In dem wir die unscharfen und scharfen Bereiche eines Fotos bewusst wählen, gestalten wir es spannend, anspruchsvoll und kreativ. Die Schärfentiefe gibt dem Bild Charakter. Also los, verstehen wir sie und nutzen sie für uns!
Kreativ-Wergzeug Schärfentiefe
Schärfentiefe heißt im Englischen depth of field, kurz DOF und beschreibt vereinfacht ausgedrückt den Bereich des Fotos, der im Fokus liegt, also scharf ist. Ist der Bereich der Schärfentiefe klein, so liegt nur ein winziger Bereich, bis runter auf nur einen Millimeter, im Fokus und der Rest des Bildes ist verschwommen. Dem gegenüber bedeutet eine große Schärfentiefe, dass so ziemlich das gesamte Bild scharf dargestellt wird.
Die Schärfentiefe beeinflussen wir durch die Wahl der Blendenöffnung (engl. aperture). Du erinnerst Dich, wir können auf unser Foto durch die Belichtungszeit, ISO-Einstellung und Blende kreativen Einfluss nehmen. Und indem wir den Blendenring unseres Objektives öffnen oder eben schließen beeinflussen wir die Schärfentiefe und nutzen sie als ganz besonders effektives Werkzeug zur Bildgestaltung.
Blendenwert vs. -öffnung
Die Sache mit den Blendenwerten kann irritieren: Eine kleine Blendenzahl (z.B. 1.8) entspricht einer großen Blendenöffnung (engl. wide aperture) und die erfordert bei normalen Lichtverhältnissen eine niedrige ISO-Zahl und kurze Belichtungszeit, sonst ist das Foto schnell überbelichtet. Um eine hohe Schärfentiefe zu erreichen ist hingegen eine hohe Blendenzahl nötig. Denn eine kleine Blendenöffnung entspricht einer hohen Blendenzahl (z.B. 7.1, engl. high aperture). Um dabei eine gute Belichtung zu gewährleisten, ist womöglich eine höhere ISO-Zahl nötig und eine längere Belichtungszeit.
AV als Standard
Verwirrt? Wenn Du es einmal verinnerlicht hast, ist es ganz leicht! Und jedes Foto braucht ein Verständnis dieser Variablen, um gut zu werden. Stellst Du die Kamera auf Automatik, überlässt Du ihr die Wahl und das möchte ich vermeiden, denn Kameras wählen selten kreativ... Ein guter Kompromiss ist die Einstellung AV (oder TV bei Nikon-Nutzern). Damit kannst Du die Blende selbst wählen und die Kamera passt die Belichtungszeit an. Die ISO solltest Du auch manuell und je nach Licht und Blende wählen, um schnell zu lernen, worauf es ankommt.
Der Fokus ist wichtig!
Eine große Schärfentiefe ist bei Fotos von Landschaften und Architektur angesagt, um viele Details abzubilden. Geringe Schärfentiefe ist das Werkzeug jeden kreativen Bildgestalters und kommt besonders dann zum Tragen, wenn ich ein Objekt im Fokus vom Hintergrund „trennen“ möchte – es also hervorgehoben darstellen möchte. Ein korrekter Fokus wird da wichtiger! Wenn Du mit offener Blende fotografierst, lege größten Wert darauf, den Fokus wirklich auf den Punkt zu nageln. Es kommt hier für die wirklich beeindruckenden Effekte auf Millimeter an!
Welche Objektive?
Eine geringe Tiefenschärfe (ja, auch Schärfentiefe) ist in und besonders bei Fangbildern gerade in Mode – es sieht eben auch einfach richtig cool aus! Den gewünschten Effekt erzielst Du am besten mit schnellen Festbrennweiten-Objektiven. 50mm Linsen sind angesagt und besonders auf Vollformatkameras eine gute Wahl für Portraits, kreativ gestaltende Fotografie und auch Fangbilder. Mit schnell meine ich, dass dieses Objektiv niedrige Blendenzahlen von unter f2.8 erreicht. Der Bereich des Bildes, der in der Unschärfe liegt, wird Bokeh genannt. Von der Qualität und Erscheinung dieses Bokehs hängt es ab, wie gut das scharfe Objekt des Bildes zur Geltung kommt. Je lichtstärker die Linse, desto heftiger fällt das Bokeh aus und sobald wir unter f1.8 gehen können wir ein paar super spannende Effekte produzieren – diese bewusst und künstlerisch einsetzen.
Der Abstand zählt
Die Schärfentiefe verändert sich auch abhängig von der Distanz zwischen dem Fotografen und dem Objekt im Fokus. Ist dieses nah an der Linse und der Hintergrund in weiter Ferne, erzielen wir auch mit höheren Blendenzahlen ein Bokeh. Noch eine Verwirrung gefällig? Gut: Verwenden wir dann eine niedrige Blende, fokussieren aber aufs Unendliche (Infinity-Zeichen auf dem Objektiv), werden wir die meisten Bereiche des Bildes scharf darstellen. Hier zwei Beispiele des gleichen Bildsettings mit den oben erwähnten, unterschiedlichen Einstellung. Technische Details gebe ich in den Bildunterschriften preis.
Wenn Du ein breiteres Bild zeichnen möchtest, schaue Dir nochmal meine Fotokolumne „Übernimm die Kontrolle an“. Viel Spaß mit der Kamera und Bildbearbeitung und bis zum nächsten Mal,
Oli.