Anfang Juni stand erstmal Urlaub auf dem Programm: ANGELN! Ein paar alte Freunde von mir hatten sich in Frankreich einen See gemietet und mich eingeladen. Zusammen mit diesen Jungs, zu denen auch meine Buddys Martin und Klaus gehören, bin ich früher jedes Jahr nach Spanien gefahren. Ich freute mich richtig auf die alte Crew!
Die alte Truppe
Leider kommt diese Truppe heute bedingt durch Familie, Jobs und andere Verpflichtungen so kaum noch zusammen. Es liegt vermutlich in der Natur der Dinge…nichts bleibt für die Ewigkeit. Die Idee, alle Beteiligten endlich mal wieder zusammen am Wasser zu sehen, war daher zu verlockend. Zumal besagter See laut Beschreibung zu einem der „wilderen“ Bezahlgewässer gehörte – denn ganz ehrlich, Paylakes sind eigentlich nicht so mein Ding. Zusammen mit Martin machte ich mich auf den Weg in den Süden Frankreichs, wohl wissend, dass das Wetter auf dieser Tour unser Feind sein würde. Temperaturen über 30 Grad hatten die Gegend um Lyon seit einigen Wochen fest im Griff und auch für die kommenden Tage war keine Besserung in Sicht. Manche lieben dieses Wetter, wir Angler kriegen bei blauem Himmel und hohen Temperaturen Depressionen – das muss man auch erstmal jemandem erklären.
Kochwasser
Um es vorweg zu nehmen, es lief bescheiden. Das Wasser war am Kochen und mit einer maximalen Tiefe von 1,80 Metern war dieser See einfach das falsche Gewässer zur falschen Zeit. Da Martin und ich von vornherein mit dem Plan angereist waren, im Anschluss an die Woche dort noch einen uns unbekannten See zu erkunden, zogen wir schon am Mittwoch der angebrochenen Woche die Reißleine. Die Wettervorhersage sagte noch wärmeres Wetter und Hochdruck für die Gegend in der wir uns befanden voraus, während an unserem neuen Ziel Tiefdruck und Gewitter vorhergesagt waren. Nachdem wir den anderen unseren Plan gebeichtet hatten war keiner wirklich böse, denn eigentlich hätte jeder lieber erfolgreich gefischt, als weiterhin in der Sonne zu braten.
Das ist genau das Thema weshalb ich bis heute (möglich das sich dies im Alter oder bedingt durch andere Faktoren ändern mag) nie mit Paylakes warm werden konnte. Man bezahlt harte Euros für einen Platz, den man dann auf Gedeih und Verderb gebucht hat. Man ist nicht flexibel, wechselt nicht mal eben Stelle oder See. Für mich persönlich ein Graus. Zwar angle ich für mein Leben gerne, aber wissentlich etwas auszusitzen geht mir gegen den Strich, da sitze ich lieber zu Hause auf der Couch oder flüstere einer attraktiven Dame süße Lügen in ihr Ohr als an einem See zu hocken, in dem Wissen, dass ein paar Kilometer weiter die Chance auf Fisch wahrscheinlich wesentlich höher stünde.
Haben wir euch?
Nach einem letzten gemeinsamen Essen beluden wir das Auto und waren unterwegs zu unserm neuen Ziel. Vor Ort angekommen begrüßte uns der Wind! Für ein paar Minuten war mir dieser mehr als willkommen, war es doch das erste Mal seit Tagen, dass ich nicht aus jeder Pore schwitzte. Schon kurze Zeit später stellte sich jedoch die Frage, wie gut wir mit unserem 1,80er Paylake-Boot den fast meterhohen Wellen auf dem Hauptwasserkörper gewachsen sein würden. Angekommen in der Nachtangelzone ließ ich zuerst einmal die Drohne steigen. Da wir die einzigen Angler am See waren (ja es gibt sie noch, diese Gewässer) flog ich großzügig den gesamten Teil, welchen wir realistisch befischen konnten, ab. Auf der gegenüberliegenden Seite formte das Ufer zwei große Buchten. Beim Überfliegen stellte ich sofort das Milchkaffee-farbene Wasser fest. Im Vergleich zum Rest des Sees waren beide Buchten trotz ablandigen Windes extrem trüb und im Tiefflug konnte ich eindeutig dunkle Schatten ausmachen. Da waren sie!! Doch was waren sie? Ich hoffte auf Karpfen doch eindeutig war das nicht zu bestimmen und ich habe mich schon vorher von großen Brassenschwärmen täuschen lassen.
Lieber natürlich
Da die beiden Buchten im Windschatten lagen mussten wir nur einen kurzen Bereich mit starkem Wind überqueren und hatten danach sehr ruhiges Wasser vor uns. Wir bezogen also Quartier und zogen je drei unserer vier Ruten in Richtung der Buchten. Je eine an den Ein/Ausgang und eine mitten rein ins trübe Treiben. Auch vom Boot war das trübe Wasser eindeutig zu erkennen, jedoch nicht was genau dieses verursachte. Im schlimmsten Fall wären es Karpfen im Laichfieber?! Wir fischten ausschließlich kleine Bodenköder an sehr kurzen Rigs, da die Fische offensichtlich sehr intensiv im Sediment gruben. In so einer Situation fische ich so nah an der Natur wie möglich. Die Fische suchen hier keine 24mm Boilies, sondern kleine Muscheln und Larven. In so einer Situation ist selbst ein nur knapp aufgepoppter Pop Up oft schon viel zu hoch. Zumal die Sicht eh nur wenige Millimeter betrug.
Die Orgie beginnt
Nachdem die letzte Rute gefahren war, hatte mein Hintern noch nicht den Stuhl berührt als Martins erste Rute abpfiff. Ein kleiner Spiegler von etwa zehn Pfund…mega!! Kurze Zeit später lief auch schon die nächste Rute und wieder fand ein kleiner Spiegler seinen Weg ins Netz! Langsam schwante mir böses – ein See voller Satzer sein?!? Mit diesem Fisch begann der Regen, welcher bis zum kommenden Morgen auch nicht wieder aufhören sollte. Weder der Regen hörte auf, noch taten es die Fische und nach einer vollkommen schlaflosen Nacht mit zwölf Karpfen, von denen keiner mehr als 10 Kilo auf die Waage gebracht hätte, hätten wir sie denn gewogen, waren wir beide komplett durch. ALLES war voller Schlamm, nass, dreckig und chaotisch.
Trotzdem war die Stimmung gut denn genau das hatte uns die Tage zuvor am Paylake gefehlt. Action, Dreck, das Leben spüren… im ersten Licht und mit einem Kaffee in der Hand beobachteten wir schweigend das dampfende Wasser und das Chaos um uns herum als meine rechte Rute (zu diesem Zeitpunkt eine der letzten noch im Wasser befindlichen Ruten) ablief. Anders als bei den Gummern zuvor mit Vollgas. Als ich die Rute aufnahm konnte ich den Fisch nicht stoppen, er zog schwer und langsam auf über 200 Metern Schnur von meiner Rolle. Im Boot pumpte ich mich näher an den Fisch heran und wurde anschließend gute 20 Minuten durch die flache Bucht gezogen.
Der große Unbekannte
Als schließlich ein dunkler, wuchtiger Fisch die Oberfläche des noch immer trüben Wassers durchbrach wusste ich, dass sich die Nacht gelohnt hatte. Zwar hatten es der See, die Distanz die es zu rudern galt und all die kleinen Fische fast geschafft, uns zu brechen, aber eben nur fast. Hier lag er vor mir im Boot, einer der alten unbekannten Bewohner dieses unbekannten Sees. Zurück am Ufer sackte ich den Fisch kurz, damit er sich erholen konnte, während wir alles für die Fotosession bereit machten. Ledrig, wild beschuppt und einzigartig, so behalte ich ihn in Erinnerung. Dieser Fisch war genug Motivation, um uns für eine weitere Nacht zu halten, denn wo einer von der Größe schwimmt, da sind sicherlich auch noch mehr. Wir beschlossen trotzdem, näher zur Straße bzw. befestigtem Boden zu moven, war doch noch mehr Regen angesagt und ich zu diesem Spot über den da noch trockenen Schlamm des Sees gefahren. Nachdem ich mich auf der Tour mit Klaus schon festgefahren hatte war ich absolut nicht scharf drauf, dies zu wiederholen. Die Buchten konnten wir trotzdem weiter befischen, auch wenn sie jetzt noch einmal gut 50 Meter weiter weg lagen. In der zweiten Nacht lief es ähnlich gut und vermutlich hatte Martin sogar seine Chance auf einen der Großen, jedoch verlor er den Fisch nach langem Drill kurz vor den Füßen.
Am Morgen des dritten Tages kam dann auch die Sonne zum Vorschein und wir nutzten die Chance, alles etwas zu trocknen und uns abreisefertig zu machen. Uns war in der Orgie schlicht und ergreifend das Futter ausgegangen und wir fingen die letzten zwei Fische auf Singles. Vermutlich hätte auch dies noch einige Fische gebracht, aber das Verlangen nach einer Dusche, etwas richtigem zu essen und dem eigenen Bett war zu groß. Außerdem bin ich generell ein großer Fan davon, Wellen nie bis zum Schluss zu reiten. Das lässt einen hungrig zurückblicken und neue Pläne schmieden, denn Abenteuer gibt es noch viele an Orten die keine bekannten Namen haben.
