Letzte Woche fand der erste Internationale Carp Cup am Balaton (kurz IBCC) statt. Wir berichteten mehrfach über das Mega-Event am größten Binnensee Mitteleuropas. Insgesamt wurde das Event von über 50 Teams, bestehend aus weit über 100 Anglern, besucht,. Gefangen wurden 346 Karpfen mit einem Gesamtgewicht von 3131,80kg. Das Durchschnittsgewicht der Fische lag also bei 9,05 Kilo, der Top-Fisch des Events war 23,6 Kilo schwer.
Mit von der Partie waren auch drei deutsche Teams, darunter auch Jan Brauns, der Chef der edlen Boilie-Schmiede Naturebaits. Wir wollten genauer wissen, was beim ersten Balaton Carp Cup vor sich ging und haben für euch bei Jan nachgehakt.
1. Carpzilla: Hallo Jan, schön dass du wieder gesund und munter aus Ungarn zurück bist, Du warst einer der Teilnehmer des ersten IBCC. Was hat Dich dazu bewegt, am IBCC teilzunehmen?
Jan Brauns: Hallo, mich haben verschiedene Punkte bewegt, an der Veranstaltung teilzunehmen. Der Organisator des Events ist der ungarische Vertriebspartner meiner Produkte. Ich verkaufe mehr und mehr Produkte von Naturebaits nach Ungarn und viele Angler dort fangen gute Fische damit. Da finde ich, dass ich mich auch mal dort sehen lassen kann. Der Balaton reizt mich schon seit langem, doch es ist auf eigene Faust relativ kompliziert dort zu fischen. Man muss vor Ort Kontakte knüpfen, um einen aussichtsreichen Platz am See befischen zu können, denn ähnlich wie z.B. in Italien sind weite Teile der Ufer in Privatbesitz. All diese Fliegen habe ich durch den IOBCC mit einer Klappe schlagen können. Und letztendlich probiere ich angeltechnisch gerne alles aus und richte mich nicht nach dem Mainstream. Man lernt nicht aus…
2. CZ: Wie war dein Gesamteindruck vom Ablauf des Events, wie war die Organisation im Vorfeld, vor Ort und zum Schluss. Was könnte man besser machen? Was war besonders gut?
JB: Die Organisation war in Ordnung. Es hat alles geklappt und letztendlich wollten wir ja nur einen Platz ziehen und dann am See loslegen. Mehr brauche ich nicht. Da ich relativ unkompliziert bin, fand ich für mich die Organisation absolut Ok.
3. CZ: Wie war die Stimmung unter den Teams und den Organisatoren? Spürte man etwas vom Wettkampfcharakter?
JB: Die Stimmung war super. Es lag eine allgemeine Aufbruchsstimmung in der Luft. Zumindest bei den deutschen und österreichischen Teams. Die Ungarn, Rumänen, Tschechen und Slowaken kennen sich mit Cups viel besser aus als wir. Sie haben sich regelrecht auf die Teilnahme bei Cups spezialisiert. Am Balaton lief nur eine Woche vorher ebenfalls ein Karpfencup – ebenfalls mit 50 Teams, allerdings weniger medial aufgezogen. Wir stellten also schnell fest, dass wir nicht die ersten sein werden, die am Balaton die Angel auf Karpfen reinhängen. Den Wettkampfcharakter verspürte man also eher bei den Profis, denn wie ich vernahm, gewann den IBCC ein Team, das schon ein paar solcher Karpfen-Cups gewonnen hat. Das sind echte Geldfischer.
4. CZ: Im Vorfeld wurde von 100 Teams gesprochen, am Ende waren es „nur“ 50. Was denkst Du woran das lag und ist da überhaupt noch Platz für weitere Teilnehmer?
JB: Es waren die angegebenen 50 Teams, also ca. 150 Personen dabei. Die meisten stellten drei Personen pro Team. Woran es letztendlich lag, dass nicht mehr teilgenommen haben, kann ich nicht beurteilen. Platz ist sicher noch für weitere Teams, denn der Balaton ist 70 Kilometer lang. Das nicht alle Stellen produktiv sind, ist klar! Aber das kennen wir ja schon von der WCC.
Wie gesagt, es gibt gerade in den östlichen EU Ländern eine Vielzahl solcher Karpfen-Cups, von denen wir hier nur nix mitbekommen. Auch die WCC ist nicht so viel größer wie mancher Cup dort, nur medial wesentlich besser aufbereitet.
5. CZ: Denkst du das Teilnehmerfeld wird über die nächsten Jahre weiter wachsen, bzw. glaubst Du das Event wird sich wie die WolrdCarp Classics über die Jahre etablieren können? Wirst Du wieder teilnehmen?
JB: Ich gehe davon aus, dass sich so ein Event etablieren wird. Man muss eben abwarten, wie es sich für die Veranstalter gelohnt hat, die Teilnehmer können jedenfalls mit den Preisgeldern zufrieden sein. Ich denke schon, dass sich auch andere Angler aus Deutschland oder Österreich dazu entschließen werden, dortteilzunehmen.
6. CZ: Die WCC feierte im letzten Jahr 15-Jähriges Jubiläum, wäre dieses Event auch etwas für Dich? Oder ist deine „Wettangler-Karriere“ nur von kurzer Dauer gewesen?
JB: Ich habe ja schon mal bei der WCC mitgemacht - vor ein paar Jahren am Lac de Madine. Aber am Madine entscheidet das Los noch stärker über Fangen oder Nichtfangen als am Balaton. Das liegt einfach daran, dass im Balaton viel mehr Karpfen schwimmen als im Madine. Dieses Jahr ist die WCC wieder am Madine – aber ganz sicher ohne mich.
7. CZ: Dein Mitstreiter war Romeo Eyl, ein französischer Angler aus deinem Team. Wie wichtig ist es, einen guten Partner bei so einem Event dabei zu haben und wie gut klappte es mit der Deutsch-Französichen-Freundschaft?
JB: Ich hatte Romeo gefragt, ob er Lust hat dort hin mitzukommen. Nicht viele intensive Karpfenangler sind bereit eine Woche Urlaub zu nehmen, um dann nicht gezielt ihrer Angelei nachzugehen. Die meisten Karpfenangler, die ich kenne, haushalten sehr genau mit ihrem Urlaub, um ja keinen Fehler zu machen und einen Fisch zu verpassen. Romeo war sofort dafür zu haben und ich wollte auch ein internationales Team haben. Vor Ort waren Josef Dohr und Patrick Dorner für Naturebaits Austria, ein ungarisches Naturebaits Team und eben ich aus Deutschland und Romeo aus Frankreich. Die Verständigung klappte prima, ich gehe ja in letzter Zeit mehr mit Franzosen fischen als mit Deutschen, daher komme ich gut klar.
8. CZ: Kommen wir zu dem interessantesten Punkt: dem Balaton. Beschreibe uns den See in seiner gesamten Faszination.
JB: Nun der Balaton ist eigentlich das, was ein Karpfensee sein muss. Er ist im Durchschnitt nur knappe 3 Meter tief und absolut unglaublich reich an natürlicher Nahrung. Der See ist 70 Kilometer lang und im Schnitt knappe 8 Kilometer breit. An wirklich jedem Stein oder Schilfhalm hängen Dreikantmuscheln in Massen und zusätzlich gibt es Unmengen von Kugel – und Teichmuscheln. Von den Schnecken in den riesigen Schilfzonen ganz zu schweigen. Die Karpfen leben dort im Paradies. Ein Problem der vergangenen Jahre war die Netzfischerei. Es wurden professionell mit Netzen die großen Karpfen gefangen und an Pay Lakes verkauft. Viele Einheimische die uns besuchten, erzählten uns von Karpfen bis 40 Kilo, die mit dem Hubschrauber geholt und nach Frankreich gebracht wurden. Wir wollten das gar nicht glauben, aber es sprach einfach jeder davon vor Ort.
Aber schaut man sich die dicken Fische aus den einschlägigen Pay Lakes mal genau an, haben viele verhältnismäßig spitze Flossen und markante gerade Rücken, eben die Merkmale die für Balaton-Karpfen typisch sind. Die Berufsfischerei ist jetzt verboten und es darf am Balaton nur noch mit der Angel gefischt werden. Ich behaupte, dass man selbst ein Meer wie den Balaton recht schnell ausrauben kann. Sehr große Karpfen gibt es auch in solch einem Paradies nur wenige. Wir werden sehen wie sich die Fische jetzt entwickeln werden.
9. CZ: Das Event hat den Plattensee in den Focus gerückt, sicher werden sich einige Angler motiviert fühle,n nun auch abseits des Events dort zu angeln. Mit welchen Komplikationen haben Angler am Balaton zu rechnen?
JB: Es ist sehr kompliziert, vor Ort auf eigene Faust zu fischen. Es gibt einfach keine öffentlichen Plätze, wo man sein Zelt aufbauen kann. Alles ist privat. Und wo man freien Zugang zum Wasser hat – dort sitzen die ungarischen Fleischangler mit ihren Futterkörbchen und Aalglocken. Neben denen kann man nicht angeln, die gehen einem so auf den Nerv, da wird man verrückt. Und am Balaton angelt wirklich jeder! Dann herrschen teilweise sehr komplizierte Bedingungen, was das Wetter angeht. Man darf nur mit dem Elektromotor fahren und wenn der Wind kommt, ist das Bootfahren schnell verboten. Das kann dann eine Woche dauern bis man wieder aufs Wasser kann. Sich nicht an diese Vorgabe zu halten, das empfehle ich niemandem.
Das Wetter ändert sich in Minuten und der Wind ist sehr heftig, die Wellen rollen in ungewöhnlich kurzen Abständen nacheinander. Schnell hat man bei solchen Bedingungen keine Chance mehr, vom See herunter zu kommen. Der Balaton ist berüchtigt für seine vielen Todesopfer! Daher hat man die automatische Warnanlage rund um den See installiert, wenn sie leuchtet, sollte man sich besser tunlichst an das Ausfahrverbot halten.
10. CZ: Sind die Bewohner des Balaton den Anglern wohlgesonnen? Wie war die Akzeptanz des Events von den Nichtanglern?
JB: Es gibt dort glaube ich keine Nichtangler. Die Akzeptanz war gut, wenn man einen Karpfen fängt, wollen sofort mindestens 10 Angler neben dir sitzen. Direkt neben dir! Für das Event war das Ufer für die normalen Angler gesperrt, aber die rückten trotzdem ständig an und warfen einem über die Schnur. Das ging so lange bis die Aufseher sie wegschickten.
11. CZ: In Deutschland wäre ein Event wie das IBCC undenkbar. Welches Bild vom Karpfenanglen herrscht in Ungarn und wie stehen die Menschen zum Catch and Release?
JB: In Ungarn ist der Fisch ein Fisch. Eigentlich wird dort jeder Fisch gegessen, aber ich glaube auch dort wurde für den Karpfen ein Entnahmemaß festgelegt. Catch & Release ist kein Thema, es ist dort jedem selbst überlassen, was er mit dem gefangenen Fisch macht. Meinem Empfinden nach gibt es dort (noch) keine Gutmenschen, denen der Wohlstand zu Kopfe gestiegen ist und sie mit ihrer Langeweile nix besseres anzufangen wissen, als anderen Menschen vorzuschreiben, was sie mit dem ollen Fisch zu tun haben. Ein Tierschutzgesetz, wie wir es in Deutschland haben, gibt es zum Glück für die restliche Welt nur bei uns.
12. CZ: Die wichtigste Frage zum Schluss. Lieber Jan, auf was hat es gebissen? Verrate uns doch bitte kurz etwas zu Taktik, Montage und natürlich über eure Erfolgsköder!
JB: Ich glaube es hätte auf alles gebissen. „All in“ ist die Devise. Also alles rein an Futter und dann angeln. Es gibt dort so unfassbar viele kleine Karpfen bis 10 Kilo. Ich glaube man kann da 400 Kilo Boilies rein kippen und direkt darauf erfolgreich angeln. Doch auch an einem solchen Gewässer spielt Qualität eine Rolle. Wir haben es selbst gesehen: Das Team neben uns hatte eigentlich den besseren Platz, fütterte auch viel mehr, hatte als Futter aber nur Partikel und fertige Kitt-Kugeln im Einsatz. Das Resultat war: Sie fingen nur einen Karpfen mit 7 Kilo. Romeo und ich wollten eigentlich „All in“ gehen und 180 Kilo Dickenmittel Boilies in 24 und 30mm abladen. Aber da wir die ersten beiden Tage wegen des Windes nicht auf den See durften, trauten wir uns dann nicht mehr so viel zu füttern. Ein großer Fehler. Es ging in den letzten zwei Tagen bei uns erst los mit dem großen Fressen und wurde zum Ende der Veranstaltung hin immer besser. Kurzum: Je länger Dickenmittel Boilies in den See flogen, desto wilder wurden die Fische auf das Zeug.
Romeo und ich waren uns einig. Auch an diesem Meer kann man ganz sicher die dicken Fische fangen, indem man sehr hochwertige Boilies füttert und die Durchmesser groß wählt. Also Köder in Größen von 24mm aufwärts. Zieht man das mal für drei Wochen an einem guten Platz zur richtigen Jahreszeit durch, wird man glaube ich sein blaues Wunder erleben, welche Kanonen am Haken hängen werden. Für uns steht jedenfalls fest: We’ll be back for sure!
CZ: Jan, ich weiß du bist ein vielbeschäftigter Mann – immer mit einer Hand am Teigkneter. Vielen Dank, dass du dir die Zeit für dieses interessante und aufschlussreiche Interview genommen hast!
Das Interview führte Carpzilla Redakteur Mark Dörner mit Jan Brauns unmittelbar nach dem Event in Ungarn.