahin… Nun gut, was hätte mir da anderes übrigbleiben sollen, als das ganze Szenario einfach zu akzeptieren und das Beste daraus zu machen? Noch war man ohnehin in vielen Belangen begrenzt und zu tun hatte ich neben meinem unfreiwilligen Zweitjob als Nachhilfelehrer definitiv genug. Nicht zuletzt blieb mir so mehr Zeit für dieses eine Projekt, dass mir seit Sommer 2020 im Kopf umherschwirrte und dieses Frühjahr tatsächlich zur Realität werden wird. Aber hierzu im kommenden März-Blog mehr – versprochen!
Während ich vor dem Kälteeinbruch noch tiefe Stellen wählen wollte, hatte ich jetzt keinen festen Plan mehr vor Augen. Zumindest nicht für diese erste Tagessession 2021. Spontan steuerte ich entgegen meines ursprünglichen Vorhabens - nachdem ich einen kurzen Zwischenstopp zuhause eingelegt hatte um Bootsi einzusammeln - den flachsten Bereich des Sees an. Der Wind hatte die letzten beiden Tage sehr mild in diese Bucht geweht und aus vergangenen Sessions zusammen mit Marco Beck wusste ich, dass sich die Fische bereits kurz nachdem das Eis die Wasseroberfläche wieder frei gegeben hat, oftmals genau in diesem Areal einfinden. Ich lief am Ufer entlang, versuchte irgendwelche Aktivitäten auszumachen, sah aber außer ein paar Blässhühnern Nichts. Noch herrschte unter Wasser Winter, auch wenn das über Wasser tatsächlich ganz anders aussah. Ich schlenderte weiter und kam nach und nach zu dem Entschluss, meine Saison nun doch nicht hier zu beginnen. Zu holen gabˋ es hier nichts Neues und sooo „angeltechnisch“ ausgehungert, dass ich jetzt unbedingt einen Karpfen fangen musste, war ich nun auch wieder nicht.
Kurz entschlossen stieg ich wieder ins Auto, nahm wieder Fahrt auf und fand mich nach ein paar Minuten an einem Gewässer wieder, das ich dieses Jahr noch einmal genauer ins Visier nehmen wollte. Einige Fische hatte ich an diesem Baggersee noch auf meiner Wunschliste und war fest entschlossen, die meisten Kandidaten 2021 von eben dieser Liste zu streichen. Im letzten Frühling hatte ich hier bereits einige Fische in einer Ecke des Gewässers ausfindig machen können, die der Bedingungen wegen eigentlich garnicht frühjahrstauglich schien. Der Untergrund war recht steil abfallend, das Ufer lag auf der Nordwestseite des Sees und üppiger Pflanzenbewuchs oder andere Unterstände, die unseren Lieblingen in den klaten Monaten des Jahres Schutz bieten würden, gab es hier auch nicht wirklich. Dennoch hatten sich die Fische im Vorjahr sehr ufernah am kiesigen Untergrund getummelt und genau hier wollte ich dieses Jahr starten. Ganz gegen meine eigentliche Vorgehensweise in den zeitigen Monaten eines jeden Jahres wollte ich fortan zwei kleinere Spots unter Futter halten. Zwei, drei Hände Hanf, etwas Dosenmais, `ne Hand voll Boilies, verfeinert durch ein bisschen Teig - mehr nicht. Einer der most wanted hatte es im letzten Jahr vorgezogen keinen Meter vom Ufer entfernt zu fressen – mehrmals hatte ich diesen imposanten Fisch gesehen, das Timing ihn auf Sicht zu beangeln aber immer verpasst! Genau da wollte ich zumindest eine der vorgesehenen Futterstellen anlegen, die zweite Stelle etwas tiefer.
An diesem einen Morgen verzichtete ich allerdings auf den Eintrag zusätzlichen Futters. Auf die linke, tiefer liegende Rute kam ein kleiner weißer Pop Up, auf die andere ein gelber, kleiner Schneemann. Die auffälligen Leckerlies fanden - wie es eigentlich schon zu erwarten war – an diesem Morgen keine Abnehmer, doch das stimmte mich nicht minder zuversichtlich. Ich genoss die Zeit am Wasser, diese Ruhe, das Freisein und die Gewissheit, schon sehr früh im Jahr ein ganz klares Ziel vor Augen zu haben…
In diesem Sinne – stay tuned und allen da draußen „Ne tolle Zeit am Wasser!“,
Chris Ackermann