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Deine Story / 26.10.2014

Deine Story: Lucky Punch von Martin Abels

Lucky Punch, so wird beim Boxen der entscheidende Treffer genannt, mit dem in letzter Sekunde ein nahezu aussichtsloser Kampf doch noch gedreht wird. Natürlich gehört Glück dazu, jedoch ebenso viel Durchhaltevermögen, bis zum Erzielen dieses Treffers nicht aufzugeben und nochmal die letzten Kraftreserven mobilisiert zu haben. Der Fang eines ganz besonderen Fisches am Ende einer verkorksten Session kommt dem ganzen sehr nahe. Auch in diesem Fall muss man sich immer wieder aufs Neue motivieren, darf nicht aufgeben und muss die letzten zur Verfügung stehenden Optionen optimal nutzen. Von einer solchen Situation möchte ich im Folgenden berichten.

Teamtreffen in Echternach

Wir schreiben den Oktober 2013. Eigentlich eine heiße Zeit um nochmal richtig anzugreifen und die Jahresbilanz aufzupolieren. Daher entschieden wir, das Team von R&L Baits, uns dafür, unser alljährliches Teamfischen in diese Zeit zu legen. Es sollte für eine Woche an den Lac de Echternach gehen. Der See beherbergt einige wirkliche Ausnahmefische, unter anderem auch den ehemaligen und aktuellen Luxemburger Rekordkarpfen.

Leider spielte das Wetter nicht so richtig mit und statt schmuddeligem Herbstwetter mit Wind und Regen sorgte ein anhaltendes Hochdruckgebiet für sonnige und windstille Tage und sternenklare, kalte Nächte. Nicht unbedingt die Bedingungen bei denen die Fische in einen Fressrausch geraten.

Da ich erst in der zweiten Wochenhälfte dazu stoßen konnte, versorgten mich die Anderen täglich mit aktuellen Nachrichten vom Ort des Geschehens, die jedoch alles anders als vielversprechend klangen. Aber auch ohne optimales Fangwetter freute ich mich darauf mit den Jungs ein paar entspannte Tage am See zu verbringen.

Ich machte mich donnerstags nach Feierabend auf den Weg Richtung Süden. Da ich erst ziemlich spät ankam, entschloss ich mich dafür erst am folgenden Morgen mit dem eigentlichen Fischen zu beginnen. Ein paar Vorbereitungen wollte ich aber dennoch treffen, um in den restlichen, mir zur Verfügung stehenden Tagen vielleicht doch noch einen der begehrten Fische zu fangen.

Anders als die Anderen

Gerade an Seen mit hohem Angeldruck halte ich es für besonders wichtig, die gesamte Angelsituation und die Vorgehensweise der andern Angler ganz genau zu beachten, um eine daran angepasste Strategie zu entwickeln. Aus vergangen Trips an diesen See wusste ich, dass nahezu alle Montagen per Futterboot ausgebracht werden. Diese Art der Fischerei verleitet zu einer sehr punktuellen Fütterung. Daher werden die meisten Fische ihre bisherigen Landgängen auch mit relativ kompakten Fressplätzten in Verbindung bringen.

Bei vergangen Trips an diesem See wollte ich mich von den andern Anglern absetzten und belud das Boot nur mit meiner Montage ohne Beifutter und fütterte ausschließlich mit dem Rohr oder der Kelle.

Dieses Mal wollte ich mich nicht gänzlich von den anderen Anglern absetzten, sondern nur ein paar, vielleicht entscheidende Details verändern:

Ein kompakter, üppiger Futterboots Fressplatz ist für einen Karpfen natürlich ziemlich lukrativ – viel Futter auf engstem Raum bedeutet eine gute Aufwand-Nutzten-Bilanz für den Fisch. Daher ging ich davon aus, dass die Karpfen diese verlockenden Angebote auf Dauer nicht komplett verschmähen würden. Sie würden beim Fressen einfach nur mehr Vorsicht walten lassen und insbesondere gerade die frischen Haufen mit größter Skepsis inspizieren. Ältere, Kompakte Futterhaufen, bei denen das Futter schon den Geschmack seiner Umgebung angenommen hat dagegen, sollten jedoch die wenigsten Fische mit einem "Haken" verbinden.

Daher entschloss ich mich dazu meine, zu wahren Steinen getrockneten Crazy Shit Freshbaits in  reichlich Seewasser einzulegen, um so den Eindruck eines alten Futterplatzes zu erwecken.

Gefischt wurde mit dicken Schneemännern aus zwei 24 mm Freshbaits. Ein so großer, schwereloser Köder ist für den Fisch sehr schwer wieder auszublasen. Verstärkt wird dieser Effekt noch von einem semi-steifen Vorfach, gebunden aus 20lbs Subline und einem langen weichen Haar aus ausrangierter geflochtener von meiner kleinen Spinnrolle. Eine günstige, aber äußerst effektive Kombination.

Spagetti-Zwillinge

Am folgenden Tag ging es dann ans Ausbringen der Ruten. Ich zog meine Taktik durch und befüllte beide Luken mit den gewässerten Boilies. Um meine großen Hakenköder zu imitieren, doppelte ich einige der Boilies indem ich sie mit ungekochten Spagetti zu Zwillingen verband. Im Wasser werden die Nudeln weich, halten die Köder aber dennoch zusammen und sind für die Fische absolut unbedenklich.

Da meine Teamkollegen in den Tagen zuvor einen großen Bereich im Mittelwasser befischt und gefüttert haben, steuerte ich meine linke Rute an den äußersten Zipfel dieses Areals.

Der Tag verlief ruhig und Abend kam ein ansässiger Gewässerwart vorbei und zeigte uns Fotos von einigen der größten Seebewohner unter anderem auch von „Rittersport“, dem damaligen König des Sees. Ein wirklich Imposanter Fisch und natürlich wünschte sich jeder von uns diesen Fisch in seine Arme. Dass dieser Wunsch für mich keine 6 Stunden später in Erfüllung gehen sollte hätte ich mir zu diesem Zeitpunkt aber im Leben nicht erträumt.

Kalte Schweißtropfen...

Auch als ich, am noch dunklen Morgen mit zum Halbkreis gebogener Rute im Wasser stand und ruhigen aber massiven Druck am andern Ende der Schnur verspürte, ahnte ich noch nichts von dem, was da kommen sollte. Der Drill trieb mir trotz der Kälte Schweißtropfen auf die Stirn, da der Fisch hinter eine Insel zog und ich genau spürte wie die Schnur um die Ecke scheuerte. Da ich leider kein Boot nutzten durfte musste ich einfach hoffen, dass alles hält und sich die Schnur nicht in den überhängenden Ästen verfing. Ich hoffte und bangte, betete dass alles gut geht.

Als ich den Fisch schließlich mit viel Glück aus der Gefahrenzone herausmanövrieren konnte, standen meine Chancen schon deutlich besser. Zum Glück gelang gleich der erste Kescher Versuch und mich überkam neben einer maßlosen Erleichterung, auch die Neugier, zu sehen was da vor mir im Kescher lag. Dass es etwas Großes war, war nicht zu übersehen. Nachdem wir den Fisch gemeinsam in die Matte legten und wir den charakteristischen Höcker am Maul sahen, waren wir nicht mehr zu halten.

Vom Foto auf die Matte

Das konnte doch nicht wahr sein. Vor ein paar Stunden bewunderten wir noch das Abbild dieses majestätischen Fisches auf einem Foto und jetzt lag er hier live vor uns: Rittersport. Bei der Fotosession im ersten Licht des Tages konnte ich mir das Grinsen trotz schmerzender Handgelenke nicht verkneifen.

Das Glück ist mit den Tüchtigen heißt es und auf kaum eine Leidenschaft trifft dieses Sprichwort so zu wie auf das Karpfenangeln.

Um dem Glück auf die Sprünge zu helfen, muss man es herausfordern und das immer wieder aufs Neue – Session für Session. Irgendwann wird man dann für alles was man investiert hat doppelt und dreifach belohnt und genau diese Momente sind es, die unsere Leidenschaft so faszinierend machen.

Martin Abels

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