Lange haben wir alle darauf hin gefiebert, denn zwei Jahre konnte unser alljährliches Teamtreffen nicht stattfinden. Aber nach ganzen drei Jahren war es wieder so weit. Fast alle aus dem Team hatte ich die Zeit über nicht ein einziges Mal gesehen. Schon krass irgendwie! Das Teamtreffen und die damit verbundene Geburtstagsfeier von Andreas sollten von Mittwoch bis Sonntag stattfinden, denn am Donnerstag hatte der Chefe Geburtstag und wir wollten alle gemeinsam reinfeiern.
Wie auch die Jahre zuvor, wurde ein Teil eines Vereinsgewässers für uns reserviert, wo auch nur wir fischen durften. Eine Halbinsel, von der wir in alle Richtungen aus fischen konnten, aber trotzdem alle nah beieinandersaßen. Besser konnte eine Location für so ein Treffen kaum sein. Der Fischbestand und die Strukturen an dem See sind optimal, somit bestand für jeden die Möglichkeit Fisch zu fangen. Ende August ist eigentlich immer eine gute Zeit. Denn dort kommen meist die Wetterwechsel, die so ganz langsam den Herbst einläuten. Doch die Wetterapp ließ anfangs auf nicht allzu gutes Wetter hoffen. Jeden Tag Sonne bei 30 Grad machte keine großen Hoffnungen auf ein fischreiches Wochenende. Das sollte sich aber noch ändern. Ich hatte meinen Plan wie ich vorgehen wollte schon im Kopf. Beim letzten Treffen konnte ich schon sehr gut fangen und hatte sogar das Glück einen megageilen Koi dort zu fangen. Deswegen wollte ich dieselbe Taktik wählen, denn was einmal so gut funktioniert hat wird mit Sicherheit auch nochmal klappen.
Wie so oft hatte ich den Tag vor der Abfahrt zu Hause nichts fertig. Weder meine Arbeit noch war irgendwas von meinem Tackle schon ready, geschweige denn im Bus verladen. Den Abend verbrachte ich noch bei einem Kollegen, aber eigenglich wollte ich ins Bett gehen, als ich um eins nach Hause kam. Zum Glück tat ich das nicht, denn ich war noch hellwach und entschied mich dazu jetzt schon mal alles in den Bus zu laden, was ich so brauchte, damit ich den ganzen Stress nicht noch direkt vorher hatte. Es war die goldrichtige Entscheidung. Mein Vormittag war mal wieder alles andere, als entspannt und genau an einem solchem Tag, an dem ich eigentlich um zehn Uhr im Auto sitzen wollte auf dem Weg an den See, kam nochmal richtig Arbeit auf. Eine Mail nach der anderen die noch beantwortet und abgearbeitet werden musste. Am Ende war es eins als ich loskam und die knapp vier Stunden Fahrt vor mir hatte. Boah, war ich froh als es losging. Kopf aus, Musik an und aufs Angeln mit richtig guten Leuten freuen war jetzt die Devise.
Einfacher gesagt als getan, denn der Verkehr auf deutschen Autobahnen hat meiner Meinung nach in diesem Jahr sein Höchstmaß erreicht. Noch nie stand ich so viel und so oft im Stau wie in diesem Jahr. Die deutschen Autobahnen mit ihren Millionen von Baustellen sind einfach nur der blanke Horror, dazu kommen noch etliche Menschen, die zu unfähig zum Autofahren sind und das Ganze nur noch schlimmer machen. Eigentlich war angesetzt, dass wir uns am Nachmittag gegen vierzehn bis fünfzehn Uhr am See treffen, aber irgendwie waren die meisten schon um elf da. Ein paar kamen auch später oder erst am nächsten Tag an, aber in mir machte sich Unruhe breit, dass ich nicht einen der Plätze bekomme, die ich mir vorgestellt hatte, denn jeder konnte sich hinsetzten, wo er gerne wollte. Und die als erstes kamen, hatten eben freie Platzwahl. Zudem hatte ich noch meine Plätze vom letzten Mal im GPS, die richtig gut waren und ich hatte vor sie wieder zu befischen, wenn möglich.
Um meine Unruhe zu besänftigen, schrieb ich Alex eine Nachricht, der bereits am See war, und fragte nach der Lage. Das Erste, was er mir mitteilte war, dass er auf der Spitze saß und mir meinen alten Platz freigehalten hatte. Was ein Ehrenmann! Richtig gut, damit war die restliche Autofahrt ein Selbstläufer. Kennt Ihr dieses ungute Gefühl im Bauch, wenn Ihr an den See fahrt und einen ganz bestimmten Platz im Visier habt oder einen Futterplatz und Ihr einfach nur hofft, dass genau dieser Platz frei ist? Ich habe das zu oft, ganz schlimm.
Um kurz nach vier Rollte ich dann endlich am See an und die Ersten hatten schon leicht einen im Tee. Gute Stimmung ist das Wichtigste für so ein Wochenende. Ich machte eine Runde, um allen einmal Hallo zu sagen und kurz zu schnacken, aber dann ging es direkt ran die Ruten startklar zu machen und Plätze zu suchen bzw. zu schauen was mit den Alten war. Das flachere Plateau sah nicht mehr so aus, wie ich es in Erinnerung hatte, liegt wahrscheinlich auch eher an mir als am Plateau. Es war einfach viel mehr Kraut da. Alles war zugewachsen und obendrauf war ein freier Fleck, der richtig blank war. Ein Platz, an dem vor nicht allzu langer Zeit noch Fische aktiv waren, das konnte man über die Unterwasserkamera gut sehen. Das tiefere Plateau, was direkt daneben lag, war komplett dicht. Da konnte man nicht mehr drauf fischen. Also musste ein neuer Platz her für die zweite Rute. Ich fuhr mein Areal gefühlt ewig ab und konnte nichts finden was meinen Vorstellungen entsprach. Zwar hatte ich mir einiges markiert, aber so richtig überzeugt war ich nicht.
Durch Zufall entdeckte ich dann noch ein Plateau, was eher einem Wall mit Gipfelpfad glich und gut anstieg. Zu beiden Seiten fiel es auch recht schnell ab. Am Anfang war alles voller Kraut, bis dann die Kante kam und direkt dahinter weicher Boden, der übersäht war mit großen Löchern. Direkt am Kraut mehr, und nach hinten weg immer weniger. Definitiv Fraßspuren von Karpfen. Das war mein Hotspot. Sie hatten hier nach etwas fressbarem in dem weichen Boden gesucht. Genau hier an der Kante platzierte ich meine rechte Rute auf siebeneinhalb Meter Wassertiefe mit einem Snowman. Drumherum verteilte ich gut drei Kilo Krill und Leber Boilies, die ich dort schön verteilte. Ich wollte einen Futterplatz schaffen, an dem die Fische auch fressen konnten, ohne direkt gehakt zu werden und auf dem nur eine Rute lag. Die andere legte ich auf das fünf Meter Plateau mit einem 24 mm Citrus Boilie. Auch hier fütterte ich ordentlich dazu. Circa eineinhalb Kilo Boilies und einige Kellen Tigernüsse und Hanf. Das Wasser war so klar, dass ich die Montage per Hand perfekt vom Boot aus auf Sicht ablegen konnte.
Jetzt konnte ich mein Camp herrichten. Schön aus dem Bus raus und im Dachzelt schlafen, ein Traum! Am Abend fanden wir uns zusammen und stießen gemeinsam auf das lange Wochenende an. Andy läutete die Session gebührend mit einem mega geilen Fully ein. Besser konnte es nicht losgehen. Auch ich konnte an diesem Abend schon meinen ersten Fisch fangen. Einen Schuppi um die zehn Kilo schwer. Mega gut, der Einstand war gemacht. Der Chefe erlebte das Reinfeiern an diesem Abend nicht mehr. Vollstorno! Ruten raus und schlafen war angesagt. Spät am Abend kam dann auch noch unser Kroate an. Einfach nur ein geiler Typ, mit dem man sich stundenlang unterhalten kann. Ich glaube es war dann auch irgendwann halb drei als wir uns ablegten, um wenigstens etwas Schlaf zu bekommen.
Am frühen Morgen, pünktlich zu einem richtig krassen Sonnenaufgang, weckte meine linke Rute mich mit einem Fullrun. Ich war noch so hart verpeilt, dass ich erst gar nicht aus meinem Dachzelt kam, aber dann doch noch den Ausweg finden konnte. Rute aufgenommen und ab ins Boot. Der Drill zog sich und der Fisch machte ordentlich Druck. Das machten sie alle hier. Nur umso größer sie wurden, desto anstrengender der Drill und man bekam die Fische überhaupt nicht mehr gestoppt. Irgendwann kam er dann hoch und ich konnte den Spiegler sehen und dann auch sauber keschern. Spiegler waren hier eher die Ausnahme. Dazu noch ein richtig schöner und makelloser Fisch. Ein perfekter Morgen.
Schnell machte ich die Rute neu und legte sie wieder an ihrem Platz ab. Wieder einmal krass zu sehen, dass nicht ein Krümel mehr am Platz lag, es war alles weggefressen worden. Da kommt dann wieder die These hoch, dass der Hakenköder oftmals das Letzte ist, was am Platz liegt und gefressen wird. In diesem Fall war es wohl so. Als wir den Fisch abgelichtet hatten, musste ich mich nochmal hinlegen, um den Tag zu überstehen, denn ich war verdammt müde nach nur drei Stunden Schlaf. Gegen zehn, halb elf erwachte ich dann auch wieder und der Tag konnte starten. Es war Andys Geburtstag, aber alle hingen noch gut durch. Das Wetter tat bei guten 30 Grad sein Übriges dazu, aber hey, wir wollen uns nicht beschweren. Es war sehr chillig ein bisschen abzuhängen und sich zu unterhalten. Mein neuer Platz brachte mir sogar über den Tag Fisch. Die wilden Schuppies hatten Hunger. Am Abend zeichnete sich der Wetterwechsel ab. Es zog zu, wurde windiger und kühler. Zudem fing es in der Nacht an zu regnen. Das war genau das Wetter, was wir haben wollten. Auch in dieser Nacht konnte ich wieder Fische fangen, wieder Schuppies, so um die zehn bis dreizehn Kilo schwer. Es lief also richtig gut an bei mir, aber nur noch auf der rechten Rute. Die linke gab keinen Ton mehr von sich. Da wollte ich gegensteuern und suchte am Freitag einen neuen Platz und versuchte mein Glück dann auch noch mit einem neuen Prototyp. Aber das war völlig verkraftbar, denn die Rechte lief jetzt kontinuierlich ab.
Ich hatte mit dem Platz in Schwarze getroffen, was wieder zeigt wie enorm wichtig Location ist, auch wenn man die Fische nicht findet, sondern nur anhand von Plätzen schaut und diese auch noch mit der Unterwasserkamera begutachten kann. Für mich einfach nicht mehr wegzudenken. Aber auch bei den anderen lief es nicht schlecht. Am späten Freitagnachmittag kamen dann auch noch meine Frau und mein Sohn dazu. Auch sie sollten mit uns ein schönes Wochenende verbringen. Ich bin superglücklich, dass ich mein Hobby so ausleben kann, sich beides super verbinden lässt und die beiden das so mitmachen. Das ist nicht selbstverständlich. Denn wenn man so viel unterwegs ist, versuche ich immer so viel Zeit wie nur möglich mit meiner Familie zu verbringen, auch wenn es auf diesem Wege ist. Aber so hat sie dann auch mal Gesichter zu den ganzen Namen und lernt die Jungs selbst einmal kennen.
Im nächsten Teil geht es weiter mit den letzten zwei Tagen und einer völligen Eskalation an Bissen bei miesestem Wetter! Freut euch drauf.