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Interview / 17.04.2020

Effektiv angeln vom Schlauchboot - ein Interview mit Kapitän Mathis Korn

Viele legen vom Boot ihre Ruten ab um ihren Radius zu erweitern. Er angelt einfach gleich vom Boot aus: Mathis Korn lebt die Vorzüge, aber auch Einschränkungen des „Boat Life“ auf den Gewässern Europas in vollen Zügen - oft sogar mit seiner Freundin! Christopher Paschmanns hat bei ihm dazu genauer nachgehakt. Worauf kommt es an? Welche Vorteile bieten sich?

Christopher: Hey Mathis, danke für deine Zeit! Zunächst mal, wie ist die Lage bei dir in Bayern aktuell? Gehst du noch raus ans Wasser?

Mathis: Hey Christopher, schön von Dir in diesen schwierigen Zeiten zu lesen. Eigentlich hatte ich genau zum Anfang der Pandemie in Deutschland einen Trip mit meiner Freundin nach Frankreich geplant, diesen aber jetzt auf unbestimmte Zeit verschoben. Hier in Bayern gibt es ja bereits seit einiger Zeit starke Ausgangsbeschränkungen. Da diese Verordnung sportlichen Aktivitäten, als auch Jagen und Angeln keinen Riegel vorschiebt, gehe ich derzeit nur allein oder in Begleitung meiner besseren Hälfte angeln. Schon komisch, wenn man sich vom einen auf den anderen Tag nicht mehr mit anderen Anglern trifft, um sich auszutauschen. Also ja, ich gehe Angeln, aber bewusster als zuvor.

Christopher: In Artikeln, Videos und natürlich in deinem Insta-Feed zeigst du deine Leidenschaft fürs Angeln vom Boot. Wie bist du dazu gekommen, direkt vom Boot aus zu angeln?

Mathis: Alles begann mit einem Trip mit meinem Freund Markus vor zwei Jahren. Er lud mich auf sein Boot an einem alpinen See im Süden Österreichs ein - ein Kajütboot der Extraklasse. Feste Boots Rod Pods, Stereoanlage, Sonnendeck, etc. beeindruckten mich neben den schnellen Fangerfolgen tief. Kurzum, ich war vom Bootsangeln infiziert. Doch der hohe Preis des Boots von ca. 25.000 EUR schreckte mich zuerst ab, mich weiter mit dem Thema auseinander zu setzen. Wenige Monate später sah ich durch Zufall auf Facebook die optimale Lösung. Es handelt sich um das iboat 500. Ein Schlauchboot mit Ausmaßen, groß genug für zwei Personen, solide verarbeitet, durchdacht und im Komplettpaket (Boot, Zelt, Liegeflächen) sehr attraktiv für 3.000 EUR. Nach ein paar Klicks war das Boot bereits auf zwei Paletten auf dem Weg zu mir. Zwei Tage später, am Sonntag, war der Schnee im Innenhof geschmolzen und ein Probeaufbau des Bootes möglich. Alles klappte wie am Schnürchen.

Christopher: Welche echten Vorteile bietet dir das Angeln vom Boot und in welchen Situationen würdest du dann eher darauf verzichten?

Mathis: Das Angeln vom Boot bietet zu jeder Jahreszeit große Vorteile, besonders aber im Frühjahr, wenn sich die Fische im Flachwasser oder im Schilf aufhalten. Sie können dann vom Boot aus direkt und auf kurze Distanz beangelt werden. Auch interessant sind natürlich Gewässerabschnitte, die schlecht oder gar nicht zugänglich sind, wie Naturschutzgebiete, Inseln, Steilwände, Uferböschungen und Häfen. Vorausgesetzt man darf diese Bereiche mit dem Boot be- bzw. anfahren. Zudem ist vom Boot aus die Bisserkennung sensibler und man ist schneller am Fisch als auf lange Distanz. Im Sommer kann man auch vom Bootsangeln profitieren: Man kann schnell auf springende Fische reagieren, indem man in wenigen Minuten den Platz wechselt. Montagen und Anker einholen – und schon kann der neue Platz angesteuert werden. Auch das Angeln in stark verkrauteten Gewässern wird einfacher. Ich ankere in der Nähe von Krautlöchern und kann somit die freien Plätze gezielt beangeln. Auch hier bekomme ich den Biss schneller mit – ein großer Vorteil. Kurzum, wo man sonst über hunderte Meter hin angeln würde, besteht nun die Möglichkeit, auf nur wenige Meter punktgenau zu angeln. Im Herbst fahre ich oft mehrere Plätze ab, die ich täglich seit Beginn des Angelns an vorgefüttert habe. All dies wird mit dem Beiboot erledigt. Im Winter merkt man die Kälte des Wassers und jeden Luftzug außerhalb des Bootszeltes. Im Bootszelt selbst verwende ich eine Gasheizung (Heatbox) mit Sauerstoffmangelregler. Beangelt werden dann die tieferen Teile der Seen, wie z.B. Bereiche vor den Staumauern oder tiefe Löcher in Baggerseen. Auf das Boot verzichten würde ich z.B. an meinen Vereinsseen in Bayern. Ich würde zu viel Trubel verursachen, die Fische eher verscheuchen und andere Angler verärgern. Ähnlich verhält es sich an Seen wie dem Lac de Saint Cassien. Es finden sich immer wieder Plätze am Ufer. Der Aufwand mit dem Boot stünde in keinem Verhältnis. Da ist weniger mehr und ein Bananaboot oder kleines 2.60er Schlauchboot reicht völlig aus, um an den Zielfisch zu gelangen.

Christopher: Wie hat sich deine Bootsangelei in Sachen Material entwickelt? 

Mathis: Eigentlich kaum. Ich verwende zwar Boots Rod Pods, einen stärkeren Elektro Motor, aber sonst ist alles gleich geblieben. 10ft Ruten benutze ich schon seit Jahren, da ich gern vom Boot aus ablege. Da besteht also kein Unterschied, wenn ich direkt vom Boot aus angle.

Christopher: Ich habe mal eine Session mit einem guten Freund im Hochsommer vom Kajütboot gefischt – und geblankt. Da gab es einen satten Lagerkoller! Es ist eben ziemlich wenig Platz. Kennst du das? Was machst du dann?

Mathis: Blanken gehört natürlich auch beim Bootsangeln dazu. Keiner sagt, dass dies eine Geheimwaffe ist. In den zuvor beschriebenen Situationen kann das Bootsangeln an ausgewählten Gewässern, oft größeren Stauseen, einen Vorteil verschaffen. Letztes Frühjahr habe ich 16 Tage allein auf dem 11qm großen Boot verbracht. Ich muss gestehen, es war eine Grenzerfahrung. Meine Gliederschmerzen nach einer guten Woche waren kaum noch mit Landgängen oder Fitnessübungen auszugleichen. Der Mensch ist es einfach gewohnt sich zu bewegen. Ähnlich geht es wohl vielen gerade während der Ausgangsbeschränkung. Wahrscheinlich bin ich auch nach über 20 Jahren intensiven Karpfenangelns noch so fasziniert von dem Hobby, dass ich jede Sekunde am Wasser genieße - egal ob an Land oder auf dem Boot. Im Sommer ist es definitiv angenehmer. Hier besteht die Möglichkeit zu schwimmen. Im vergangenen Spätherbst waren meine Freundin und ich eine Woche auf einem der größten französischen Seen unterwegs. Lagerkoller gab es keinen, nur dicke Fische.

Christopher: Du hast ein interessantes Insta-Profil, aber postest kaum Fotos von Fischen, die sich direkt mit der Bootsangelei in Verbindung bringen lassen. Warum?

Mathis: Das hat einen ganz einfachen Grund. Schieße ich ein Foto vom Boot aus, ist oft ein Großteil des Gewässers im Hintergrund zu erkennen. Da fahre ich lieber ans Ufer und fotografiere den Fisch dort vor einem Hintergrund, den man nicht erkennen kann. Mir ist besonders wichtig, durch meine öffentliche Angelei die Locals des jeweiligen Gewässers nicht zu beeinträchtigen, oder schlimmer: Verbote zu verursachen. Ich bin ja schließlich immer zu Gast. Man darf nie vergessen, welche Reichweiten Fotos bei Instagram oder YouTube Videos heutzutage erreichen. Respekt ist ein ganz wichtiges Thema für mich – besonders beim Bootsangeln.

Christopher: Tolle Einstellung! Ich bin mir sicher, dass viele die Freiheit des Angelns vom Boot spüren wollen. Besonders nachdem sie diese Zeilen von dir gelesen haben. Was ist für die ersten Einsätze dringend erforderlich. Gib doch als gestandener Boots-Experte mal ein paar gute Tipps zum Besten.

Mathis: Das wichtigste ist die Sicherheit auf einem Boot, egal ob Schlauch- oder Festrumpfboot. Daher sollte mind. eine Schwimmweste an Bord sein. Was zudem viele unterschätzen, ist die Verankerung. Hier werden oft zu kurze Ankerleinen benutzt. Ist das Wasser z.B. 5 Meter tief benötige ich eine Mindestlänge von 15 Metern Ankerseil, um einen nicht zu steilen Winkel zu erzeugen - optimal sind ca. 45 Grad). Verankert wird das Boot mit vier Ankerleinen (je 30 m Länge), an denen vier Flussanker mit je 20 kg Gewicht (von Raptorboats) hängen. Die Vierpunktverankerung ist wichtig, um das Boot auch bei Wind und Wellen möglichst an einer Stelle zu halten. Somit melden sich die Bissanzeiger nur bei einem Biss – eine klasse Sache. Boots Rod Pods sparen Platz im Boot und werden - statt einem „normalem“, der nur im Weg stehen würde - verwendet. Zudem kann er im Handumdrehen durch ein Schnellspannersystem um 360 Grad verstellt werden. Auf dem Außendeck bleibt mir also genügend Platz für eine große Zargesbox (120 Liter). Auch Futter in Eimern findet hier seinen Platz. Angetrieben wird das Boot von einem vier-PS-starken Haswing Protura 3.0 Elektromotor (eine etwas günstigere Alternative zum Torqeedo), der von einer Lithium Ionen Batterie (200 Ah/24 V) gespeist wird. Dieser Motor hat auch bei Wind genügend Kraft, das Boot auf den gewünschten Spot zu manövrieren. Hinzu kommt noch ein Beiboot. Ich benutze ein 2,60-Meter-langes Schlauchboot, mit dem ich die vier Anker des Hauptbootes setze, Ruten auslege und füttere, drille – und wenn nötig – ans Ufer fahre. Auch dieses Boot verfügt über einen kleineren Elektromotor, eine Batterie, Echolot mit GPS und weitere Kleinmaterialien, die ich benötige, um meine Ruten schnell beködern zu können. Ein kleineres Boot würde ich nicht empfehlen, da hier keine Materialien wie z.B. Futter „zwischengelagert“ werden können. Auch das Thema Sicherheit ist hier zu beachten. Größere Boote liegen stabiler im Wasser als kleinere Boote. Das Beiboot wird lediglich mit einem Karabiner am Hauptboot fixiert, damit ich bei einem Biss schnell dem Fisch entgegen fahren kann.

Meine Packliste zum erfolgreichen Bootsangeln:

• Stabile und variable Rod Pods (2-4 Ruten) mit Bootshalterung wie z.B. von Daiwa

• Mindestens zwei Schwimmwesten (Allein sollte man nicht unbedingt vom Boot aus angeln.)

• Besonders leise und starke Elektro-Bootsmotoren von Haswing (z.B. Protura 3.0)

• Praktisches Bootszelt, wie das von Black Cat Cave II (Auch für zwei Personen auf dem Boot geeignet – das Zelt kann geschlossen werden.)

• Bissanzeiger mit Sensibilitätsverstellung wie sie von vielen Firmen angeboten werden

• Liegeflächen (können separat bestellt werden) auf denen ich eine Isomatte platzieren kann

• Ein stabiles aber nicht zu schweres Schlauchboot wie das iboat 500 samt Beiboot 260 von Imperial Fishing

Christopher: Mission Freiheit. Was steht für dich in Sachen Bootsangeln noch auf dem Programmplan? Hast du noch was großes vor in diesem Jahr?

Mathis: Da das Boot für mich mehr ein Tool in meiner Werkzeugkiste ist und ich mich immer nach Wetter bzw. aktuellen Umständen bei meinen Trips richte, gibt es noch keinen konkreten Plan. Natürlich habe ich einige große Seen in Frankreich auf meinem Zettel, an denen ich durch das Boot näher am Fisch angeln kann. Dies hängt aber dann von den Bedingungen ab. Passt das Wetter durch z.B. Sturm oder Gewitter im Sommer nicht, werde ich auf mein Zelt an Land zurückgreifen und nicht vom Boot aus angeln. Die großen Flüsse in Frankreich würden mich auch reizen. Hierfür muss ich aber erstmal einen Bootsführerschein machen, da man in Frankreich ab 7PS einen Führerschein benötigt – unter 20-40PS geht da nichts mit einem 11qm großen Boot…

Christopher: Vielen Dank für diese spannenden Einblicke in deine Angelei! Wir freuen uns, von deinen neuen Projekten zu erfahren und werden wie immer berichten.

Mehr von Mathis findet ihr bei Instagram und natürlich auf seinem Youtube-Kanal.

Hier ist Mathis Clip zu seinem ersten Bootstrip:

Und hier seht ihr sein aktuellstes Video zum Angeln vom Schlauchboot:

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