Wochen wurden zu Tagen, Tage wurden zu Stunden, Stunden wurden zu Minuten. Die Spätschichtwoche war lang und zog sich ins Unermessliche. Endlich war es Freitag 18 Uhr - Feierabend. Eine einwöchige Session in Frankreich am Etang de Gaulois war geplant und ich konnte es kaum noch erwarten. Mein Kollege Kai wartete bereits bei mir zu Hause, um meinen VW Bus fertig zu packen.
Wann läuft es schon mal nach Plan?
Meistens läuft bei so einem bis ins Detail geplanten Trip irgendwas schief, doch dass die erste Panne bei uns schon so früh eintreten sollte, damit hatten wir nun wirklich nicht gerechnet. Auf der Heimfahrt von der Arbeit ging mir am Bus die Servolenkung kaputt. In der verbleibenden Zeit bis zur Abfahrt war es unmöglich, den Schaden zu reparieren. Zum Glück stand uns noch ein Kombi zur Verfügung. Doch wie wir das Tackle auch drehten und wendeten, es passte nicht in das Auto. Schließlich sollten auch noch 25kg Boilies von BFP Baits untergebracht werden. Wir beide mussten unser Material abspecken und waren dann sehr froh als die Heckklappe endlich im Schloss eingerastet ist.
Jetzt aber los zum Etang de Gaulois
Nachts um 03.00 Uhr ging es dann endlich los. Die 750 Kilometer zum Zielort rasselten wir ohne große Komplikationen herunter. Als wir dann vormittags gegen 11.00 Uhr am See ankamen, begrüßte uns die Sonne mit herrlichen Temperaturen.
Sofort legten wir mit der Spotsuche los, dafür waren Futterboot und Lotrute schnell im Tackle-Berg gefunden.
Bodenstruktur Fehlanzeige
Das Funkecholot zeigte mir nicht wirklich markante Stellen an, sondern eine Einheitstiefe von 1,80 Meter. Mit meiner Lotrute und einem schweren Blei tastete ich den Bodengrund ab und kam schnell zu der Erkenntnis, dass sich stellenweise zwischen weichem Sediment Stellen mit feinem Kies befanden. Meine Taktik auf diesem Spot war, dass ich eine größere Menge Boilies weit gefächert verteilen wollte. Fische, die den Platz kreuzten, sollten möglichst lange beschäftigt werden. Da sich der Platz in 50 Meter Entfernung befand, konnte ich vier Kilo Boilies, ohne große Anstrengungen mit dem Wurfrohr auf den Platz befördern. Diesen Bereich wollte ich mit zwei der erlaubten vier Ruten befischen.
Verführerische Stelle
Links von mir war eine große Bucht, die mir zuvor schon über Google Maps aufgefallen war. Ich vermutete die Zugroute der Fische am gegenüberliegenden Ufer in 160m Entfernung. Auf dieser Uferseite durfte man nicht fischen und sie war mit ins Wasser ragenden Büschen verwachsen. Ich beschloss die restlichen zwei Ruten in 150 und 140 Meter Entfernung zum Ufer hin zu platzieren und wollte den Fischen, die auf dem Weg in die Bucht waren, was schmackhaftes servieren. Auf diesem Spot benutzte ich, wie bei dem anderen Spot die Red Sensation Boilies aus dem Hause BFP Baits in 15 und 20mm.
Gerne benutzte Ich Köder in verschiedenen Durchmessern, da ich der Meinung bin, dass die Karpfen mehr Vertrauen in den Köder bekommen und weniger Misstrauisch werden.
Mit einfachen Mitteln zum Ziel
Die Rigs, die ich verwende, sind ziemlich simpel gehalten, aber hakten meine Fänge in der Vergangenheit stets sicher und zuverlässig. Also wollte ich sie auch hier wieder einsetzen:
Als Haken verwende ich den Univerza in Größe 6 von Carpleads, gebunden mit einem No-Knot an einem Korda N-Trap Semi Stiff Material, an dem zuvor zwei Zentimeter vor dem Hakenöhr die Ummantelung entfernt wurde. Anschließend ziehe ich noch einen Line Aligner Adapter von Taska auf das Vorfach und fertig ist meine „Hakmaschine“. Als Bleisystem kam eine normale Inline Montage zum Einsatz.
Müdigkeit überwiegt
Durch die lange Autofahrt und die nun eintretende Müdigkeit war ich ziemlich geschafft und machte es mir erstmal auf der Liege gemütlich. Bis zum Abend hin tat sich an den Ruten nichts, obwohl Fischaktivität auf den Plätzen vorhanden war. Gegen ein Uhr nachts bekam ich meinen ersten Run.
Völlig perplex und noch im Halbschlaf drillte ich den kleinen Schuppi mit 7,5 Kilo. Ich war erleichtert und froh diesen Fisch gefangen zu haben, denn er zeigte mir, dass mein Plan mit dem großen Futterplatz nicht ganz verkehrt war. Nach dem Fang wurden dann sofort zwei Kilo Boilies nachgelegt, bevor es wieder ins Land der Träume ging.
Auf Umstände reagieren
Als ich morgens aufwachte, nahm ich merkwürdige Geräusche war. Ich hatte eine Vermutung, die sich sofort bestätigte, nachdem ich den Zelteingang aufgezippt hatte: Die Fische waren voll am laichen, es platschte im Sekundentakt. Mit dem Fernglas schaute ich mir das Schauspiel an, was wirklich faszinierend war. Doch sollte es die Beißlaune der Fische beeinträchtigen?
Da das Liebespiel der Karpfen sehr nah an meinen Uferruten stattfand, wollte ich die Fische visuell auf meinen Köder aufmerksam machen. Ich einen legte die Ruten mit dem Futterboot neu aus, doch diesmal mit einem knallgelben Fluo Pop-Up Dumbell am Ende des Haares. Keine halbe Stunde später vergriff sich eine Schleie an dem Köder. Ein willkommener Beifang. Sofort beförderte ich die Montage wieder auf den 150 Meter entfernten Spot.
Auf Regen und Wind ist Verlass
Das Wetter veränderte sich jetzt rasch. Ein starker Wind kam auf, der uns direkt ins Gesicht traf, und der nun eintretende Regen durfte natürlich auch nicht fehlen.
Die Fische störte der rasante Wetterwechsel nicht, und sie laichten fröhlich weiter. Bis zum Abend hin verbrachte ich die Zeit in meinem Zelt, erst dann flaute der Regen ein wenig ab. Trotz der hohen Aktivität auf meinen Plätzen gaben die Delkims keinen Ton von sich. Erst in der Nacht lief es dann richtig gut an. Ganze acht Mal musste ich meinen Schlafsack verlassen. Fische bis 18 Kilo geleiteten in meine Keschermaschen.
Es könnte schlechter losgehen
Gegen Nachmittag des folgenden Tages bekam ich dann einen Run auf der 150 Meter entfernten Ufer-Rute. Im Drill merkte ich schnell, dass da ein richtig Großer den nur 15mm großen Boilie eingesaugt haben musste. Beim anschließenden Blick in den Kescher, starrten meine Augen auf einen massiven Spieglerrücken. Die Waage bestätigte mir die Größe, indem sie ihren Zeiger auf 25,2 Kilo einpendelte. Ein Fuffi und das schon am zweiten Tag, so konnte es weitergehen!
In den nächsten zwei Tagen wurde es spürbar kälter, und die Wolken dachten gar nicht daran, sich in irgendeine Richtung zu verziehen. Es regnete sich so richtig ein. Unsere Angst, dass die Fische beginnen würden zu laichen, verflog nun rasch. Mit der Hoffnung, dass die Karpfen jetzt so richtig fressen würden, legte ich alle meine Ruten neu aus und fütterte nochmal ordentlich nach.
Schlag auf Schlag
Das erhoffte trat ein, die Fische hatten sich jetzt voll auf die Köder eingeschossen. Gegen 22 Uhr konnte ich einen makellosen Spiegler mit 24 Kilo fangen, gefolgt von einer Handvoll Fische bis 15 Kilo. Doch die Krönung des Ganzen sollte noch folgen. Um 04.00 Uhr morgens konnte ein sage und schreibe 28 Kilo Spiegler den zwei Red Sensation Sinkern nicht widerstehen.
Ungläubig und überglücklich bestaunte ich den Koloss auf der Matte, die er fast komplett ausgefüllte. Die Session war für mich gelaufen und ich war voller Freude.
Es gibt Schlimmeres
Bis zur Abfahrt, die einen Tag früher erfolgte als geplant, fingen wir noch ein paar schöne Fische. Durch die aktuellen News auf meinem Handy erfuhren wir, das in Frankreich die Raffinerien streikten und die Tankstellen nicht genügend Kraftstoff zu Verfügung hatten. Schlecht für uns, denn unser Benzin war leer. Doch das ist wieder eine andere Geschichte.
Liebe Grüße,
Marco Herzog
P.S.: Während meiner Traumsession ist auch ein Video entstanden, schaut mal rein.
Übrigens: Wenn auch ihr mal zum Etang de Gaulois fahren möchtet, findet ihr alles Informationen über das Gewässer und für eine Buchung bei The Carp Specialist hier.